| # taz.de -- Corona-Beschlüsse für die Ostertage: Augen zu und durch den Lockd… | |
| > Die neuen Corona-Maßnahmen suggerieren eine Entschlossenheit, die den | |
| > Ministerpräsident:innen der Länder fehlt. Die Beschlüsse sind | |
| > dürftig. | |
| Bild: Ostern wird dieses Jahr wohl zu Hause stattfinden | |
| Die gute Nachricht: An Ostern gibt es dieses Jahr zwei Feiertage mehr. Die | |
| schlechte Nachricht: Das ist das einzig wirklich handfeste Ergebnis, auf | |
| das sich die Bundeskanzlerin mit den Regierungschef:innen der Länder | |
| in ihrem Verhandlungsmarathon bis in den frühen Dienstagmorgen hat | |
| verständigen können. Angesichts der wieder exponentiell steigenden | |
| Infektionszahlen und des starken Anstiegs der COVID-19-Patient:innen auf | |
| den Intensivstationen ist das erschreckend wenig. | |
| Mit dem nach zähem Ringen vereinbarten [1][Osterlockdown] vom 1. bis zum 5. | |
| April soll eine Entschlossenheit suggeriert werden, die den | |
| Ministerpräsident:innen de facto fehlt. Denn den Gründonnerstag und | |
| den Ostersamstag zu zusätzlichen „Ruhetagen“ zu erklären, ist nicht viel | |
| mehr als Symbolpolitik. Dass damit die Dynamik der dritten Coronawelle | |
| durchbrochen werden könnte, ist eine fragwürdige Behauptung – die davon | |
| ablenken soll, dass zu anderen notwendigen Maßnahmen die | |
| [2][Ministerpräsident:innen] nicht bereit waren. | |
| Dass sich die Länderchef:innen beim letzten Treffen Anfang März mit | |
| ihrer Linie gegen Merkel durchgesetzt haben, nicht mehr die Unterschreitung | |
| der Schwelle von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen binnen | |
| sieben Tagen als Kriterium für mögliche Lockerungen zu definieren, rächt | |
| sich inzwischen. Auch dass die Öffnungen nicht an ein Testkonzept gekoppelt | |
| wurden, war ein Fehler. Doch statt sich für ihre Fehleinschätzungen zu | |
| entschuldigen und sich zu korrigieren, scheinen die | |
| Ministerpräsident:innen einfach munter weiter machen zu wollen. | |
| Das zeigt sich besonders im Schulbereich. Es war völlig unverantwortlich, | |
| als Erstes die Schulen wieder zu öffnen, um anschließend über eine | |
| [3][Teststrategie] nachzudenken, die den Unterricht erst sicher machen | |
| würde. Die Beschlussvorlage des Kanzleramts sah nun wenigstens vor, dass in | |
| Gegenden mit einer 7-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfektionen Schulen und | |
| Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen werden müssen, wenn ein | |
| zweimaliger Coronatest pro Woche für Erziehungs- und Lehrkräfte sowie alle | |
| Schüler:innen und betreuten Kinder nicht sichergestellt ist. Doch diese | |
| Passage wurde ersatzlos gestrichen. Auch auf die vom Kanzleramt anvisierten | |
| Schulschließungen ab einer 7-Tage-Inzidenz von 200 wollten sich die | |
| Ministerpräsident:innen nicht einlassen. Augen zu und durch – das | |
| ist offenkundig ihr Motto. | |
| Nicht nur deshalb ist der Beschluss der Bund-Länder-Runde vor allem ein | |
| Dokument der Verantwortungslosigkeit. Da wird mit viel Wortgeklingel eine | |
| sehr ernste Lage beschrieben, die eine „strenge Eindämmung des | |
| Infektionsgeschehens“ notwendig mache – aber daraus folgt so gut wie | |
| nichts. Die vielbeschworene „Notbremse“ wird nur rhetorisch gezogen. Da | |
| heißt es beispielsweise, dass in Landkreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von | |
| 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen „zusätzliche Maßnahmen“ | |
| ergriffen werden müssten. Dann folgt eine Aufzählung, was getan werden | |
| könnte – von der Tragepflicht medizinischer Masken für Beifahrer:innen | |
| im Auto bis hin zu verschärften Kontaktbeschränkungen. Verbindlich ist | |
| davon jedoch nichts. | |
| Sicher, der Beschluss der Bund-Länder-Runde enthält auch Sinnvolles. Dass | |
| die Fluglinien verpflichtet werden sollen, ihre Passagiere vor dem Rückflug | |
| nach Deutschland zu testen, war allerdings längst überfällig. In anderen | |
| europäischen Ländern ist das bereits seit dem vergangenen Jahr Standard. In | |
| der Bundesrepublik bedurfte es dazu erst des „Mallorca-Schocks“. Doch wiegt | |
| das nicht auf, dass das Ergebnis der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit | |
| den Regierungschef:innen der Länder insgesamt fatal dürftig ist. Und | |
| das liegt auch diesmal nicht an Angela Merkel. | |
| Ja, Politiker:innen können gerade in Krisensituationen mal falsch | |
| liegen, weil es stets um heikle Abwägungen geht. Heute ist es keine Frage | |
| mehr, dass es weit weniger Infizierte und Tote in Deutschland gegeben | |
| hätte, wenn die Ministerpräsident:innen nicht aus Angst vor der | |
| öffentlichen Stimmung derart versagt hätten, als sie zunächst im Oktober | |
| nichts und dann im November vergangenen Jahres zu wenig getan haben – gegen | |
| Merkels Warnungen. Das Mindeste, was von Laschet und Schwesig, Kretschmer | |
| und Kretschmann, Müller und Ramelow und den anderen nun verlangt werden | |
| kann, ist, dass sie aus dem Desaster lernen. Der Verlauf und das Resultat | |
| ihres Treffens mit der Kanzlerin zeugen leider nicht davon. | |
| 23 Mar 2021 | |
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| Pascal Beucker | |
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