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# taz.de -- Black-Lives-Matter-Logo auf Taxi: Der Aufkleber bleibt
> Zwei Hamburger Taxifahrer*innen streiten mit Behörden um
> Black-Lives-Matter-Sticker. Die Frage: Gilt das Logo als politische
> Werbung?
Bild: Konformität, so weit das Auge reicht: Taxischlange in Hamburg
Hamburg taz | Wenn eine Taxifahrerin den Namen ihres Fußballvereins auf die
Tür ihres Taxis kleben will, kann sie das tun. Genauso könnte jede
Glückskeks-Weisheit dort stehen oder Werbung für Produkte oder Firmen. Was
dort aber nicht stehen darf: ein [1][Black-Lives-Matter]-Motiv. Ein
Taxifahrer-Pärchen aus Hamburg muss sich wohl bald vor Gericht verteidigen,
weil auf ihren Fahrzeugen das Symbol der Bewegung für die Rechte schwarzer
Menschen abgebildet ist.
Christiane und Bernd Nolte haben [2][in den 80er Jahren „Das Taxi“ als
eigenständige linke Genossenschaft gegründet], 2017 wurde der Betrieb von
Hansa Funktaxi geschluckt. Ende der 80er Jahre fuhr die Flotte von „Das
Taxi“ mit taz-Werbung – was erlaubt war, denn die Aufkleber der taz waren
bezahlt und nicht als politisches Statement zu verstehen. Genau hier liegt
für die Hamburger Behörden das Problem mit den
Black-Lives-Matter-Aufdrucken auf den Taxis der Noltes.
Taxifahrer*innen müssen sich an Vorschriften halten, was die
Außengestaltung ihrer Fahrzeuge angeht. Die [3][Verordnung über den Betrieb
von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr] schreibt unter anderem die
Lackierung in dem typischen hell-elfenbeinfarbenen Ton und ein Schild auf
dem Dach vor. Werbung an der Außenfläche ist auf den Türen prinzipiell
zulässig – „politische und religiöse Werbung“ ist allerdings verboten. …
Nahverkehrsbusse gilt das nicht, weshalb etwa die Stadt Hamburg zum
diesjährigen [4][Christopher Street Day] mit viel PR und der
Großunternehmerin Olivia Jones den Pride-Bus in Regenbogenfarben
präsentierte.
Pride-Werbung auf Bussen ist also okay, Werbung für die Rechte Schwarzer
Menschen auf Taxen nicht? „So ist es, obwohl wir natürlich ebenso hinter
dem Anliegen von Black Lives Matter stehen“, sagt der Sprecher der
Hamburger Verkehrsbehörde Dennis Heinert. Bei der Strafandrohung an die
Noltes habe es leider keinen rechtlichen Spielraum gegeben.
## Bis zu 10.000 Euro
Doch das Verbot politischer Werbung hat Christiane Nolte schon im 2015
nicht daran gehindert, Aufkleber der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ auf ihr
Taxi zu kleben. Die Lampedusa-Gruppe von rund 300 Geflüchteten kämpft seit
ihrer Ankunft 2014 in Hamburg um ein kollektives Bleiberecht. Die Aufkleber
brachten Nolte zwei Gerichtsverfahren, die sie verlor, und einen
Bußgeldbescheid ein.
In einem anderen Verfahren hatten die Noltes jedoch Erfolg: 1995 fuhren sie
und sechs andere Mitarbeiter*innen von „Das Taxi“ mit den Aufklebern „Alle
Rassisten sind Arschlöcher. Überall“ der Hamburger Beratungsstelle für
Geflüchtete „Café Exil“. Ein Kollege hatte sie deshalb angezeigt, die
Behörde verhängte 275 Mark Bußgeld gegen die Fahrer*innen. [5][Doch ein
Amtsrichter entschied, dass die Aussage nicht politisch zu werten sei], da
ihr jede*r folgen müsste, der auf dem Boden der Verfassung stünde.
Politische Werbung setze hingegen voraus, „daß sich der Inhalt der Äußerung
von anderen politischen Überzeugungen und Organisationen unterscheiden
läßt. Daran fehlt es.“ Das, meinen die Noltes jetzt, müsste doch auch für
die „Black Lives Matter“-Aufkleber gelten.
Die Rechtsabteilung der Hamburger Verkehrsbehörde sieht das anders. „Ich
rate Ihnen dringend, die Aufkleber sofort – noch heute – von den Taxen zu
entfernen“, schrieb der Justiziar den Noltes im Juli. Sie hatten sich
selbst bei der Behörde gemeldet, um ein erneutes Bußgeld zu vermeiden.
„Wenn eines Ihrer Taxen mit dem Motiv von einem Polizeibeamten oder der
Verkehrsgewerbeaufsicht angetroffen werden sollte, wird eine Anzeige wegen
Verstoßes gegen politische Werbung unausweichlich sein“, droht der
Justiziar. Und wendet sich direkt an Christiane Nolte: „Sie sind ja in der
Vergangenheit bereits mit sogenannten Lampedusa-Aufklebern an Ihren Taxen
aufgefallen.“ Angesichts dieser „einschlägigen Vorbelastung“ würde das
Bußgeld dieses Mal wohl wesentlich höher ausfallen, so der Justiziar – „d…
gesetzliche Rahmen reicht bis zu 10.000 Euro.“ Zudem müsse die Fahrerin
damit rechnen, ihre Zulassung zu verlieren.
Die Noltes, deren Betrieb heute zu Hansa Funktaxi gehört, lassen sich davon
nicht abschrecken. „Wir lassen die Aufkleber dran“, sagt Bernd Nolte der
taz. Nur den Schriftzug „Black Lives Matter“ haben sie vorsichtshalber
entfernt, weil damals beim Lampedusa-Aufkleber negativ zubuche geschlagen
hatte, dass „Lampedusa in Hamburg“ als Verein eingetragen ist. Deshalb
wertete der Richter den Aufkleber als Werbung für einen politischen Verein.
In den USA gibt es mittlerweile auch Black-Lives-Matter-Vereine, weshalb
die Noltes den BLM-Schriftzug entfernten. Das Motiv, auf dem eine schwarze
und eine weiße Hand ineinander greifen, prangt dafür jetzt an allen acht
Taxis ihrer Flotte.
28 Sep 2020
## LINKS
[1] /Black-Lives-Matter-Proteste-in-den-USA/!5703846
[2] /!5558359/
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/bokraft_1975/BJNR015730975.html
[4] /Grenzueberschreitende-Pride-Parade/!5706855
[5] /Rassisten-sind-doch-Arschloecher/!3207936/
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Hamburg
Taxifahrer
Black Lives Matter
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
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