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# taz.de -- Bundesweite Warnstreiks: Wann die Räder stillstehen
> Wenn die mächtigen Gewerkschaften im Verkehr streiken, ist das Land
> blockiert. Beschäftigte in anderen Branchen werden dagegen leider kaum
> wahrgenommen.
Bild: Warnstreik von Verdi bei den Verkehrsbetrieben in Essen am 2. Februar
Auch nach mehr als 160 Jahren scheint die alte Zeile aus Georg Herweghs
[1][„Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“] nichts von
ihrer Aktualität verloren zu haben: „Alle Räder stehen still, wenn dein
starker Arm es will.“
Erst zwei mehrtägige [2][Streiks bei der Deutschen Bahn], dann die beiden
jeweils eintägigen Arbeitsniederlegungen an den Flughäfen [3][und im ÖPNV]:
Eindrucksvoll haben GDL und Verdi seit Jahresanfang demonstriert, wie
machtvoll Gewerkschaften immer noch sein können. Steht Deutschland vor
einer Renaissance des Arbeitskampfes?
Tatsache ist, dass sich die Gewerkschaften [4][kämpferischer geben] als
noch vor ein paar Jahren. Das ist allerdings auch dringend erforderlich.
Angesichts der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten ist der Leidensdruck
vieler Beschäftigter hoch, während die Bereitschaft der Arbeitgeberseite,
ihnen wenigstens Reallohnverluste zu ersparen, gering ist. Hinzu kommt
vielfach noch die Ignoranz der Arbeitgeber gegenüber als unzumutbar
empfundenen Arbeitsbedingungen. Das lässt zumindest Warnstreiks in vielen
Fällen unvermeidbar erscheinen.
Das ist das eine. Das andere ist, dass die Macht der Gewerkschaften in den
vergangenen Jahren nicht größer, sondern kleiner geworden ist. Auch wenn
sich der DGB vor allem dank der Verdi-Zuwächse erstmals 2023 wieder über
ein kleines Mitgliederplus freuen konnte, sollte das nicht vernebeln, dass
insgesamt die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder in den vergangenen
Jahrzehnten kontinuierlich gesunken ist. Und das bei insgesamt steigenden
Beschäftigtenzahlen.
Zudem arbeiten nur noch 51 Prozent der Beschäftigten in einem
tarifgebundenen Unternehmen. So täuschen öffentlichkeitswirksame Streiks
wie die im Verkehrssektor darüber hinweg, dass mehr als 80 Prozent der
Beschäftigten noch nie in ihrem Berufsleben an einem Streik teilgenommen
haben.
Ob in der Druck- oder der chemischen Industrie, im Hotel- und
Gaststättengewerbe, in der Systemgastronomie oder im Dachdeckerhandwerk: In
diesem Jahr stehen unzählige Tarifauseinandersetzungen an. Von Ausnahmen
wie der Metall- und Elektroindustrie oder Volkswagen abgesehen, dürften nur
wenige von einer breiten Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen werden –
selbst wenn es hier und da zu [5][Warnstreiks] kommen sollte.
Ein Beispiel dafür ist die festgefahrene Tarifrunde im Einzelhandel, wo es
seit Mitte vergangenen Jahres keinerlei Bewegung gibt. Die Arbeitgeber
haben einfach auf stur geschaltet, weil Verdi zwar immer wieder zu
Warnstreiks aufruft, der Gewerkschaft jedoch die Macht fehlt, die
Supermärkte dichtzumachen. Bei zu schwachen Armen stehen die Räder nicht
still. Das gilt leider für viele Branchen.
3 Feb 2024
## LINKS
[1] https://youtu.be/NFy1dPzHnDA?si=BHJ9QksgAJDDQepR
[2] /Schwerpunkt-Bahnstreik/!t5008569
[3] /Streiks-der-Verkehrsbetriebe/!5989815
[4] /Verdi-Chef-Frank-Werneke-ueber-die-Ampel/!5984992
[5] /Multiple-Arbeitskaempfe-im-Verkehr/!5988418
## AUTOREN
Pascal Beucker
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