# taz.de -- GDL-Streik angekündigt: Streikwelle rollt auf Bahnkunden zu | |
> Die Tarifverhandlungen der Lokführer*innengewerkschaft GDL mit der | |
> Bahn sind gescheitert. Auf was müssen sich Kund*innen jetzt einstellen? | |
Bild: Nächste Eskalationsstufe: GDL-Chef Claus Weselsky bei der Pressekonferen… | |
Die Tarifverhandlungen der Lokführer:innengewerkschaft GDL mit der | |
Deutschen Bahn sind erneut gescheitert. Auf was müssen sich die | |
Bahnkund:innen jetzt einstellen? | |
Unmittelbar bevor steht zunächst ein jeweils 35-stündiger Streik: für den | |
Personenverkehr ab Donnerstag um 2 Uhr morgens bis Freitag um 13 Uhr. Der | |
Güterverkehr wird bereits ab Mittwoch um 18 Uhr bis Freitag 5 Uhr | |
bestreikt. Die Streikdauer hat einen demonstrativen Charakter: Die GDL will | |
damit auf ihre zentrale Forderung hinweisen, den [1][Einstieg in die | |
35-Stunden-Woche]. | |
Und wie geht es dann weiter? | |
Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Bahn bessert ihr bisheriges | |
Angebot an die GDL nach und ermöglicht dadurch die Wiederaufnahme von | |
Verhandlungen. Oder die GDL weitet ihre Streikaktivitäten aus – was die | |
wahrscheinlichere Variante ist. In diesem Fall wird es schwer werden, in | |
der nächsten Zeit überhaupt noch Bahnfahrten zu planen. | |
Warum? | |
Falls die DB nicht einlenkt, dann plant die Gewerkschaft, ihren | |
Arbeitskampf in Form von „Wellenstreiks“ fortzusetzen, hat GDL-Chef Claus | |
Weselsky am Montag angekündigt. Das heißt, dass er immer wieder kurzfristig | |
zu Streiks aufrufen will, wobei Weselsky offen gelassen hat, wie lange sie | |
jeweils dauern werden. Ausdrücklich wies er aber daraufhin, dass eine | |
rechtzeitige Information der Reisenden dann nicht mehr gewährleistet werden | |
könne. Damit würde Bahnfahren zu einem Vabanquespiel, zumal es der DB durch | |
die fehlende Vorlaufzeit deutlich erschwert wird, Notfahrpläne | |
aufzustellen. | |
Was verspricht sich die GDL davon? | |
Bereits Mitte Dezember haben in einer Urabstimmung 97 Prozent der bei der | |
DB beschäftigten GDL-Mitglieder dem Gewerkschaftsvorstand die Möglichkeit | |
eingeräumt, nicht mehr nur zu Warnstreiks, sondern zu einem unbefristeten | |
Streik aufzurufen. Dass sich Weselsky entschlossen hat, nicht in einen | |
„klassischen“ langen Erzwingungsstreik am Stück zu gehen, hat für die | |
Gewerkschaft vor allem einen großen Vorteil: Der geplante Wellenstreik ist | |
wesentlich kostengünstiger als ein Dauerstreik, weil dadurch weniger | |
Streikgeld ausgezahlt werden muss. Dadurch lässt er sich deutlich länger | |
durchhalten. Die Wirkung ist jedoch aufgrund der Unberechenbarkeit | |
vergleichbar heftig. | |
Warum werden Deutsche Bahn und GDL sich nicht einig? | |
Darauf gibt es zwei Antworten: Für die Deutsche Bahn ist daran die GDL | |
schuld, die sich in den schon seit Herbst 2023 laufenden Tarifverhandlungen | |
„keinen einzigen Millimeter bewegt“ habe, wie es DB-Personalvorstand Martin | |
Seiler formuliert. „Die Maximalforderungen der GDL sind jedoch unerfüllbar | |
und gefährden massiv das Eisenbahnsystem“, so Seiler. | |
Die Gewerkschaft sieht das hingegen völlig anders. „Es ist die GDL, die in | |
dieser Tarifrunde bereits umfangreiche Zugeständnisse gemacht hat, und es | |
ist der Bahnvorstand, der sich keinen Millimeter bewegt und die | |
