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# taz.de -- Das Klima als Politikum: Kohleausstieg im Wahlkampf
> Klimaaktivist:innen protestieren in Berlin. In scharfer Kritik
> stehen sowohl Armin Laschet (CDU) als auch Olaf Scholz (SPD).
Bild: Unangemeldeter Besuch beim Wirtschaftsrat der CDU
Berlin taz | Sie kleben den fossilen Lobbyist:innen an den Fersen, fast
wortwörtlich: Klimaaktivist:innen drangen am Mittwoch in die
Büroräume des Vereins Wirtschaftsrat der CDU ein, manche befestigten sich
mit Sekundenkleber an Fensterrahmen und Eingangstür.
Der Wirtschaftsrat, der oftmals gegen Klimaschutz eintritt, trägt die
konservative Partei zwar im Namen, ist aber kein Parteigremium. Dennoch hat
seine Präsidentin automatisch einen Sitz im Bundesvorstand der CDU – ohne
Stimmrecht zwar, aber eben mit einem stark privilegierten Zugang zum
Machtzentrum der Partei.
Die Aktion ist Teil [1][einer Protestwoche], an der sich gerade mehrere
Klimaschutzgruppen in Berlin beteiligen. Ebenfalls am Mittwoch schütteten
Aktivist:innen Kohle vor die Vertretung von Nordrhein-Westfalen in der
Hauptstadt – eine Botschaft an den CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet, der
zurzeit noch Ministerpräsident in dem westdeutschen Bundesland ist.
Diese Woche steht allerdings auch sein SPD-Konkurrent, Finanzminister Olaf
Scholz, für seine Kohlepläne in der Kritik. Bei der Frage, ob der
Kohleausstieg vor dem gesetzlich festgelegten Ausstiegstermin 2038
stattfinden müsse, schloss Scholz sich nämlich Laschet an: „Wir haben klare
Vereinbarungen getroffen, die wichtig sind für die Unternehmen, für die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch für die Region“, sagte Scholz auf
Wahlkampftour in der Lausitz. „Und diese Vereinbarungen gelten und sollten
auch eingehalten werden.“
## Kohle wird vor 2038 unwirtschaftlich
Das passt allerdings kaum zu der kürzlichen Reform des Klimaschutzgesetzes.
So sieht es zumindest auch der Politikökonom Philipp Litz von der
Denkfabrik Agora Energiewende. „Deutschland hat sein Klimaziel gerade
erhöht, auch auf EU-Ebene wird zurzeit ein neues Ziel festgeschrieben:
Beide sind nicht zu erreichen, wenn man nach 2030 noch Kohlestrom
produziert“, sagt Litz. Eine Reform des Europäischen Emissionshandels, die
den Ausstoß von Kohlendioxid entsprechend teurer macht, sei auf dem Weg.
Dass die Bundesregierung damit zögere, ihr Kohleausstiegsgesetz anzupassen,
habe sicher auch damit zu tun, dass sie weitere Entschädigungszahlungen an
die Energiekonzerne vermeiden möchte, meint der Experte. „Was sie aber
gefahrlos tun kann und muss, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien,
damit das letzte Kohlekraftwerk 2030 auch abgelöst werden kann“, so Litz.
„Ohne erneuerbare Energien nützt der höchste CO2-Preis nichts.“
Deshalb ist es also trotz Europäischem Emissionshandel wichtig, auf welches
Datum sich die Spitzenkandidat:innen vorbereiten. Bis dahin muss
Deutschland schließlich den richtigen Rahmen setzen – nicht nur bei den
erneuerbaren Energien, sondern auch [2][beim Strukturwandel in den
Kohleregionen].
Dass das Zieljahr für den Kohleausstieg nicht wirklich 2038 sein kann, weiß
man eigentlich auch bei Union und SPD, selbst wenn die Spitzenkandidaten
das nicht zu erkennen geben. In einem Papier aus Peter Altmaiers (CDU)
Wirtschaftsministerium vom Montag, das der taz vorliegt, kann man das
beispielsweise nachlesen.
Das Kohleausstiegsgesetz sehe als Abschlussdatum zwar „spätestens 2038“
vor. Die Betonung liegt auf „spätestens“, denn das Wort ist gefettet.
„Marktgetrieben kann sich aufgrund der gestiegenen ETS-Preise ein Ausstieg
auch früher vollziehen“, geht es weiter. ETS steht für Emissionshandel.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte im April auf einer Konferenz
sogar ausdrücklich gesagt, dass „wir vermutlich schon 2030 keine Kohle mehr
in Deutschland verstromen“ – nämlich aufgrund des neuen EU-Klimaziels und
einer damit verbundenen CO2-Preissteigerung.
18 Aug 2021
## LINKS
[1] /Aktionswoche-von-Extinction-Rebellion/!5793848
[2] /Ueber-den-Strukturwandel-in-der-Lausitz/!5790184
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
Wahlkampf
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