Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Buch über Extremismus der AfD: Völkischer Vormarsch
> In „Angriff auf Deutschland“ warnen Michael Kraske und Dirk Laabs vor der
> AfD. Sie zeigen, wie extremistisch die Partei inzwischen ist.
Bild: Neonazis zitieren in Magdeburg einen Slogan, der auch von AfD-Politikern …
Was tun mit der [1][AfD]? Spätestens seit den Wahlen in [2][Thüringen],
Sachsen und [3][Brandenburg] ist klar, dass die Partei die deutsche
Innenpolitik nicht nur dadurch beeinflusst, dass die bürgerliche Konkurrenz
ihre Themen und ihre populistischen Verkürzungen komplexer Probleme
aufgreift und übernimmt – und damit einmal mehr die Binsenweisheit
ignoriert, dass die Leute am Ende lieber das Original wählen. Die AfD
zwingt darüber hinaus die demokratischen Parteien zu völlig neuen
Koalitionen und kann mit ihrer Sperrminorität inzwischen auch selbst
Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen.
Das war bereits vor den Wahlen absehbar, wie man in „Angriff auf
Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD“ von [4][Michael
Kraske] und Dirk Laabs nachlesen kann, das Ende August erschien. Es beginnt
mit einer Szene vom Februar 2020, als die Dresdener Pegida-Bewegung ihr
Jubiläum feierte. Es war der 200. „Spaziergang“, den die „Patrioten gegen
die Islamisierung des Abendlands“ unternahmen. Als Stargast erklomm
[5][Björn Höcke], ehemaliger Gymnasiallehrer aus Hessen, Kopf der AfD in
Thüringen und Stichwortgeber und Führer des völkischen Flügels der Partei,
die Bühne.
Höcke erklärte Deutschland zum „Irrenhaus“ und drohte, nach der
Machtübernahme seiner Partei werde man die „sogenannte“ Zivilgesellschaft
„trockenlegen müssen“. Dann raunte er im Geiste des rechtsextremen
Ethnopluralismus von einer angeblichen „Transformation“, die gerade
stattfände, dem „großen Umbau“, dessen Ziel die „Überwindung der Völk…
und „der Kulturen“ sei.
Kraske und Laabs zitieren im Folgenden über viele Seiten Äußerungen von
AfD-Funktionären, die noch weitaus radikaler sind. Das rechtsextremistische
Gedankengut, das in Teilen der Partei gepflegt wird, ist bereits häufig
dokumentiert worden, unter anderem in den Berichten der
Verfassungsschutzämter. Die beiden Journalisten legen überzeugend dar, dass
das nicht bedauerliche Ausrutscher und Einzelfälle sind, sondern inzwischen
wesentlich das Denken innerhalb dieser einstmaligen Partei der Eurokritiker
widerspiegeln.
Bereits im Jahr 2017 verhöhnte Höcke das Berliner Holocaustmahnmal als
„Denkmal der Schande“ (was allerdings nicht besonders originell war,
Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein hatte es schon vor Jahrzehnten als ein
gegen Deutschland gerichtetes „Schandmal“ bezeichnet).
## Streben nach Hegemonie
Es waren Publizistinnen und Politiker der bürgerlichen Mitte, die seit der
Wiedervereinigung den Rechtsextremisten vor allem im Osten der Republik
nicht nur das Feld überlassen, sondern deren Streben nach Hegemonie aktiv
unterstützt haben, indem sie zivilgesellschaftlichen Widerstand dagegen mit
Verweis auf das Hufeisenmodell der Extremismustheorie immer wieder als
Linksextremismus diffamierten.
Davon berichtet „Angriff auf Deutschland“ nicht, was man als Manko sehen
könnte – die sogenannte „Mitte“ entlassen die Autoren dennoch nicht aus …
Verantwortung. Sie skandalisieren den Umstand, dass auch heute
zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrer Finanzierung bedroht sind,
„die manches Mal auf fast verlorenem Posten gegen die Radikalisierung
ganzer Landstriche“ ankämpften.
Gleichzeitig würden „mit Millionen von Steuergeldern deutsche
Rechtsextremisten und ihre Struktur“ durch die AfD in den Parlamenten
unterstützt und bezahlt. Denn die Liste der AfD-Abgeordneten, die – zum
Teil vorbestrafte – Rechtsextremisten als Mitarbeiter beschäftigen, ist
lang, wie Kraske und Laabs anhand vieler Beispiele zeigen.
