| # taz.de -- Cannabismarkt in Deutschland: Stoff für ein gutes Geschäft | |
| > Cannabis könnte bald als Alltagsdroge legal werden. Die Wirkstoffe sind | |
| > es längst – auf einem streng regulierten medizinischen Markt. | |
| Bild: Ganz und gar illegal und zudem energieintensiv: Cannabisplantage in Priva… | |
| Berlin taz | Mit den Gesprächen von SPD, Grünen und FDP über eine neue | |
| Bundesregierung ist die [1][Debatte über Cannabis wieder da]: Soll das | |
| Rauschmittel zum Privatgebrauch entkriminalisiert werden? Würden damit | |
| Polizei und Gerichte entlastet? Vorbild sind einige US-Bundesstaaten, | |
| Kanada oder Portugal, die Anbau oder Besitz legalisiert haben. Dabei geht | |
| es auch darum, wer an dem Stoff verdient. | |
| Der Cannabismarkt in Deutschland ist zweigeteilt: Da ist zum einen der | |
| illegale Markt, auf dem Cannabis angebaut, gehandelt und verkauft wird – | |
| für Freizeitzwecke, wie es oft heißt. Und dann existiert der offizielle, | |
| seit 2017 gesetzlich geregelte Markt für medizinisches Cannabis. Hier geht | |
| es neben Anbau und Verarbeitung um Therapie – alles, was der Arzt | |
| verschreiben kann. | |
| Von diesem [2][Medizinalcannabis – den Blüten der Pflanze und dem daraus | |
| gewonnenen Öl – versprechen sich Pharmaunternehmen ein sehr gutes | |
| Geschäft]. Eingesetzt werden die Wirkstoffe vor allem bei Schmerzpatienten. | |
| In Teilen erstatten die Krankenkassen inzwischen auch die | |
| Behandlungskosten. Die Produkte unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz, der | |
| Anbau der Pflanzen und die Herstellung etwa von Tropfen ist sehr stark | |
| reglementiert, um eine gleichmäßige Qualität zu sichern. Einige | |
| Pharmahersteller bauen inzwischen selbst Cannabis an, um die Kontrolle über | |
| die gesamte Produktionskette zu haben. | |
| Bisher gibt es weltweit nur ein einziges zugelassenes Fertigarzneimittel, | |
| das bei Epilepsie eingesetzt wird. Entwickelt hat es eine britische Firma. | |
| Ein deutsches Unternehmen arbeitet gerade an einem weiteren Medikament für | |
| Schmerzpatienten, denen Arzneimittel auf Morphiumbasis nicht mehr helfen. | |
| Ansonsten werden die Arzneimittel bislang von Apothekern aus den Ölen mit | |
| den Wirkstoffen nach Anweisung des Arztes angemischt. | |
| ## Noch ist der Markt ausbaufähig | |
| Angebaut wird in Deutschland verwendetes Medizinalcannabis vor allem im | |
| Ausland. Eine staatliche Importerlaubnis haben 87 Unternehmen, die 2021 | |
| mehr als 191 Tonnen des Stoffs einführen wollen – was zeigt, wie hoch die | |
| Firmen die Marktchancen einschätzen. | |
| Tatsächlich wurden im ersten Halbjahr nach Zahlen der deutschen | |
| Cannabiswirtschaft erst knapp 9 Tonnen importiert, vor allem aus Kanada, | |
| den Niederlanden, Dänemark und Portugal. Diese gelten als Länder, die | |
| gleichbleibende Qualität sicherstellen können. In Deutschland selbst dürfen | |
| jährlich 2,6 Tonnen angebaut werden. Die Lizenzen dafür hat die | |
| Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte an | |
| 3 Firmen vergeben, die die Pflanzen nun in Hochsicherheitsgewächshäusern | |
| anbauen. | |
| Innerhalb der EU gilt Deutschland als wichtigster Markt. Hier werde | |
| besonders intensiv geforscht, berichtet die britische Beratungsfirma | |
| Prohibition Partners in ihrer aktuellen Überblicksstudie. In der | |
| Bundesrepublik kämen neue Produkte oft zuerst auf den Markt. Den | |
| EU-Gesamtmarkt für Medizinalcannabis schätzt Prohibition Partners für 2021 | |
| auf 403,4 Millionen Euro. Bei Wachstumsraten von im Schnitt 67,4 Prozent | |
| könnte die Branche den Experten zufolge 2025 bereits 3,2 Milliarden Euro | |
| umsetzen. Tendenz steigend. | |
| ## Illegales Cannabis | |
| Auf dem illegalen Markt sieht es etwas anders aus. Cannabisprodukte sind | |
| das mit Abstand am meisten gehandelte Rauschmittel in Deutschland, wie das | |
