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# taz.de -- Bündnis will neue Flüchtlingspolitik: Solidarität gegen Seehofer
> Das Bündnis Solidarische Stadt Hamburg fordert die Rettung Geflüchteter.
> Die Stadt mauert, während Bremen so etwas zumindest nicht ausschließt.
Bild: Die Stadt soll ihre Spielräume nutzen: Protestaktion in Hamburg im Novem…
Hamburg taz | Geht es nach dem Bündnis „Solidarische Stadt Hamburg“, muss
die Stadt in ihrer Flüchtlingspolitik radikal umsteuern. Die bisherige
Bilanz – elf [1][aus griechischen Flüchtlingslagern aufgenommene
Geflüchtete] in den vergangenen acht Monaten – nennt Harald Möller-Santner
vom [2][Soli-Bündnis] „beschämend und einer reichen Stadt wie Hamburg
unwürdig“.
Zwar beteuere der Senat nach wie vor, Hamburg sei „Sicherer Hafen“ und
solidarische Stadt, und [3][Innensenator Andy Grote (SPD)] habe sogar
erklärt, Hamburg könne 3.000 Geflüchtete aufnehmen. Tatsächlich rede sich
der Senat aber „damit heraus, dass Seehofer nun einmal das letzte Wort über
die Einreise von Asylsuchenden habe“.
Dieses argumentative Schlupfloch ließe sich schließen – mit dem Vorschlag,
dass Hamburg ein Landesaufnahmeprogramm für mindestens 1.000 Flüchtlinge
aus einem Nicht-EU-Staat, etwa Libyen, auflegt. Damit, so hofft
Möller-Santner, wäre es nicht länger möglich, sich hinter [4][Seehofers
Beharren] auf einer europäischen Lösung zu verstecken. Denn für ein solches
Programm greife das EU-Asylrecht nicht.
Dabei will das Bündnis mit seinen Partnern aber keinesfalls die Forderung
fallenlassen, mindestens 1.000 Menschen aus Moria aufzunehmen – das
geforderte neue Hamburgische Landesprogramm soll eine Ergänzung dazu sein.
Unterstützung für das Projekt kommt von der [5][Juristin Helene Heuser],
die [6][an der Hamburger Uni zu „Städten der Zuflucht“ forscht]. Sie
schreibt auf Anfrage der taz, dass das Bundesinnenministerium einem solchen
Landesprogramm „eigentlich zustimmen müsste“.
Denn: „Eine Aufnahme durch die Bundesländer aus EU-Staaten ist gemäß § 23
Abs. 1 Aufenthaltsgesetz rechtlich unstreitig zulässig. Die von Seehofer
ins Feld geführte Bundeseinheitlichkeit erlaubt es außerdem nicht, dass der
Bund seine Aufnahmepolitik zum Maß für die Bundesländer erhebe“. Seehofers
Ablehnung sei im Ergebnis nicht juristisch, sondern politisch begründet.
„Hierfür muss er die politische Verantwortung tragen, anstatt rechtliche
Gründe vorzuschieben.“
## Mindestens 1.000 Menschen aus Moria
Das Hamburger Bündnis fordert außerdem, dass der Senat die Länder Berlin
und Thüringen unterstützt, „indem er Position bezieht zu dem Verbot ihrer
humanitären Landesaufnahmeprogramme und das Recht der Länder verteidigt,
über diese souverän zu entscheiden“.
Fragt man beim Senat dazu nach, so ist er weit davon entfernt, kritisch
Position zu beziehen. „Der Senat kommentiert grundsätzlich nicht
Entscheidungen von anderen Bundesländern“, schreibt Sprecherin Julia Offen.
Hamburg habe sich „auf Bundesebene sehr – mehrfach und auch schriftlich –
dafür eingesetzt, dass bei uns Geflüchtete von den griechischen Inseln
aufgenommen werden können“. Ob der Senat ein Landesprogramm erwäge? Die
Antwort ist eindeutig: „Derzeit nicht.“
Dabei ist die Forderung, 1.000 Geflüchtete aufzunehmen alt: Möller-Santner
erinnert daran, dass sie unter dem Motto [7][„Hamburg hat Platz“] schon
2016 erhoben wurde. Und sie wird von den Jugendorganisationen der
Senatsparteien, also Jusos und Grüner Jugend, ganz explizit erhoben. In
einer [8][Erklärung vom Mai 2020] fordern sie den Hamburger Senat dazu auf,
„schnellstmöglich mindestens 1.000 Menschen – zum Beispiel über ein eigen…
Landesaufnahmeprogramm – aus den Lagern auf den griechischen Inseln zu
evakuieren“.
2018 hatten [9][die Bürgermeister von Hamburg, Bremen und Berlin] noch
bekräftigt, zur Verantwortung ihrer Städte als sicherem Hafen stehen zu
wollen. Berlin hat seitdem ein eigenes Landesprogramm angekündigt und will
nun gegen dessen Verbot klagen.
In Bremen, wo man bislang vier Kinder mit drei Angehörigen [10][aufgenommen
hat], zeigt man sich nicht ganz so wortkarg wie in Hamburg. „Ich verstehe
nicht, wie man sich der Bereitschaft der Länder verschließen kann, den
Menschen in größter Not zu helfen“, hatte [11][Sozialsenatorin Anja
Stahmann (Grüne)] nach dem Seehofer-Veto auch für das thüringische
Landesprogramm erklärt. „Der Bund täte gut daran, die Angebote humanitärer
Hilfe für die gestrandeten Menschen auf dem Europäischen Kontinent zu
fördern statt sie zu behindern.“
## Bremen will sich „weiter einsetzen“
Laut Stahmanns Sprecher David Lukaßen wird der Bremer Senat „beraten, wie
es nun weitergeht, insbesondere bezüglich möglicher Initiativen Thüringens
oder Berlins im Bundesrat“. Bremen werde sich weiter für eine Aufnahme
Geflüchteter einsetzen. Und eines ist zumindest nicht ausgeschlossen: „Ob
hier der Weg eines Landesprogramms beschritten wird, ist dann zu
entscheiden“, schreibt Lukaßen.
In Hamburg sind solche Töne derzeit nicht zu hören. Trotzdem, oder gerade
deshalb, fordert das Bündnis Solidarische Stadt, dass Hamburg „endlich den
Konflikt mit der Abschottungshaltung des Bundesinnenministeriums und der
Bundesregierung suchen und seine Spielräume innerhalb der föderalen
Verfassung nutzen“.
30 Aug 2020
## LINKS
[1] /Ankunft-Gefluechteter-in-Hamburg/!5704830
[2] https://solistadt.hamburg/
[3] /!s=%22Andy+Grote%22/
[4] /Aufnahme-von-Fluechtlingen-in-Kommunen/!5660625
[5] https://www.jura.uni-hamburg.de/die-fakultaet/personenverzeichnis/heuser-he…
[6] https://www.jura.uni-hamburg.de/lehrprojekte/law-clinics/refugee-law-clinic…
[7] https://hamburgasyl.de/hamburg-hat-platz/
[8] https://gruenejugendhamburg.de/allgemein/gruene-jugend-hamburg-und-jusos-ha…
[9] /Bekenntnis-zum-sicheren-Hafen/!5538930
[10] /Gefluechtete-aus-Griechenland/!5703783
[11] https://www.soziales.bremen.de/das_ressort/senatorin_anja_stahmann-2445
## AUTOREN
Friederike Gräff
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