## Pegida, Neonazis, Rechtsextremisten und Reichsbürger
Die Repräsentanten der Partei setzten bei Auftritten in der bürgerlichen
Öffentlichkeit alles daran, um sich als harmlose demokratische Alternative
darzustellen, wobei sie von naiven Talkshow-Hosts unterstützt würden,
während sie über soziale Medien, auf Demonstrationen und
Parteiveranstaltungen weitaus radikaler sprächen und auf der Straße mit
Pegida, Neonazis, Rechtsextremisten und Reichsbürgern paktierten, ergänzen
die Autoren.
Sie zeichnen das Bild einer Partei, die in vielerlei Hinsicht problematisch
ist: Manche AfD-Leute begehen Straftaten und planen aktiv den Umsturz,
andere unterstützen den hybriden Krieg Russlands, der sich auch gegen
Deutschland richtet, und viele haben eine völkische Idee von Deutschtum,
die der Verfassung widerspricht.
Was also tun mit der AfD? Kraske und Laabs plädieren dafür, ein
Verbotsverfahren gegen die Partei in Gang zu setzen. Sie zitieren
Verfassungsrechtler, die es für möglich halten, dass das
Bundesverfassungsgericht im Zuge dessen nur einzelne Landesverbände
verbieten könnte, die als „gesichert rechtsextrem“ gelten. Der Jurist
Hendrik Cremer ist sich dagegen sicher, dass die AfD mittlerweile eine
rechtsextreme Partei ist, „die das Ziel verfolgt, die freiheitlich
demokratische Grundordnung zu beseitigen“.
Der Verfassungsrechtler [6][Christoph Möllers] wiederum räumt ein, dass ein
Verbotsverfahren demokratietheoretisch zwar besonders anfechtbar sei,
plädiert aber dafür, es dennoch als ernsthafte Option zu behandeln, da
„starke Anhaltspunkte für die Verfassungsfeindlichkeit der Partei“
vorlägen. Er fordert eine breite gesellschaftliche Debatte über die
Sinnhaftigkeit eines Verbots, weil eine rein juristische Strategie nicht
gelingen werde.
Flankierend fordern die beiden Autoren mehr Wissensvermittlung über das
demokratische System und mehr demokratische Beteiligung von
Schüler*innen sowie die Solidarität mit Betroffenen rassistischer
Gewalt. Dabei nehmen sie vor allem Polizei und Justiz in den Blick, die
klare Signale oft vermissen ließen. So manches Opfer müsse sich
rechtfertigen, während Gerichte rechtsextreme Täter oft mit milden Urteilen
entließen.
20 Oct 2024
## LINKS
[1] /FAQ-zum-Parteiverbotsantrag/!6041028
[2] /Sondierungsgespraeche-in-Thueringen/!6043684
[3] /Regierungsbildung-in-Brandenburg/!6040193
[4] https://blogs.taz.de/dissenspodcast/noafd/
[5] /AfD-nach-den-Landtagswahlen-im-Osten/!6033680
[6] /Gutachten-zu-Antisemitismusklauseln/!5999485
## AUTOREN
Ulrich Gutmair
## TAGS
AfD-Verbot
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Rechtsextremismus
Björn Höcke
Reichsbürger
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Rassismus
Wahlen in Ostdeutschland 2024
Wahlen in Ostdeutschland 2024
Philipp Ruch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Razzia bei Berliner Nachwuchsnazis: Mit 160 Beamt:innen gegen die braune Brut
Ermittlungen gegen neun junge Männer wegen räuberischer Erpressung,
gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl und Verstößen gegen das
Waffengesetz.
Letzte Pegida-Kundgebung in Dresden: Nicht jedem Ende wohnt ein Zauber inne
Zur letzten Pegida-Demo in Dresden beschwört Schaumschläger Lutz Bachmann
ein Ersatzformat. Auf der Gegendemonstration bedankt man sich für den
Mobilisierungseffekt.
Sahra Wagenknecht und der Pazifismus: Heißer Krieg und Kalter Frieden
„Soldaten sind Mörder!“ Wirklich? Pazifismus kennt ein militärisches
Notwehrrecht. BSW und AfD sprechen bei der Ukraine jedoch von
„Kriegstreiberei“.
Buch über Konflikte in der Gesellschaft: Der Transformationsblues
AfD, Klimastreit, Bauernproteste: Vier Wissenschaftler*innen haben die
Verwerfungen um die sozial-ökologische Transformation untersucht.
Philipp Ruchs Buch gegen die AfD: Dämonischer Antifaschismus
Autor Philipp Ruch hat ein Buch gegen die AfD geschrieben. Statt bei einem
etwaigen Verbotsverfahren zu helfen, wirft es Fragen nach Ruchs Stil auf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.