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# taz.de -- Einstiges Spaßbad der DDR: Ausgebremster Badebetrieb
> Berlin hat im Rechtsstreit um ein Sportzentrum einen Erfolg erzielt. Die
> Bevölkerung aber hat beim Gezerre um das Bad schon verloren.
Bild: War mal der Zukunft zugewandt, zeigt sich heute als ruinenhafter Spaß: d…
Berlin taz | Klingt erst einmal gut: “Berlin gewinnt Berufungsverfahren“.
So verkündete es die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen vor ein paar
Tagen in einer Pressemitteilung über den Streit um eine Immobilie, der für
sie schon seit vielen Jahren eine einzige große Peinlichkeit ist. Das SEZ,
[1][kurz für Sport- und Erholungszentrum], in Friedrichshain, ein Anfang
der Achtziger gebautes Spaßbad der Superlative, das von Erich Honecker
persönlich eröffnet wurde, müsse vom aktuellen Besitzer, einem Leipziger
Investor, an Berlin zurückgegeben werden, so das Kammergericht.
Allerdings kann der Investor noch versuchen, eine Revision vor dem
Bundesgerichtshof zu erwirken. Und nebenbei läuft auch ein weiterer
Rechtsstreit zwischen Investor und dem Senat um Bebauungspläne für das
Gelände, die Berlin gegen die Interessen des derzeitigen Besitzers
durchsetzen möchte, obwohl der Stadt das Gelände aktuell gar nicht gehört.
So, wie sich Investor Rainer Löhnitz immer wieder zum Drama rund um das SEZ
geäußert hat, kann man davon ausgehen, dass er nicht einfach klein beigeben
wird, sondern die Gerichte durch alle Instanzen hin beschäftigt, die ihm
offen stehen.
Es kann also noch Monate, wenn nicht Jahre, so weitergehen mit dem
traurigen Gezerre um einen einstigen Prunkbau, der heute mehr einer Ruine
ähnelt.
Der Fall SEZ ist eine Posse in XXL-Dimension. Nach der Wende wusste
niemand mehr etwas anzufangen mit dem überdimensionierten Bau, der auf über
50.000 Quadratmeter Fläche Freizeit- und Badespaß in allen nur erdenklichen
Varianten bot. Es fehlte einfach das Geld, um weiterzumachen, und man
schloss den Laden erst einmal.
## Sauna und Tischtennis, aber kein Badbetrieb
Bis Löhnitz kam, mit dem angeblichen Versprechen, hier die Bevölkerung
wieder planschen zu lassen. Tolle Sache, dachte sich die Berliner
Finanzverwaltung, und übertrug das Gelände, das laut Medien inzwischen 235
Millionen Euro wert sein soll, für einen symbolischen Euro an Löhnitz. Der
renovierte, eröffnete eine Sauna, bot Badminton und Tischtennis an. Aber
keinen Bäderbetrieb.
Irgendwann fragte der Bund der Steuerzahler, was das denn für ein komischer
Deal gewesen sei. Und die Streitereien zwischen Investor und dem Senat
gingen los. Die paar Planschbecken im SEZ, das sei ja wohl Badebetrieb
genug, meinte der Investor. Unsinn, so die Gegenseite, deswegen müsse der
Deal rückabgewickelt werden. Immerhin: Das nun ergangene Gerichtsurteil ist
zumindest ein Etappensieg für die Stadt.
Komisch ist nur, dass am Ende keine der beiden Seiten mehr am Comeback
eines Badebetriebs im SEZ interessiert sein wird. Da wird nun jahrelang
über das Ob und Wie eines solchen gerungen, aber inzwischen wollen alle das
Riesenobjekt nur noch abreißen und das Grundstück neu bebauen.
Dabei strahlt das SEZ zumindest innen noch ganz schön viel erhaltenswerten
DDR-Charme aus, und manche sagen, Berlin könnte an dieser Stelle ein
Spaßbad eigentlich gut vertragen. Aber wahrscheinlich soll, falls am Ende
der Senat den Riesenklotz tatsächlich zurückbekommt, der einfach weg, damit
niemand mehr vor diesem stehen und sich fragen kann, wie es eigentlich sein
kann, dass man sich fast 20 Jahre von einem Investor an der Nase hat
herumführen lassen.
21 Jul 2022
## LINKS
[1] /DDR-Bad-mit-vager-Zukunft/!5807239
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
SEZ
Friedrichshain-Kreuzberg
Rechtsstreit
Stadtentwicklung
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Schwimmen lernen
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DDR
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