| Bundeskriminalamt ermittelt hat. Es bezieht sich auf die knapp 32.000 Fälle | |
| von illegalem Handel, die vor allem bei Kontrollen bekannt geworden sind. | |
| Die Dunkelziffer ist allerdings groß. Der Deutsche Hanfverband schätzt die | |
| konsumierte Menge auf 200 bis 400 Tonnen, was einem Marktwert von ungefähr | |
| 1,2 bis 2,5 Milliarden Euro entspricht. Das Geld streicht überwiegend die | |
| organisierte Kriminalität ein. Deutlich lukrativer für Kriminelle sind | |
| jedoch die Märkte für Kokain, Heroin und synthetische Drogen – die Preise | |
| sind um ein Vielfaches höher als für Cannabis. | |
| Haschisch, das Harz der Cannabispflanzen, stammt vor allem aus Marokko. | |
| Meist wird es auf dem Seeweg in die Niederlande verschifft und dann nach | |
| Deutschland transportiert. Eine Alternative ist der Weg über Spanien und | |
| Frankreich nach Deutschland. | |
| Hierzulande verkauftes Marihuana – die Blüten der Cannabispflanze – wird | |
| dem BKA zufolge auch meist in Westeuropa angebaut. Größere, auch | |
| professionell betriebene Plantagen in Fabrikhallen oder ausgedehnten | |
| Kellern produzieren in Belgien, den Niederlanden und Spanien. Auch in | |
| Deutschland wird angebaut. So entdeckten Ermittler im vergangenen Jahr in | |
| einer ehemaligen Gaststätte im niedersächsischen Holzminden eine | |
| professionell betriebene Plantage. Freilandpflanzen kommen aus Albanien und | |
| Spanien. | |
| Sollte Cannabis in kleinen Mengen entkriminalisiert oder gar legalisiert | |
| werden, wie die Befürworter hoffen, hätten die Ermittler mehr Zeit und mehr | |
| Personal, um sich um die großen Drogengeschäfte und Banden zu kümmern, etwa | |
| bei harten Drogen wie Kokain und Heroin oder Designerdrogen aus dem | |
| Chemiebaukasten. Als Vorbild gilt Portugal. In den Niederlanden hat die | |
| Entkriminalisierung allerdings dazu geführt, dass sich die organisierte | |
| Kriminalität sogar ausgebreitet hat. | |
| 19 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Moegliche-Legalisierung-von-Cannabis/!5807781 | |
| [2] /Cannabis-in-Berlin/!5579357 | |
| ## AUTOREN | |
| Björn Hartmann | |
| ## TAGS | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Drogen | |
| Cannabis | |
| Legalisierung | |
| Ampel-Koalition | |
| Kolumne Die Nafrichten | |
| Cannabis | |
| Cannabis | |
| Drogenkonsum | |
| Berlin | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Cannabis | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Legalisierung von Cannabis: Wer gewinnt, wer verliert? | |
| Der Verkauf von Cannabis soll legal werden. Kiffer:innen freut's. Doch | |
| wer denkt an die, die bis jetzt für Anbau und Handel kriminalisiert werden? | |
| Besuch auf der Cannabis-Messe in Berlin: Im Ampel-Rausch | |
| Alle Messebesucher sind euphorisch, dass die nächste Regierung Kiffen | |
| entkriminalisiert. Doch wie das aussehen könnte, dazu gibt es viele | |
| Meinungen. | |
| Prioritäten von SPD, Grünen und FDP: Das lässt sich nicht schönkiffen | |
| Die angehenden Koalitionäre debattieren lieber über Cannabis als über die | |
| wirklich drängenden Probleme wie die Energiewende. Das darf nicht sein. | |
| Debatte um Cannabis-Legalisierung: Bekenntnisse zur Tüte | |
| Unter dem Hashtag #WirSindNichtKriminell teilen zahlreiche Menschen auf | |
| Twitter ihre Erfahrungen mit Cannabis. Sie fordern die Legalisierung. | |
| Spritpreise, Kiffen und Wahlchaos: So viel Dummheit | |
| Berlin kann nichts, Kiffen spaltet und Drosten hat fertig. 5 Dinge, die wir | |
| diese Woche gelernt haben. | |
| Nachrichten zur Regierungsbildung: Lauterbach für legales Cannabis | |
| Die kontrollierte Abgabe könne Leben retten, so der Gesundheitspolitiker. | |
| Wolfgang Schäuble will sich aus der ersten Reihe der CDU zurückziehen. | |
| Debatte über Cannabis-Legalisierung: Verbote von gestern | |
| Die Warnungen von Polizeigewerkschaften vor einer Legalisierung von | |
| Cannabis sind haltlos. Die Freigabe ist überfällig. |