# taz.de -- Coronapolitik von Bund und Ländern: Zu viele Köche | |
> Die größten Fehler in der Coronapolitik gehen aufs Konto der | |
> Bundesregierung. Doch auch die Länder haben versagt – durch ihre | |
> Blockadehaltung. | |
Bild: Verantwortlich für die größten Fehler: die Bundesregierung und damit a… | |
Da stand es im Raum, das große Wort [1][„Verzeihung“]. Erkennbar wollte die | |
Kanzlerin sich damit nicht nur als Märtyrerin vor die Umfragen-gebeutelte | |
CDU werfen oder der Kritik am „Osterruhe“-Beschluss die Wucht nehmen. | |
Angela Merkel sagte damit, dass sie sieht, wie wenig die Politik insgesamt | |
der Herausforderung durch das Coronavirus gewachsen ist. Wie Merkel selbst | |
am Tag nach dem großen Mea Culpa im Bundestag ausführte: | |
„Gravierende Schwachstellen“ habe die Pandemie offengelegt: „Wir müssen … | |
föderales System besser und schneller werden.“ Da sind jetzt aber alle | |
gespannt. Denn die Mängel sind ja in der Tat so groß, dass sie nicht mehr | |
von Merkel selbst angegangen, geschweige denn behoben werden dürften. An | |
der offensichtlich nötigen Reform des Föderalismus sind in der | |
Vergangenheit schon mehrere Kommissionen gescheitert. | |
Behaupte nun niemand, dass die USA auch ein föderaler Staat seien – wo in | |
der Pandemie vieles besser läuft –, oder [2][Frankreich ein | |
zentralistischer – wo vieles ebenso schlecht läuft]. Das deutsche System | |
muss sich am eigenen Anspruch messen lassen. Der lautet, dass 16 | |
Ministerpräsident:innen irgendwie besser wissen, was bei ihnen zu | |
Haus aus funktioniert. Nur: Die Belege dafür bleiben aus. Denn erkennbar | |
möchten die meisten Ministerpräsident:innen für den Schutz vorm | |
Virus nicht verantwortlich sein. | |
Sie geben lieber die leutseligen Lockerungs-Onkels (dieses Maskulinum ist | |
hier gerechtfertigt). [3][Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin | |
Laschet] behauptete diese Woche, „wir alle“ hätten gehofft, mit wärmerem | |
Frühlingswetter ziehe sich das Virus zurück. Der Hesse Volker Bouffier | |
erklärte, „vor acht Wochen“ habe niemand etwas von der neuen Gefahr durch | |
die britische Mutante wissen können. | |
## Ihr macht Gesundheit – wir Wirtschaft | |
Man fragt sich, ob die beiden oder wenigstens ihre Mitarbeiter:innen | |
seit Weihnachten auch nur ein einziges seriöses Medium konsultiert haben. | |
Die beiden wohl größten Fehler der Pandemiebekämpfung, über die schon viel | |
geschrieben wurde, sind klar der Bundesregierung zuzuordnen: Bis heute | |
[4][zu wenig Impfstoff] – Deutschland hätte in Brüssel mehr bewegen können | |
und müssen –, und allzu lange zu wenige Tests. | |
Dass wir aber kaum gebremst erst in die zweite Welle und nun in eine | |
[5][„im Grunde neue Pandemie“] (Merkel) hineingelaufen sind, daran sind | |
vor allem die Ministerpräsident:innen schuld. Sie haben vergangenen | |
Herbst und zuletzt Anfang März sinnvolle Beschlüsse verhindert. Die | |
Mehrheit der Länderchefs glaubt, es gebe eine Rollenverteilung: Für die | |
Gesundheit der Bevölkerung ist jemand anderes zuständig – sie aber für die | |
heimische Wirtschaft. | |
Die kümmerlichen Umrisse eines solchen Amtsverständnisses ergänzen sich mit | |
allem, was die föderale Republik zuletzt über sich lernen durfte: | |
[6][Digitaler Rückstand] ist nicht nur ein Thema für IT-Messestände. | |
[7][Gesundheitsämter sind kein ulkiger Überrest] des vergangenen | |
Jahrhunderts. Womöglich ist die öffentliche Infrastruktur tatsächlich in | |
dem beklagenswerten Zustand, der so lange schon in müffelnden | |
Gewerkschaftszeitschriften beschworen wird. | |
Sieht alles danach aus, als dürften sich die Deutschen ihr Selbstbild vom | |
Logistik-Weltmeister endlich abschminken. Es war längst hinfällig, dieses | |
Surrogat von Patriotismus. Denn darum handelt es sich ja: Ein Wunsch nach | |
Weltmeisterei in den Ausprägungen „härteste Währung“ (D-Mark-Patriotismu… | |
hat sich erledigt), „beste Autos“ (Verbrennungsmotor-Patriotismus, auch | |
erledigt) und zuletzt eben „straffste Organisation“ | |
(Effizienz-Patriotismus). | |
Nun aber wenigstens Weltmeister im Staatsversagen sein zu wollen | |
(Untergangs-Patriotismus), ist allerdings auch keine Lösung. Nach dem | |
nächsten Lockdown werden sich Leute finden müssen, die darüber nachdenken, | |
welche Rollen- und Aufgabenverteilung die Republik braucht, um echte Krisen | |
zu bewältigen. Knapp über Mittelmaß würde schon reichen. | |
26 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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