# taz.de -- Debatte um Cannabis-Legalisierung: Bekenntnisse zur Tüte | |
> Unter dem Hashtag #WirSindNichtKriminell teilen zahlreiche Menschen auf | |
> Twitter ihre Erfahrungen mit Cannabis. Sie fordern die Legalisierung. | |
Bild: Wächst und gedeiht, so wie wie die Debatte um die Legalisierung in Deuts… | |
Eine Diskussion, die seit einigen Wochen immer neue Schleifen dreht: Kommt | |
mit einer Ampel-Koalition die Legalisierung von Cannabis in Deutschland? In | |
ihrem Bundestagswahlprogramm haben die Grünen angekündigt, „einen | |
regulierten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften“ | |
ermöglichen zu wollen. Die FDP forderte in ihrem Programm die kontrollierte | |
Freigabe von Cannabis, und auch die SPD befürwortet eine „regulierte | |
Abgabe“ an Erwachsene, erst einmal in Modellprojekten. | |
Welche Gründe dafür oder dagegen sprechen, das wird gerade wieder stark in | |
den sozialen Netzwerken diskutiert. Unter dem Hashtag | |
#WirSindNichtKriminell bekennen sich Nutzer*innen zu ihrem | |
Cannabis-Konsum und berichten von Kriminalisierungserfahrungen. Manche | |
erzählen von ihren Krankheitsgeschichten, andere beschreiben ihren Alltag. | |
Manche teilen auch stolz Fotos ihrer eigenen Cannabis-Pflanzen. Der Tenor: | |
Cannabis-Konsum mache jemanden nicht zu einem verantwortungslosen oder gar | |
kriminellen Menschen. | |
„Seit 4 Jahren therapiere ich Schmerz und Spastik der MS ausschließlich mit | |
Cannabisblüten. Seither kein Schub, keine Kopfschmerzen mehr, die Fatigue | |
bessert sich, keine neuen Narben im Gehirn. Meine Ärzte verschreiben es | |
nicht“, schreibt eine Nutzerin. Ein anderer Nutzer schreibt eher | |
rechtfertigend: „Ich bin hochqualifiziert, meine Arbeit wird im In- und | |
Ausland gelobt und gepriesen, ich war keine Sekunde meines Lebens | |
arbeitslos und zahle horrende Steuern. Und zwar gerne. Am Wochenende rauche | |
ich gerne mein Cannabispfeifchen. #WirSindNichtKriminell“ | |
Unter den Bekenntnissen finden sich zum Teil kontroverse Diskussionen. | |
Etwas, was die Befürworter*innen auch wollen: Die Diskussion über eine | |
mögliche Legalisierung nicht wieder abebben zu lassen. Zuspruch für die | |
Debatte gibt es auch vom [1][NRW-Landesverband der Linken.] | |
Richter für Legalisierung | |
Eine der lautesten Stimmen für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an | |
Menschen ab 18 Jahren war in den vergangenen Wochen der [2][Bernauer | |
Jugendrichter Andreas Müller]. Durch seine klare Positionierung trendete | |
der Hashtag #RichterMüller gemeinsam mit #WirwollenCannabis. Andreas Müller | |
hofft, dass durch einen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP eine | |
kontrollierte Abgabe erlaubt wird. | |
Am Cannabis-Kontrollgesetz der Grünen habe der Jurist nach eigenen Angaben | |
mitgearbeitet. Seiner Ansicht nach müsse Präventionsarbeit in Schulen | |
geleistet werden und die Abgabe an unter 18-Jährige weiter unter Strafe | |
stehen. Doch die gesamte Problematik um Cannabis und Hanf sei keine Sache | |
des Strafrechts, sondern der Gesundheitspolitiker*innen, so der Jurist. | |
Müller fordert seit vielen Jahren eine Entkriminalisierung von | |
Cannabis-Konsum und sieht in einer Legalisierung auch eine Entlastung für | |
die Polizei: Etwa sechs Prozent aller Fälle seien Drogendelikte, außerdem | |
würde sich das „Klima zwischen Polizei und Jugendlichen enorm ändern, wenn | |
die Polizei die Konsumenten in Ruhe lässt“, so Müller. Der | |
Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, hatte | |
derweil kürzlich vor einer Legalisierung gewarnt und Cannabis mit dem | |
[3][altbekannten Argument der „Einstiegsdroge“] als Gefahr für Jugendliche | |
dargestellt. | |
Vergangene Woche hatte sich auch der SPD-Gesundheitsexperte [4][Karl | |
Lauterbach für eine Legalisierung von Cannabis] durch eine mögliche | |
Koalition von SPD, Grünen und FDP ausgesprochen. Er habe seine frühere | |
ablehnende Haltung dazu geändert, da Konsument*innen durch eine | |
geordnete Abgabe vor gefährlichen verunreinigten Substanzen, die illegal | |
vertrieben werden, geschützt werden könnten. | |
[5][In Deutschland ist die Verordnung von medizinischem Cannabis], | |
Cannabisblüten oder Cannabisextrakten seit mehr als vier Jahren auf Rezept | |
möglich. Ärztlich verordnet werden die Wirkstoffe etwa bei manchen Formen | |
der Epilepsie, schmerzhafter Spastizität bei Multipler Sklerose sowie bei | |
Übelkeit und Erbrechen nach einer Chemotherapie. | |
Für die Behandlung von anderen Erkrankungen sowie von Schmerzen mit | |
Cannabis braucht es ein besonderes Antragsverfahren. Die Krankenkasse | |
übernimmt die Kosten nur, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für | |
die andere Behandlungsmethoden bereits ausgeschöpft sind. (mit dpa, afp) | |
20 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/DieLinkeNRW/status/1450737476612632579 | |
[2] https://twitter.com/Richter_Mueller | |
[3] /Debatte-ueber-Cannabis-Legalisierung/!5804552 | |
[4] /Nachrichten-zur-Regierungsbildung/!5807876 | |
[5] /Cannabismarkt-in-Deutschland/!5805967 | |
## AUTOREN | |
Linda Gerner | |
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