# taz.de -- Arbeitsmarkt und Integration: Erste Wiener Jobmesse für Geflüchte… | |
> Integration funktioniert oft über den Arbeitsplatz. In Wien bringt eine | |
> private Initiative Arbeitsuchende und Unternehmen zusammen. | |
Bild: Sprachkurs für Flüchtlinge ein Wien | |
Wien taz | Großes Gedränge herrscht am Mittwoch früh vor dem Stand des | |
Telekom-Anbieters A1 im Wiener Messepalast. Frauen mit Kopftuch stehen hier | |
an und junge Männer ausländischer Herkunft – auf der Suche nach einem | |
Arbeitsplatz. Weniger Gedränge herrscht noch vor der Vertretung von Siemens | |
und dem Reifenhersteller Semperit. „chancen:reich“, Österreichs erste | |
Jobmesse für Flüchtlinge, ist, zumindest was die Teilnahme betrifft, ein | |
voller Erfolg. | |
Stephanie Cox und Leo Widrich, die die Veranstaltung initiiert haben, sind | |
überwältigt. In der Halle ist es schon eine halbe Stunde nach Eröffnung | |
eng, vor dem Eingang steht noch eine enorme Schlange. Es geht darum, | |
Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis an Dienstgeber zu vermitteln. 50 | |
Unternehmen und 20 Beratungsfirmen sind vertreten. Mehr als 100 | |
Jobinterviews wurden bereits vorab vereinbart, sagt Cox. | |
Die Einzelhandelsketten Rewe und Spar sind ebenso vertreten wie der | |
schwedische Möbelriese Ikea, der Jobs in Logistik, Verkauf und im | |
Restaurant zu bieten hat. Der Tiroler Kristallschmuckhersteller Swarowski | |
sucht hochqualifizierte Mitarbeiter. Magdas Hotel der Caritas nimmt auch | |
ungelernte Kräfte für die Küche. Die Wirtschaftsagentur Wien unterstützt | |
Gründer bei der Umsetzung von Geschäftsideen. | |
Cox, eine junge Unternehmensberaterin, die in Berlin lebt, hat sich mit dem | |
25-jährigen Widrich zusammengetan, der in San Francisco das IT-Unternehmen | |
Buffer betreibt. Als sie sich im Winter in Wien trafen, hatte der | |
Flüchtlingstreck über die Balkanroute den Höhepunkt überschritten. Aber | |
Freiwillige wurden noch gebraucht. Spontan entschlossen sie sich, einen | |
Nachmittag beim Roten Kreuz bei der Essenausgabe zu helfen. Dann überlegten | |
sie, ob man nicht qualifiziertere Arbeiten für die Asylsuchenden anbieten | |
könne. „Alles ist immer auf die Jobsuche hinausgelaufen“, sagt Widrich. | |
„Integration muss über den Arbeitsmarkt geschehen. Es ist wichtig, neue | |
Perspektiven für Geflüchtete und Unternehmen zu schaffen.“ | |
## Workshops in Arabisch und Farsi | |
Mit dem Vorschlag, eine Jobmesse ins Leben zu rufen, wandten sie sich an | |
den Arbeitsmarktservice (AMS). Dort fand man die Idee gut, schätzte die | |
Vorbereitungszeit aber auf anderthalb bis zwei Jahre. So entschlossen sich | |
die beiden, die Organisation selbst in die Hand zu nehmen. 16 Ehrenamtliche | |
halfen drei Monate lang; 150 unterstützen die Jobmesse. | |
In den ehemaligen kaiserlichen Hofstallungen kann man Kontakte anbahnen und | |
Beratungsgespräche führen, aber auch Workshops in Arabisch und Farsi über | |
Unternehmensgründungen in Österreich besuchen oder lernen, wie man ein | |
Bewerbungsschreiben aufsetzt. | |
Der 31-jährige Jwan aus Qamischli in Syrisch-Kurdistan ist IT-Experte und | |
seit einem Monat asylberechtigt. Über einen Freund hat er von der Messe | |
erfahren und schon mehrere Kontakte geknüpft. Shukri aus Somalia hat einen | |
Job in einem Hotel gefunden. Der 20-jährige Sameh aus Kabul macht bereits | |
eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Spar. | |
Muna Duzdar, Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, sieht sich in ihrer | |
Meinung bestätigt, dass die Flüchtlinge arbeiten wollen: „Diejenigen, die | |
immer aufschreien, dass diese Leute nur ins Sozialsystem wollen, sind oft | |
dieselben, die sich aufregen, dass sie ihnen den Arbeitsplatz wegnehmen.“ | |
29 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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