# taz.de -- Bundespräsidentenwahl in Österreich: Völkisch mit Fassade | |
> Norbert Hofers Parlamentsbüro ist ein Biotop für Leute, die man als | |
> Schnittstelle zum Neonazi-Milieu sehen kann. Er kann aber auch anders. | |
Bild: Der Blaue: Norbert Hofer | |
Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern: Im Interview mit der Mainstreampresse | |
gibt Norbert Hofer den Moderaten, der das Präsidentenamt aufwerten will. | |
Tritt er vor sein Parteivolk, lässt er gern die Sau raus, verspricht eine | |
gloriose Zukunft, in der mit Bundespräsident, Bundeskanzler und erstem | |
Präsidenten des Nationalrats die drei höchsten Ämter des Landes in der Hand | |
der FPÖ sein werden. | |
Flüchtlinge sind für den 1971 Geborenen „Invasoren“, die den lächerlichen | |
Maschendrahtzaun an der Grenze umgehen werden: „Wir brauchen einen | |
Grenzzaun, wie es ihn in Ungarn gibt!“ Dass er als Präsident seine | |
verfassungsmäßigen Vollmachten ausreizen würde, hat er immer wieder betont. | |
Heißt: Regierungen entlassen, die nicht auf sein Kommando hören. | |
Im Nationalrat, wo er die Funktion des dritten Präsidenten bekleidet, wurde | |
Hofer erstmals im September 2013 auffällig, als er eine Anfrage zu | |
Chemtrails, dem Lieblingsaufreger von Verschwörungstheoretikern, stellte. | |
Danach sind Kondensstreifen am Himmel auf giftige Chemikalien zu | |
militärischen Zwecken oder zur Bevölkerungsreduktion zurückzuführen. Im | |
Interview stellt er die Sache heute ganz anders dar: „Ich bin | |
Flugzeugtechniker und kann klar sagen, dass es in Österreich keine | |
Wetterbeeinflussung durch Chemtrails gibt. Ich habe die Anfrage | |
eingebracht, um eben das zu bestätigen.“ | |
Wenn er im Knopfloch eine Kornblume trägt, dann schmückt er sich keineswegs | |
aus ideologischer Verwandtschaft mit dem von Österreichs Nazis punzierten | |
Blümchen – obwohl diese die Blume von 1933 bis 1938 als | |
Ersatzerkennungszeichen für das damals verbotene Hakenkreuz verwendeten. | |
Mit Sympathien für Rechte hat nicht zu tun, dass Hofer anlässlich der | |
Ausstellung über Kriegsverbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg 1997 | |
warnte: „Es werden wieder einmal Schulklassen zu den Veranstaltungen | |
gekarrt, um Kinder mit dem perversen Exhibitionismus der | |
staatssubventionierten Linken zwangszubeglücken“. | |
Und auch wenn Hofer als Lieblingsmaler einen gewissen Odin Wiesinger nennt, | |
outet er sich natürlich nicht als Blut-und-Boden-Nostalgiker. Wiesinger, | |
der immer wieder für die rechtsextreme Zeitschrift Aula arbeitet, | |
fabriziert martialische Burschenschafterporträts und Poster mit | |
Frakturschrift, bei denen man sich 80 Jahre zurückversetzt fühlt. Eine | |
seiner Werkreihen trägt den vielsagenden Namen „Endsieg“. | |
Gegen den Islam machte Hofer schon vor 20 Jahren als Parteisekretär im | |
Burgenland mobil. In der Gemeinde Parndorf demonstrierte er gegen eine | |
Moschee und warnte vor einem „Zuwandererboom von Muslimen“. Es ging um | |
einen Gebetsraum von 55 Quadratmetern. | |
## Schon der Vater pflegte Weltkriegsnostalgie | |
Norbert Hofer entstammt einer freiheitlichen Familie im burgenländischen | |
Pinkafeld. Vater Gerwald war FPÖ-Gemeinderat und Vorsitzender des | |
freiheitlichen Seniorenrings, der in der Lokalpresse auch | |
Weltkriegsnostalgie pflegte. Sohn Norbert sollte später versuchen, das | |
NS-Verbotsgesetz via Volksabstimmung abzuschaffen, weil es sich „ein | |
bisschen mit der Meinungsfreiheit spießt“. | |
Schon als Jugendlicher war Hofer von der Fliegerei fasziniert. Mit 17 hatte | |
er den Pilotenschein für Segelflieger. Nach dem Wehrdienst, den er immer | |
mit Stolz erwähnt, fand er als Flugzeugtechniker in den Dienst der Lauda | |
Air. Der Traum vom Fliegen sollte ihn fast das Leben kosten. 2003 stürzte | |
er mit einem Paragleiter ab und erlitt eine Querschnittslähmung. Nach einem | |
Jahr in Krankenhäusern und einer Reha-Klinik konnte er am Stock gehen. | |
Seine politische Karriere hob da erst richtig ab. Jahrelang bekleidete er | |
Funktionen auf Gemeinde- und Landesebene im Burgenland. Als Jörg Haider | |
2005 die Partei spaltete und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gründete, | |
blieb Hofer der FPÖ treu, stieg auf und wurde schließlich einer der | |
Stellvertreter des Bundesparteiobmanns Heinz-Christian Strache. | |
Norbert Hofers Parlamentsbüro ist ein Biotop für Leute, die man als | |
Schnittstelle zum Neonazi-Milieu sehen kann. Das Handbuch Freiheitliche | |
Politik, das Hofers Handschrift trägt, möchte Sozialleistungen an die | |
Staatsbürgerschaft koppeln. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei | |
der Pension soll nur für die „autochthone Bevölkerung“ möglich sein. | |
Österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund wären also | |
ausgeschlossen. Solche Einschränkungen für Zuwanderer und ihre Nachkommen | |
seien „Zum Überleben unseres Volkes“ erforderlich. | |
21 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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