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# taz.de -- Deutsche Flüchtlingspolitik: Kein freundliches Gesicht
> Vor fünf Jahren zeigte Deutschland Menschlichkeit und nahm Geflüchtete
> auf. Heute verweist man lieber auf die fehlende europäische Einigung.
Bild: September 2015, Menschen in Saalfeld machen es vor: Willkommen Geflüchte…
Geschichte wiederholt sich nicht. Als vor genau fünf Jahren Zehntausende
Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern von Ungarn über Österreich die
Bundesrepublik Deutschland erreichten, zeichnete sich die Regierung Merkel
dadurch aus, dass sie diese Menschen nicht abwies, sondern die Grenzen
offen hielt. Deutschland zeigte damit Menschlichkeit. Bundeskanzlerin
Merkel nannte das ein „freundliches Gesicht“, für das sie nicht bereit sei,
sich auch noch zu entschuldigen.
Eine Verständigung mit den europäischen Partnern bei der Verteilung
Geflüchteter erreichte die Bundesregierung in den folgenden Verhandlungen
nicht. Bis heute fehlt ein solcher Mechanismus, und es ist gewiss nicht
Schuld der Bundesregierung, dass dies so ist. Aber diese fehlende Einigung
dient heute zur Begründung dafür, dass sich das Bundesinnenministerium
weigert, ein paar hundert Flüchtlinge mehr als vereinbart aus den
[1][Lagern in Griechenland] in deutsche Städte und Bundesländer zu holen,
die ihre Aufnahmebereitschaft erklärt haben.
Wenn sich in Europa herumspreche, dass alle Flüchtlinge von Deutschland
aufgenommen werden, „dann werden wir nie eine europäische Lösung bekommen�…
sagte Merkel jüngst dazu. Von „allen Flüchtlingen“ kann nicht die Rede
sein. Aber fest steht: Die Menschlichkeit hat wieder Grenzen.
Vor fünf Jahren entschied die Bundesregierung, dass die Aufnahme in Not
geratener Menschen Vorrang vor einer Einigung auf die EU-weite Verteilung
haben müsse. Dann kamen [2][Horst Seehofer], der Aufstieg der AfD, die
Proteste. Heute sagt Angela Merkel das Gegenteil. Dabei weiß die
Bundeskanzlerin, dass es diese europäische Lösung in unabsehbarer Zeit
nicht geben wird, so lange einige europäische Staaten jegliche [3][Aufnahme
von Flüchtlingen] prinzipiell ablehnen. Eine europäische Lösung ist tot.
Ganz gewiss rückte sie nicht in noch weitere Ferne, wenn Deutschland ein
paar hundert Menschen eine neue Heimat bieten würde. Der Verweis auf Europa
dient nur noch als billige Ausrede dafür, Menschlichkeit zu verweigern.
2 Sep 2020
## LINKS
[1] /Buendnis-will-neue-Fluechtlingspolitik/!5706399
[2] /Bayerische-Polizei-an-der-Landesgrenze/!5710527
[3] /Aufnahme-von-Gefluechteten/!5702044
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
EU-Flüchtlingspolitik
Schwerpunkt Angela Merkel
Moria
IG
Schwerpunkt Flucht
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