| # taz.de -- Bundesgericht zum Parken auf dem Gehweg: Kein Recht auf Falschparken | |
| > Das Bundesverwaltungsgericht gibt Klägern recht, die gegen zugeparkte | |
| > Gehwege klagten. Die Behörde kündigt Konkretes an – und lässt wenig | |
| > folgen. | |
| Bild: Schon lange ein Problem: Für Mensch mit Hund reicht der gute Meter Gehwe… | |
| Bremen taz | Es wird seit Jahren geduldet, nicht nur in Bremen, ist aber | |
| eigentlich verboten: das Parken auf dem Gehweg, auch aufgesetztes Parken | |
| genannt. Ein [1][Urteil vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig] macht nun | |
| klar: Die Behörde vor Ort darf dies nicht einfach so hinnehmen, ein | |
| Gewohnheitsrecht fürs Falschparken gibt es nicht. [2][Geklagt hatten | |
| mehrere Bremer*innen], die das Problem direkt vor ihrer Haustür haben. | |
| Das Gericht erkennt an, dass die klagenden Anwohner*innen Anspruch | |
| darauf haben, dass die Behörde etwas tut und das Verbot gemäß | |
| Straßenverkehrsordnung (StVO) letztlich auch durchsetzt. Weil ihre | |
| Ressourcen begrenzt seien, könne die Behörde aber mit einem Konzept für ein | |
| stadtweites Vorgehen in den am stärksten betroffenen Quartieren anfangen. | |
| Dass die Bremer Kläger*innen dadurch die Beeinträchtigungen vor der | |
| eigenen Haustür zunächst weiter dulden müssten, „belastet sie nicht | |
| unverhältnismäßig“, so das Leipziger Urteil. Zumindest, solange das Konzept | |
| „tatsächlich und nachvollziehbar“ umgesetzt werde. | |
| Der Umstand, dass die Behörde das Gehwegparken seit Jahren duldet, ändere | |
| nichts; „ein ‚Gewohnheitsrecht‘ auf Gehwegparken wird dadurch nicht | |
| begründet“. Die auf den Gehwegen abgestellten Autos „nehmen einen | |
| Verkehrsraum in Anspruch, der Fußgängern zugewiesen ist“. | |
| ## Unklar, wie viel Geweg übrig bleiben muss | |
| Das Gericht macht deutlich: „Das Interesse der parkenden Verkehrsteilnehmer | |
| an einer ungehinderten Fortsetzung ihres rechtswidrigen Verhaltens ist | |
| nicht schutzwürdig.“ Die langjährige generelle Duldung des Falschparkens | |
| könne allerdings erfordern, geplante Maßnahmen anzukündigen. Die Behörde | |
| müsse zudem die Auswirkungen „auf andere Straßen und deren Anwohner | |
| berücksichtigen“. Mögliche Maßnahme wäre etwa ein einseitiges Halteverbot, | |
| „das faktisch das Parken auf dem Gehweg verhindern würde.“ | |
| Eine genaue Angabe, wie viel Gehweg übrig bleiben muss, machte das Gericht | |
| nicht. Erforderlich sei stets „eine Gesamtwürdigung der jeweiligen | |
| Umstände“ – etwa die Länge und Dauer der Engstelle und die Dichte vom | |
| Fußverkehr. | |
| [3][Von 2019 bis Sommer 2024 hatten sich mehrere Bremer*innen aus | |
| besonders zugeparkten Stadtteilen durch alle gerichtlichen Instanzen | |
| geklagt]. Ihr Ziel: die Verkehrsbehörde dazu zu bringen, gegen das | |
| Gehwegparken vorzugehen. | |
| Die Bürger*innen bekamen, mit gewissen Einschränkungen, Recht. Beide | |
| Parteien legten wiederholt Rechtsmittel ein; die damals noch grüne | |
| Verkehrssenatorin Maike Schaefer wohl, weil sie das Thema auf die | |
| bundespolitische Agenda heben wollte. Die Bürger*innen, weil ihnen der | |
| Spielraum missfiel, der der Behörde durch das Urteil eingeräumt worden war. | |
| Das Bundesverwaltungsgericht urteilte Anfang Juni, jetzt veröffentlichte | |
| es die Urteilsbegründung. | |
| Schon kurz nach der Verkündung im Juni verbuchte die neue | |
| Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) das Urteil als Bestätigung für ihr | |
| „ganzheitliches, konzeptionelles Vorgehen“. Man habe zunächst die am | |
| stärksten belasteten Quartiere ermittelt, Straßen mit besonders geringer | |
| Restgehweg- und Fahrbahnbreite priorisiert. | |
| Seither gebe es vermehrt Kontrollen; hauptsächlich, um die | |
| Rettungssicherheit zu gewährleisten. Man verkündete, dass das Urteil | |
| endlich Rechtssicherheit im Umgang mit dem illegalen Gehwegparken schaffe – | |
| konkretere Pläne sollten erst nach der Veröffentlichung der | |
| Urteilsbegründung feststehen. | |
| Jetzt müssten also konkrete Pläne vorliegen. Man habe die Urteilsbegründung | |
| Ende September erhalten, heißt es nun aus dem Mobilitätsressort. Die | |
| Senatorin stehe nicht für ein Gespräch zur Verfügung. Man analysiere nun, | |
| was der Inhalt für Konsequenzen habe und werde „voraussichtlich im Laufe | |
| des Oktobers“ über konkrete Maßnahmen entscheiden. Auch das Innenressort | |
| ist beteiligt. | |
| Ende des Jahres wird dem Senat zudem eine Studie zur Machbarkeit vom | |
| Quartiersparken vorliegen. Sie soll feststellen, wo in besonders dichten | |
| Stadtteilen außerhalb des öffentlichen Raumes – etwa vor Supermärkten, | |
| Kirchen und Sportvereinen – Parkraum geschaffen werden kann. | |
| ## Schub für die Verkehrswende | |
| Für den Naturschutzbund BUND Bremen ist die Entscheidung ein „Schub für die | |
| längst überfällige Verkehrswende“. Mit ihrer Klage hätten die | |
| Bürger*innen eine Gerichtsentscheidung mit bundespolitischer Bedeutung | |
| herbeigeführt, sagt der Vorsitzende Dieter Mazur. „Politik und Behörden | |
| werden in Bremen, aber auch in vielen anderen deutschen Großstädten endlich | |
| Maßnahmen ergreifen müssen, um den Verkehrsraum neu zu ordnen.“ | |
| Wie auch die Grünen-Fraktion betont Mazur, dass das Urteil eine gute | |
| Nachricht sei für Fußgänger*innen, Kinder, Menschen im Rollstuhl, mit | |
| Rollator oder Kinderwagen. Ralph Saxe, verkehrspolitischer Sprecher der | |
| Grünen, pocht auf eine zeitnahe Umsetzung durch den Senat. „Gleichzeitig | |
| müssen attraktive Alternativen wie Car- und Bikesharing gestärkt werden, | |
| um Mobilität im Quartier attraktiv zu gestalten.“ | |
| 10 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Illegales-Parken-auf-dem-Gehweg/!6015726 | |
| [2] /Bremen-will-Rettungswege-frei-machen/!5968423 | |
| [3] /Bremens-SPD-und-Gruene-im-Streit/!5917462 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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