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# taz.de -- Twitter-Alternativen im Test: Tweet, twee, twe, tw…
> Seit dieser Elon-Musk-Sache wollen immer mehr Nutzer:innen Twitter
> verlassen. Nur wohin? Unsere Autorin hat vier Alternativen getestet.
Bild: Ich verhalte mich zunächst wie auf Twitter: dem Spektakel schweigend zus…
## MASTODON
Gehören Sie zu denen, die sich seit dieser Musk-Sache pflichtschuldig
[1][zwei bis drei Mastodon-Erklärtexte] durchgelesen haben – sind aber,
wenn Sie ehrlich sind, mindestens eine weitere Hiobsbotschaft aus dem
Headquarter entfernt, zu wechseln? Wenn Sie an Mastodon denken, fällt Ihnen
Open Source ein, irgendwas mit Instanzen, eine Tröte kommt Ihnen in den
Sinn? Na dann: Let’s jump right in.
Erstes Hallo
Noch bevor ich ein Profil erstellt habe, soll ich mir einen beliebigen
Server suchen. Ich bin nicht ganz sicher, was das bedeutet und frage mich,
ob ich es nun mit besagten Instanzen zu tun habe. Die Server sind verteilt
auf Kategorien wie „Regional“, „Kunst“ und „Musik“, hoffnungsvoll t…
auf „Journalismus“, werde aber enttäuscht: nichts. Mehr versehentlich lande
ich bei „freiburg.social“ und klicke mich zunächst durch „Einige
Grundregeln“. Keine Verschwörungserzählungen, keine diskriminierende
Sprache, nicht Jugendfreies soll ich als solches kennzeichnen und
Twitter-Re-tweets bitte auf „ungelistet“ setzen. Cool soweit, aber weder
weiß ich, was mit Letzterem gemeint ist, noch wie intensiv und nachhaltig
ich mich an die Region Freiburg gebunden habe. Ich sehne mich nach hübsch
animierten Erklär-Slides.
Interaktion
Ich bekomme eine Handvoll Accounts vorgeschlagen, die mir eher willkürlich
erscheinen. Jan Böhmermann – okay, El Hotzo versteh ich auch noch. Aber
Kachelmann-Wetter und das Auswärtige Amt? Das Ministerium ist der
internationalste Vorschlag, der mir gemacht wird, und ich ahne, dass das
was mit Freiburg zu tun haben könnte. Meine Timeline besteht aus Beiträgen,
die in meiner „Umgebung beliebter werden“. Ein Diplom-Linguist namens
Christian gibt auf sehr viel mehr als 280 Zeichen einen Abriss seiner Vita,
Anne erinnert alle User, sich bitte ein Bild einzustellen, der
Bundesbeauftragte für Datenschutz weist auf kostenlose Pixi-Bücher hin und
Florian bewirbt seinen anfängertauglichen Lauftreff in, na klar, Freiburg.
Generell wird viel ermahnt. Die trendigsten Hashtags sind #reformationstag,
#phd und #zdfmagazinroyale. Protestantisch, akademisch,
öffentlich-rechtlich. Aufregend!
Look and Feel
Der Mastodon ist eine ausgestorbene Elefantenart. Ein bisschen zu grau, ein
bisschen zu schwerfällig, ein bisschen zu leblos ist auch das Design.
Toxizitätsskala
4
***
## GENEVA
Dass es an diesem Ort friedlich zugehen soll, gar nach den Maximen des
humanitären Völkerrechts, verrät bereits der Name. Das soziale Netzwerk
Geneva ist nämlich nicht nach einem Wacholderschnaps benannt, sondern nach
der Genfer Konvention. Das kann man overly dramatic finden, vielleicht ein
bisschen unangemessen, aber geht es aktuell nicht genau darum? Die Suche
nach einem wohligen Refugium für die vom Internet Verwundeten?
Erstes Hallo
Konsequenterweise arbeitet die App viel mit dem Motiv des Zuhauses. Gleich
nach dem Download verspricht mir Geneva ein gemütlicher, sicherer Bereich
für mich zu sein, ich werde bedeutsame Kontakte knüpfen, mich rundum
wohlfühlen. Illustriert wird dieses Versprechen mit einem animierten weiß
verputzten Einfamilienhaus, auf das Peace-Zeichen projiziert sind. Geneva
scheint ein Ort zu sein, an dem man sich auf die selbstgewählte Kernfamilie
rückbesinnt. Wem Filterblasen bisher zu fragil waren, kann es sich hier
hinter Backsteinmauern bequem machen. Nach der Registrierung soll ich
entweder mit dem Bau meines „eigenen Heims“ beginnen oder „Heime
entdecken“. Ich schaue mich also um in der Nachbarschaft.
