| # taz.de -- Corona-Unterstützungsfonds für die EU: Widerstand gegen Wiederauf… | |
| > 500 Milliarden Euro wollen Merkel und Macron für die coronagebeutelten | |
| > EU-Staaten lockermachen. Der Süden ist erfreut, der Norden wenig | |
| > begeistert. | |
| Bild: 500-Milliarden-Euro-Plan geht auch per Videokonferenz: Emmanuel Macron un… | |
| Berlin dpa | Um notleidenden EU-Staaten nach der [1][Coronakrise] | |
| aufzuhelfen, wollen Deutschland und Frankreich ein europäisches Hilfspaket | |
| mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro schnüren. Wenn es nach Kanzlerin | |
| Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geht, soll es dafür | |
| eine massive Schuldenaufnahme über den EU-Haushalt geben. Krisenstaaten wie | |
| Italien oder Spanien könnten Zuschüsse bekommen. Merkel sagte am Montag, | |
| dies sei eine „außergewöhnliche, einmalige Kraftanstrengung“ – Berlin h… | |
| sich lange gegen gemeinsame Schulden über den EU-Haushalt gesträubt. | |
| Doch gegen den [2][deutsch-französischen Plan] regt sich bereits | |
| Widerstand. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden pochen | |
| darauf, dass die EU nur rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse ausgibt. | |
| Österreichs Kanzler Sebastian Kurz sagte am Abend, er habe sich mit den | |
| Regierungschefs der Niederlande, Dänemarks und Schwedens ausgetauscht. | |
| „Unsere Position bleibt unverändert“, schrieb Kurz auf Twitter. Für Merkel | |
| und Macron ist das ein Problem, denn: Der Plan muss von allen 27 EU-Staaten | |
| einstimmig beschlossen werden. | |
| An diesem Dienstag will Merkel in einer Videokonferenz mit den | |
| Regierungschefs von Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei für die | |
| Hilfspläne werben. Worum es genau geht: | |
| Gemeinsam in die roten Zahlen: Der Wiederaufbau soll über Kredite | |
| finanziert werden, die die EU-Kommission als Schulden am Kapitalmarkt | |
| aufnimmt. Die EU-Staaten müssten dafür in der nächsten mehrjährigen | |
| gemeinsamen Finanzplanung Garantien geben. Denn wenn die Länder gemeinsam | |
| geradestehen, können sie zu günstigeren Konditionen Geld leihen, als das | |
| vielen Regierungen im Alleingang möglich wäre. | |
| Finanzspritzen für Krisenstaaten: Besonders betroffene Branchen und | |
| Regionen sollen Zuwendungen aus dem Fonds erhalten – keine Kredite. Die | |
| Empfängerstaaten müssen das Geld also nicht wieder zurücküberweisen. | |
| Indirekt werden sie allerdings doch mit zur Kasse gebeten, denn sie zahlen | |
| weiterhin in den EU-Haushalt ein, aus dem die Schulden über einen Zeitraum | |
| von etwa 20 Jahren wieder abgestottert werden. Wie viel ein Land hier | |
| zahlt, hängt von der Wirtschaftskraft ab. Deutschland ist mit einem Anteil | |
| von ungefähr 27 Prozent der größte Netto-Beitragszahler. Finanzschwächere | |
| Staaten profitieren also unter dem Strich besonders. | |
| Ziele: Das Geld soll verhindern, dass Regionen in der Coronakrise | |
| [3][völlig abgehängt werden.] Es soll insbesondere den Wandel zu einer | |
| digitaleren und umweltverträglicheren Wirtschaft fördern sowie Forschung | |
| und Innovation. | |
| Haushaltsregeln: Deutschland hat sich lange gegen solche gemeinsamen | |
| Schulden über den EU-Haushalt gewehrt. Gemeinsame Anleihen („Corona-Bonds“) | |
| lehnte die Bundesregierung ab. Die Finanzierung über den EU-Haushalt | |
| bedeutet nun, dass die üblichen EU-Haushaltsregeln gelten, nur Projekte | |
| finanziert werden und nicht etwa der Staatshaushalt einzelner | |
| Mitgliedstaaten. Der Unterschied zu Corona-Bonds ist auch, dass die | |
| gemeinsame Haftung für die Schulden begrenzt ist auf den Umfang der | |
| Garantien im Haushalt. | |
| Bisherige Hilfen: Ein erstes Paket mit Kredithilfen von bis zu 540 | |
| Milliarden Euro war von den EU-Staaten bereits Anfang April vereinbart | |
| worden. Beim geplanten Fonds geht es um längerfristige Unterstützung beim | |
| Wiederaufbau. | |
| Freunde des Plans: Zumindest aus Brüssel kam prompter Beifall. „Dies geht | |
| in die Richtung des Vorschlags, an dem die Kommission arbeitet“, erklärte | |
| EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU-Staaten hatten sie | |
| im April beauftragt, ein Modell für den Wiederaufbauplan zu erarbeiten. Der | |
| Vorschlag soll am Mittwoch kommender Woche vorgestellt werden. | |
| EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem Schritt in die richtige | |
| Richtung und forderte Kompromisswillen von allen 27 EU-Staaten. | |
| Italien und Spanien sehen die Initiative von Merkel und Macron positiv. Es | |
| gebe aber noch Verbesserungspotenzial, hieß es in Regierungskreisen in Rom. | |
| Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez schrieb auf Twitter von einer | |
| „Initiative, die auf einer Linie mit unseren Forderungen ist und bei der | |
| wir weiter vorwärtskommen müssen“. | |
| Gegner des Plans: Einige EU-Länder, darunter die Niederlande und | |
| Österreich, haben weiter Vorbehalte dagegen, gemeinsame Schulden | |
| aufzunehmen und dieses Geld als Zuwendung an Krisenregionen zu geben. Die | |
| als Kredit aufgenommenen Mittel dürften auch nur als Kredit weitergereicht | |
| werden, hieß es zum Beispiel am Montag vonseiten der österreichischen | |
| Regierung. Hier ist noch Überzeugungsarbeit nötig. Denn der Plan muss von | |
| allen 27 Staaten einstimmig beschlossen werden, weil er mit dem | |
| siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen verknüpft ist. Die Erhöhung der | |
| Eigenmittelobergrenze muss zudem in allen 27 Staaten ratifiziert werden, in | |
| Deutschland vom Bundestag. | |
| Was die Osteuropäer sagen: Merkels Gesprächspartnern aus Polen, Ungarn, der | |
| Slowakei und Tschechien nähme der deutsch-französische Plan zumindest eine | |
| Hauptsorge: Die Planung der Mittel im nächsten mehrjährigen EU-Haushalt, | |
| der dieses Jahr aufgestellt werden muss, soll nicht berührt sein. Das ist | |
| gerade für die osteuropäischen Staaten als Empfänger umfangreicher | |
| Strukturhilfen bedeutsam. | |
| 19 May 2020 | |
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