GDL-Mitglieder in weitere Streiks treibt,“ so Weselsky. | |
Wer hat recht? | |
Darauf gibt es keine einfache Antwort. Zum einen ist die Behauptung des | |
Bahnvorstands eindeutig falsch, dass sich die GDL nicht bewegt habe. Denn | |
ursprünglich hatte sie im Kern eine monatliche Lohnerhöhung um 555 Euro | |
brutto sowie eine Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche | |
für Schichtarbeiter:innen gefordert – und zwar rückwirkend ab Beginn | |
der Tarifrunde am 1. November 2023. | |
Inzwischen ist die GDL bereit zu einem Abschluss auf der Basis der | |
Tarifeinigungen, die sie bereits mit 28 kleineren | |
Eisenbahnverkehrsunternehmen erzielt hat. Ein Beispiel ist die Vereinbarung | |
mit Abellio. Danach erhöht sich dort das monatliche Grundgehalt zum 1. Mai | |
2024 um 240 Euro und um weitere 180 Euro zum 1. Februar 2025. Die | |
Wochenarbeitszeit soll für Mitarbeiter:innen im Schichtdienst bei | |
vollem Lohnausgleich schrittweise in vier Stufen bis zum 1. Januar 2028 von | |
38 auf 35 Stunden reduziert werden. | |
Zum anderen hat sich auch die DB bewegt. Eingestiegen war sie in die | |
Verhandlungen mit einem – offenkundig taktisch motivierten – Angebot, das | |
deutlich unter dem Abschluss lag, den sie mit der Eisenbahn- und | |
Verkehrsgewerkschaft (EVG) Ende August 2023 vereinbart hatte. Inzwischen | |
zeigt sich der Bahnvorstand bereit, auch der GDL eine zweistufige | |
Lohnerhöhung von insgesamt 410 Euro zuzugestehen – allerdings soll es die | |
erst ab August 2024 nach neun Nullrunden geben, also Monaten ohne | |
Lohnerhöhung. In Zeiten von Inflation bedeutet das einen Reallohnverlust. | |
Beim Lohn scheinen beide Seiten also gar nicht mehr so weit auseinander. | |
Was ist dann das Problem? | |
Der entscheidende Knackpunkt ist die Frage der Arbeitszeitverkürzung: | |
Angeboten hat die DB bisher nur eine Absenkung auf 37 Stunden ab 2026 – und | |
zwar ohne Lohnausgleich, und auch nur für die Lokführer:innen und das | |
Zugpersonal, also nicht für alle Schichtarbeiter:innen. In der gerade | |
gescheiterten Verhandlungsrunde hatten der frühere Bundesinnenminister | |
Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther | |
(beide CDU), die als Moderatoren hinzugezogen waren, einen | |
Kompromissvorschlag gemacht: Sie schlugen vor, die Wochenarbeitszeit um | |
eine Stunde mit Lohnausgleich zu verkürzen. Die Reduzierung um eine weitere | |
halbe Stunde, oder aber mehr Geld, könne es als Wahlmöglichkeit geben, | |
schlugen sie außerdem vor. Das reichte der GDL jedoch nicht aus. | |
Wie geht es jetzt weiter? | |
Nicht nur wegen des vergifteten Klimas zwischen Bahnvorstand und GDL | |
scheint eine Lösung des Konflikts nicht in Sicht. Ein großer Haken sind die | |
Zwänge, in der sich die beiden Verhandlungspartner befinden: Der | |
Bahnvorstand will sich keinen Tarifabschluss mit der kleineren GDL leisten, | |
der die größere EVG brüskieren könnte. Die GDL will unbedingt vermeiden, | |
einen schlechteren Abschluss mit der DB als mit den anderen | |
Verkehrsunternehmen zu machen, denn aufgrund einer Wettbewerbsklausel | |
würden sich dann auch diese Verträge entsprechend verschlechtern. | |
4 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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