# taz.de -- Bundestagsbeschluss zu Israel-Boykott: 240 Akademiker gegen BDS-Vot… | |
> Namhafte israelische und jüdische Wissenschaftler werfen dem Bundestag | |
> vor, sich im Kampf gegen BDS instrumentalisieren zu lassen. | |
Bild: Geht es beim BDS-Streit um Antisemitismus in Deutschland? Oder um den Nah… | |
BERLIN taz | Die Kritik an der Verurteilung der Boykottbewegung BDS durch | |
den deutschen Bundestag reißt nicht ab. Der [1][Beschluss] der | |
Parlamentarier helfe im Kampf gegen Antisemitismus nicht weiter, schreiben | |
240 israelische und jüdische Wissenschaftler in einer an die | |
Bundesregierung adressierten [2][Stellungnahme] (auf Deutsch [3][hier]). | |
Eine Sprecherin bestätigte gegenüber der taz am Mittwoch, das Schreiben | |
erhalten zu haben. Unter den Unterzeichnern sind namhafte Antisemitismus- | |
und Holocaustforscher von Universitäten in Israel und den USA. | |
„Wir lehnen die trügerische Behauptung ab, BDS sei als solches | |
antisemitisch, und bekräftigen, dass Boykotte ein legitimes und | |
gewaltfreies Mittel des Widerstands sind“, heißt es in dem Schreiben. BDS | |
steht für „Boykott, Abzug von Investitionen und Sanktionen“. Die Fraktionen | |
von Union, SPD, FDP und Grünen [4][hatten in ihrem am 17. Mai beschlossenen | |
Antrag argumentiert], dass Boykottaufrufe an Nazi-Parolen erinnerten und | |
die „Argumentationsmuster und Methoden“ der BDS-Bewegung antisemitisch | |
seien. | |
In dem Schreiben an die Bundesregierung heißt es weiter, der Beschluss | |
ignoriere, dass BDS sich explizit gegen „alle Formen des Rassismus, | |
einschließlich Antisemitismus“ ausspreche. Die drei Ziele des | |
[5][BDS-Aufrufs von 2005] – Ende der Besatzung der palästinensischen | |
Gebiete, Gleichstellung palästinensischer Bürger Israels und Recht auf | |
Rückkehr von Flüchtlingen – seien völkerrechtlich verbrieft, auch wenn | |
letzteres „diskussionswürdig“ sei. | |
Den deutschen Parlamentariern werfen die Akademiker vor, nicht in erster | |
Linie Antisemitismus bekämpfen zu wollen. „Wir kommen zu dem Schluss, dass | |
der Anstieg des Antisemitismus eindeutig nicht die Sorge ist, die den (..) | |
Antrag inspiriert hat. Im Gegenteil, dieser Antrag ist von den politischen | |
Interessen (…) der Regierung Israels angetrieben.“ Der Kampf gegen | |
Antisemitismus werde instrumentalisiert, „um die Politik der israelischen | |
Regierung zu schützen, die schwere Menschenrechtsverletzungen verursacht | |
und die Chancen auf Frieden zerstört.“ | |
Die Bundesregierung rufen die Unterzeichner des maßgeblich vom israelischen | |
Historiker Amos Goldberg initiierten Schreibens auf, den | |
Parlamentsbeschluss nicht zu übernehmen. Insbesondere Innenpolitiker | |
drängen informierten Kreisen zufolge auf einen ähnlich lautenden Beschluss | |
des Bundeskabinetts, was der Ächtung von BDS weiteres Gewicht verleihen | |
würde. | |
## Nahostexperten sprechen von „Kampagne“ | |
Am Dienstag hatten mehr als ein Dutzend Nahostexperten von deutschen | |
Universitäten „die pauschale Verurteilung der BDS-Bewegung“ [6][in einer | |
gemeinsamen Stellungnahme kritisiert]. Sie räumten ein, dass bei einer | |
„Sammlungsbewegung wie BDS“ nicht ausgeschlossen werden könne, dass | |
einzelne Aktivisten von Judenhass motiviert seien. Der Beschluss aber | |
stigmatisiere die gesamte Bewegung, schränke die Meinungsfreiheit | |
möglicherweise über Gebühr ein und differenziere mit seiner Verurteilung | |
jeglicher Boykottaufrufe nicht zwischen Israel und den besetzen Gebieten. | |
Auch sie warfen den Abgeordneten vor, einer „breit angelegten Kampagne der | |
israelischen Regierung“ gefolgt zu sein, die darauf abziele, Kritik an | |
israelischer Regierungspolitik pauschal als antisemitisch zu | |
diskreditieren, um so ihre Lesart der nahöstlichen Geschichte | |
durchzusetzen. Sie riefen zu einer „konstruktiven Debatte über eine | |
Konfliktregelung in Nahost“ auf. | |
Zuvor hatten sich bereits zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen | |
in den von Israel besetzten Gebieten [7][gegen den Bundestagsbeschluss | |
ausgesprochen]. Die israelische Regierung hatte die Entscheidung dagegen | |
als wichtigen Schritt im Kampf gegen Antisemitismus begrüßt. Regierungschef | |
Benjamin Netanjahu erklärte, er hoffe, dass der Beschluss konkrete Schritte | |
nach sich ziehe. Parlamente in anderen Staaten forderte er auf, es dem | |
Bundestag gleichzutun. | |
5 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892 | |
[2] https://de.scribd.com/document/412475185/Call-by-240-Jewish-and-Israeli-sch… | |
[3] https://de.scribd.com/document/412474418/Aufruf-von-240-Judischen-und-Israe… | |
[4] /Antrag-zu-BDS-Kampagne/!5595802 | |
[5] https://bdsmovement.net/call | |
[6] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/israel-boykott-bds-antisemi… | |
[7] /Reaktionen-auf-BDS-Beschluss/!5598611 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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