# taz.de -- Eckpunkte für Windkraftausbau: Vögel schützen, Rotoren bauen | |
> Das Windkraftkonzept der Ministerien für Umwelt und Wirtschaft sieht | |
> Tabuzonen für Nester und klare Regeln vor. Umweltverbände üben Kritik. | |
Bild: Die Eckpunkte des Ministeriums sollen den Windkraftausbau in Einklang mit… | |
BERLIN taz | Mehr Windkraftanlagen bauen und trotzdem den Natur- und | |
Vogelschutz beachten – was seit Langem ein Streitfall zwischen Klima- und | |
UmweltschützerInnen ist, wollen die beiden grün geführten Ministerien für | |
Klima und Umwelt nun mit einem Kompromiss lösen. Ein gemeinsames | |
„Eckpunktepapier“, das am Montag präsentiert wurde, soll [1][„die doppel… | |
ökologische Krise von Klimawandel und Artenaussterben“] bekämpfen und | |
gleichzeitig neue Windanlagen „zügig und rechtssicher“ entstehen lassen, | |
sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). „Artenschutz und Windenergie | |
werden Alliierte und nicht mehr Gegner sein“, versprach Klimaminister | |
Robert Habeck (Grüne). Gerade aufgrund des Krieges in der Ukraine sei „Eile | |
geboten“, um möglichst schnell von russischer Energie loszukommen. | |
Dafür sollen im Naturschutzrecht künftig bei der Genehmigung der Rotoren | |
klare Regeln für ganz Deutschland gelten: Sechzehn Vogelarten sind | |
aufgelistet, für die jeweils zwei Schutzzonen gezogen werden. In der | |
engeren Tabuzone, deren Radius vom Horst aus je nach Gefährdungsgrad und | |
Brutverhalten der Art 500 bis 1.500 Meter beträgt, sind gar keine Anlagen | |
erlaubt. In der zweiten, weiteren Zone darf nur gebaut werden, wenn | |
nachgewiesen wird, dass die gesamte Population nicht gefährdet ist oder die | |
Windräder sich automatisch abschalten, wenn Vögel auftauchen. Außerhalb der | |
Schutzzonen dürfen Anlagen aufgestellt werden, auch in den meisten | |
Landschaftsschutzgebieten – bis deutschlandweit 2 Prozent der Fläche voll | |
sind. Von diesen Regeln können die Länder nicht abweichen. | |
Grundsätzlich soll es auch klare einheitliche Vorgaben und Ausnahmen vom | |
Artenschutz geben: Windräder sollen jetzt dem „überragenden öffentlichen | |
Interesse und der öffentlichen Sicherheit“ dienen. In den Gebieten, die für | |
Wind ordnungsgemäß ausgewiesen sind, gilt in der Regel Artenschutz als | |
erfüllt. Das Gleiche gilt, wenn sich der Bestand einer Vogelart insgesamt | |
stabil entwickelt. Diese Daten sollen regelmäßig überprüft werden. Lemke | |
betonte, die Regierung werde mit einem zusätzlichen Artenschutzprogramm für | |
20 Millionen Euro jährlich die Lebensbedingungen für die Vögel verbessern, | |
woran sich auch die Unternehmen finanziell beteiligen sollen. Auch der | |
Ersatz von alten Anlagen durch neue („Repowering“) wird erleichtert. | |
Lemke versprach zudem, man werde die Länder dabei unterstützen, mehr | |
Personal und Ausstattung für schnellere Verfahren bereitzustellen. Habeck | |
erklärte, der Kompromiss helfe Deutschland, schneller von fossilen Energien | |
wegzukommen, was angesichts des Krieges in der Ukraine und im Licht des | |
neuen UN-Klimaberichts dringend nötig sei. „Jetzt ist der Weg frei für | |
mehr Windenergie-Flächen an Land.“ | |
## Umweltverbände: Erst andere Probleme lösen | |
Umweltverbände bemängeln, dass der Naturschutz geschwächt wird, noch bevor | |
die in ihren Augen tatsächlich größten Ausbaubremsen gelöst werden: nämlich | |
die Abstandsregeln zu Wohngebieten und fehlende Bürgerbeteiligung an | |
den Gewinnen. „Es stellt sich die Frage, wieso sich die Bundesregierung an | |
diese Themen nicht herantraut, sondern ausschließlich den Konflikt mit der | |
kleinsten, nämlich der Naturschutzlobby sucht“, sagte Michael Schäfer, | |
Klimaexperte beim Nabu, der taz. Der Nabu kritisiert auch, dass achtzehn | |
Vogelarten, die durch den Lärm gestört werden, nicht unter die ausdrücklich | |
geschützten Arten fallen. Schäfer begrüßt jedoch, dass die | |
Naturschutzregeln jetzt bundesweit vereinheitlicht werden sollen. | |
Der Präsident des BUND, Olaf Brandt, sagte der taz, die von der | |
Bundesregierung angestrebte Beschleunigung auf Kosten des Naturschutzes | |
werde den lokalen Widerstand gegen Windkraftprojekte verschärfen. Er | |
kritisiert außerdem die „sehr militante“ Sprache der Eckpunkte und dass | |
Windräder auch in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden sollen. | |
4 Apr 2022 | |
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[1] /Plan-des-Umweltministeriums/!5841674 | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
Bernhard Pötter | |
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