Interaktion
Die ersten vier Heime, deren Besuch mir vorgeschlagen wird, sind der „Bach
Chat“ – „Für Fans der amerikanischen Version des ‚Bachelor‘“, die …
Lovers“ – „Für alle, die Pflanzen lieben“, der „Crypto Witch Club“…
inklusiver Ort für alle, die etwas über Blockchain und Web3 lernen wollen“,
und „Sis we on the move“ – „Eine Community, die sich auf gesunde Art und
Weise mit dem Thema Fitness auseinandersetzt“. Geneva ist eine Plattform,
auf der sich überwiegend Mitglieder der Generation Z aufhalten, überwiegend
aus den USA, überwiegend weiblich. Sie wollen sich über Bücher und Filme
austauschen, Astrologie und einen „neudefinierten
GenZ-Girl-Gang-Feminismus“. Politischer als das wird es erst mal nicht
mehr. Unter „Local Non-USA“ finde ich als einzigen deutschen Eintrag die
„Stuttgart Friends“. Innerhalb der Gruppen kann man Direktmessages
versenden, an Videocalls teilnehmen und hat Einsicht in einen gemeinsamen
Veranstaltungskalender.
Look and Feel
Irgendwas zwischen Polly Pocket und [2][Periodentracker-App].
Toxizitätsskala
2
***
## COUNTERSOCIAL
„Keine Trolle. Kein Missbrauch. Keine Werbung. Keine Fake-News. Keine
Operationen mit ausländischem Einfluss“, heißt es auf CounterSocial noch
vor der Registrierung. Letzter Punkt scheint mir etwas holprig übersetzt,
generell klingt das ja aber alles erst mal gut. Nach eigenen Angaben hat
das Netzwerk 64 Millionen monatliche Besucher:innen.
Erstes Hallo
Ich werde von der App beglückwünscht, nun ein Teil der next generation of
social media zu sein, und als „Erdling“ bezeichnet. Schnell wird klar, dass
ich besser zur Desktop-Version rüberwechsle. CounterSocial erinnert in
seiner Funktionalität an Tweetdeck, das Twitter-Feature für besonders
Informationsbedürftige. Der Bildschirm ist aufgeteilt in mehrere Spalten,
in die News, Posts von „friends“ und Benachrichtigungen einlaufen.
Interaktion
Wie auch schon auf Mastodon drehen sich die meisten Community-Posts um die
„next wave of refugees“, die „Flüchtlingswelle“ von Twitter. Der
Administrator schwört die Gemeinschaft darauf ein, dass es zu Verzögerungen
bei den Anmeldungen kommen könnte. Manche User versuchen ihre
Twitterkontakte wiederzufinden und rufen nach konkreten Personen.
„AngieAndCoffee“ beklagt, dass soziale Medien sie zuletzt ausgelaugt
hätten, CounterSocial sei sowas wie ihre letzte Hoffnung. „Tanner“ zeigt
uns ein drachenartiges Objekt, das er mit seinem 3D-Drucker gebastelt hat.
„RodtheSod“ fragt sich, ob man auch deutschsprachige News-Kanäle abonnieren
kann. Danke, „RodtheSod“, das frage ich mich auch. Wir bekommen keine
Antwort.
Look and Feel
Ganz schön düster und unübersichtlich. Stichprobenartig tippe ich ein paar
internationale Twitter-Größen in die Suchleiste ein und finde höchstens
Fake-Accounts.
Toxizitätsskala
3
***
## DIE KNEIPE NEBENAN
Das soziale Netzwerk Kneipe nebenan befindet sich gleich bei mir um die
Ecke. Bevor ich reingehe, halte ich in der Dunkelheit kurz inne. Die Lampen
in den Fenstern strahlen mir warmes Licht entgegen.
Erstes Hallo
Angenehm, am Eingang keine Daten abgeben zu müssen, auch der
Bestätigungslink via Mail entfällt. Außer mir sind zwei Männer um die 60
und eine Barkeeperin anwesend. Ihre Klarnamen kenne ich nicht, dafür ihre
Gesichter. Ich setze mich an den Tresen. Neben mir steht eine Schale mit
„Nimm2“-Bonbons. Ich nehme zwei.
Interaktion
Ich bestelle ein Bier und bekomme ein Bier. Und verhalte mich zunächst wie
auf Twitter: Dem Spektakel schweigend zuschauen. Die Männer unterhalten
sich. Über die Firma lease er gerade einen neuen Wagen, sagt der eine zum
anderen. Er habe überlegt, diesmal ein E-Auto zu nehmen. Doch bei ihm in
der Nähe seien keine Ladesäulen. Als ein Lied im Radio läuft, zu dem sie in
ihrer Jugend getanzt haben, dessen Interpret ihnen aber nicht einfallen
will, helfe ich mit Shazam aus. Es ist „Dreams Are Ten A Penny“ von John
Kincade. Zum Abschied winken sie mir.
Look and Feel
Es gibt eine Dartscheibe, zwei Spielautomaten, am Wochenende läuft Fußball
(Hertha). Auf einem Stehtisch liegt ein Emoji-Kuscheltier, das mit den
Herzaugen.
Toxizitätsskala
1
5 Nov 2022
## LINKS
[1] /Kurznachrichtendienst-Mastodon/!5847663
[2] /Datenschutz-bei-Menstruationsapps/!5865556
## AUTOREN
Leonie Gubela
## TAGS
Elon Musk
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