# taz.de -- Volkswirt über EU-Hilfsfonds: „Ein wichtiger Beitrag“ | |
> Der EU-Hilfsfonds soll die europäische Wirtschaft wieder ankurbeln und | |
> gleichzeitig Solidarität signalisieren, sagt Volkswirt Sebastian Dullien. | |
Bild: Arbeiterin in der Produktion des Toyota-Werks in Onnaing, Nordfrankreich | |
taz: Herr Dullien, der EU-Fonds für die Coronahilfen soll 500 Milliarden | |
Euro umfassen. Reicht das? | |
Sebastian Dullien: Die 500 Milliarden Euro können einen wichtigen Beitrag | |
zur Erholung der Wirtschaft Europas leisten. Man darf sich aber nicht | |
vertun: Auf drei Jahre gestreckt sind das nur etwa ein Prozent der | |
EU-Wirtschaftsleistung, viel weniger als die tatsächlichen Krisenkosten. | |
Der Großteil der Lasten wird bei den Nationalstaaten hängen bleiben. | |
Das Programm soll erst 2021 starten. Ist das zu spät? | |
Schön wäre natürlich ein früherer Start. Da es aber um Investitionsprojekte | |
gehen soll, braucht man einen gewissen Planungsvorlauf. Wenn wirklich | |
Anfang 2021 das erste Geld fließt, ist das noch vertretbar. | |
Der EU-Hilfsfonds soll mit „Reformauflagen“ verknüpft werden, die die | |
Krisenländer zu erfüllen haben. Eine gute Idee? | |
Nein, Reformauflagen halte ich bei diesem Programm für ungeeignet. Es geht | |
darum, schnell und unbürokratisch die europäische Wirtschaft wieder | |
anzukurbeln und gleichzeitig den besonders getroffenen Ländern Solidarität | |
zu signalisieren. Wenn die Mittel an Bedingungen geknüpft werden, die in | |
den einzelnen Ländern unpopulär sind, wird dieses Ziel zumindest zum Teil | |
verfehlt. | |
Das Programm soll so gestaltet sein, dass ein großer Teil als Zuschüsse an | |
besonders betroffene Länder geht. Ist das so großzügig, wie es klingt? | |
Wir kennen die Details noch nicht, aber es ist richtig, die Mittel als | |
Zuschüsse statt als Kredite zu vergeben. Wie großzügig das ist, hängt am | |
Ende von der genauen Zuteilung ab. Wenn einige Staaten plötzlich darauf | |
beharren sollten, proportional zu ihrem EU-Beitrag Mittel zu erhalten, wäre | |
das aber nicht so großzügig, wie es derzeit klingt. | |
Ab 2025 sollen die Schulden wieder zurückgezahlt werden. Ist das | |
realistisch? | |
Es ist gut denkbar, dass sich die Wirtschaft bis 2025 so weit erholt hat, | |
dass sie eine Rückzahlung verkraften kann. Makroökonomisch sinnvoller wäre | |
es allerdings, das Programm mit einer ewigen Anleihe oder zumindest sehr | |
langen Tilgungsfristen zu finanzieren. Denn die Zinsen sind momentan extrem | |
niedrig, und die Finanzanleger sind händeringend auf der Suche nach | |
sicheren Anleihen. | |
Das EU-Programm kann erst starten, wenn alle 27 nationalen Parlamente | |
zugestimmt haben. Es gibt aber schon Widerstand aus Ländern wie Dänemark | |
oder Österreich. Rechnen Sie damit, dass die Einwände überwunden werden | |
können? | |
Ich kann nur hoffen, dass auch diese Länder am Ende zustimmen und nicht | |
durch unsinnige Änderungen das positive Potenzial des Fonds zerstören. | |
Derzeit steht die Zukunft des europäischen Binnenmarkts auf dem Spiel, | |
weil sich einzelne Länder von der EU abwenden könnten. Der Binnenmarkt aber | |
ist zentral auch für den Wohlstand von Ländern wie Dänemark, Österreich – | |
genauso wie für Deutschland. | |
20 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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