| # taz.de -- Empörung über Verfassungsschutz: „Regelmäßige Entgleisungen“ | |
| > Der Chef des Hamburger Verfassungsschutzes hält die „Seebrücke“ für | |
| > linksextremistisch beeinflusst. Die sieht den Vorwurf als Teil einer | |
| > Kampagne. | |
| Bild: Überraschung: Beim Bündnis Seebrücke protestieren auch „Linksextreme… | |
| Hamburg taz | Der Chef des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz, | |
| Torsten Voß, ist keiner, der gern im Verborgenen waltet. Ganz im Gegensatz | |
| zum Bild des verdeckten Schnüfflers lässt sich Voß regelmäßig in der | |
| Öffentlichkeit zu politischen Bewegungen befragen. | |
| Vor wenigen Tagen hat er sich zur [1][Geflüchteten-Initiative Seebrücke | |
| Hamburg] geäußert: Sie sei eine „linksextremistisch beeinflusste | |
| Organisation“, befand er. Nun ist die Empörung der Aktivist*innen darüber | |
| groß. Von einer „Diffamierungskampagne“ ist die Rede. Tatsächlich lässt | |
| sich an den regelmäßigen Äußerungen eine Strategie erkennen. | |
| Eigentlich war Voß am vergangenen Donnerstag in das Hamburg Journal im NDR | |
| eingeladen, um den Einfluss von Rechtsextremen auf Corona-Demos | |
| einzuschätzen. Im Zuge dessen sprach er von deren Versuch, bürgerliche | |
| Themen zu instrumentalisieren. | |
| Weil am Samstag das Bündnis Seebrücke auf dem Rathausmarkt gegen Rassismus | |
| und [2][für die Rechte von Geflüchteten] protestierte, nahm Voß allerdings | |
| auch dieses in seine Einschätzung auf und warnte vor der Seebrücke, weil | |
| sie extremistisch beeinflusst sei. | |
| Dafür bekommt Voß nun Gegenwind. Harald Möller-Santner, der für das | |
| Bündnis Solidarische Stadt Hamburg die Aktionen der Seebrücke organisiert, | |
| hält Voß’ Worte für einen Skandal: „Ich finde es unerhört, | |
| menschenrechtliches Engagement als extremistisch umzudeuten und zu | |
| diffamieren.“ Wer Solidarität für Geflüchtete mit rechtsextremen Umtrieben | |
| gleichsetzt, sei ein „geistiger Brandstifter“. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass der Hamburger Verfassungsschutz | |
| öffentlichkeitswirksam vor Protestveranstaltungen warnt. Ein Wort fällt | |
| dabei immer: Entgrenzung. Damit definiert er eine schwindende Trennschärfe | |
| zwischen extremistischen und nichtextremistischen Bereichen. Mal fällt der | |
| Begriff bei rechtsextremen Umtrieben, mal bei islamistischen Gruppen, dann | |
| wieder bei linken Bündnissen. „Es mag ein wertfreier Begriff sein, aber | |
| dadurch wird immer wieder eine Gleichsetzung mit Rechtsextremen | |
| konstruiert“, sagt Möller-Santner. | |
| Der Verfassungsschutz hält diese öffentlichkeitswirksamen Äußerungen | |
| hingegen für einen ganz normalen Teil ihrer Arbeit. „Unsere Aufgabe ist es, | |
| frühzeitig über extremistische Beeinflussung aufzuklären“, sagt | |
| Amtssprecher Dominic Völz. Linksextreme – konkret die linksradikale | |
| Interventionistische Linke (IL) – instrumentalisiere in diesem Bündnis die | |
| Forderung nach Seenotrettung für eigene Zwecke. | |
| Möller-Santner will nicht ausschließen, dass das Landesamt mit seiner | |
| Strategie Erfolg hat. „Es bleibt in den Köpfen immer ein wenig hängen, wenn | |
| regelmäßig in dieselbe Kerbe gehauen wird“, sagt er. [3][Voriges Jahr erst | |
| hatte das Landesamt behauptet], die IL wolle die | |
| Fridays-for-Future-Proteste instrumentalisieren. | |
| Das Bündnis Seebrücke fordert deshalb die Senatsfraktionen zu einer Debatte | |
| über das Landesamt und seinen Chef auf. „SPD und Grüne sollten sich | |
| überlegen, ob sie diese regelmäßigen Entgleisungen noch länger durchgehen | |
| lassen wollen“, sagt Möller-Santner. | |
| Bei der SPD stößt das nicht auf offene Ohren. Ihr Innensenator Andy Grote | |
| warnte bereits vor Monaten selbst vor der Seebrücke. Und auch die Grünen | |
| üben nur zaghaft Kritik. „Wir sind von der Äußerung irritiert – politisch | |
| bewerten wir die Arbeit der Seebrücke als gesellschaftlich relevant“, sagt | |
| Fraktionschefin Jennifer Jasberg. | |
| 15 Sep 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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