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# taz.de -- Boom im englischen Frauenfußball: Zeit der Rekorde
> Wembley wird voll sein, wenn am Samstag England gegen Deutschland kickt.
> Immer öfter treten die Frauen in den ganz großen Arenen auf der Insel an.
Bild: 70.584 Zuschauer sahen Großbritannien bei Olympia 2012. Am Samstag wird …
MANCHESTER taz | Kein Superlativ scheint in diesen Tagen groß genug zu sein
im englischen Frauenfußball. Als Beleg dafür dienen die Aussagen, die der
heimische Verband, die FA, gerade von Nationaltrainer Phil Neville auf den
Markt gebracht hat. Der einstige Nationalspieler war in seiner aktiven
Laufbahn sechsmal englischer Meister mit Manchester United, gewann dreimal
den FA-Pokal und 1999 die Champions League, auch wenn er beim 2:1-Erfolg im
Finale gegen den FC Bayern nur auf der Bank saß.
Alle diese Errungenschaften schrumpfen für Neville im Vergleich zum
Freundschaftsspiel seiner Engländerinnen gegen Deutschland an diesem
Samstag im heiligen Wembley-Stadion. „Die Spielerinnen auf den Rasen zu
führen übertrifft alles, was ich in meiner aktiven Laufbahn erreicht habe“,
sagte der 42 Jahre alte Trainer der FA-Internetseite.
In der Tat wird diese Partie einen besonderen Status im Lebenslauf aller
Beteiligten einnehmen. [1][Das Stadion ist ausverkauft], der Verband
rechnet mit bis zu 90.000 Zuschauern, je nachdem, ob auch wirklich alle
Karteninhaber kommen. Das wäre Rekord für ein Frauenfußballspiel auf
britischem Boden. Die Bestmarke für die höchste Zuschauerzahl bei einem
England-Heimspiel dürfte in jedem Fall überboten werden.
Die Veranstaltung ist ein beeindruckendes Zeichen für den Boom, den der
Frauenfußball gerade im Mutterland dieses Sports erlebt. Die WM im Sommer
in Frankreich, bei der die Lionesses, die Löwinnen, auf dem vierten Platz
landeten, brachte Rekordeinschaltquoten. In der Women’s Super League zahlt
sich die Strategie aus, einzelne Spiele neuerdings in die großen
Männerstadien zu verlegen.
## Sprung auf die große Bühne
Das Manchester-Derby zum Saisonstart im September in der Heimstätte der
City-Männer besuchten mehr als 31.000 Menschen, Rekord für ein englisches
Ligaspiel. Möglicherweise ist die Bestmarke am Wochenende nach dem
Deutschland-Spiel schon wieder in Gefahr. Dann findet das Merseyside-Derby
der Frauen zwischen dem FC Liverpool und dem FC Everton im Anfield-Stadion
statt. Meister Arsenal tritt zum Nordlondon-Derby gegen Tottenham im neuen
Spurs-Stadion an. Englands Frauenfußball sucht die große Bühne wie in
Spanien, wo im März mehr als 60.000 Zuschauer [2][das Spiel zwischen
Atlético und dem FC Barcelona] sahen.
Die Idee dahinter ist klar. Durch diese speziellen Events sollen mehr
Menschen Zugang zum Frauenfußball bekommen und zu regelmäßigen
Stadiongängern werden. Die Beteiligten wissen allerdings, dass es bis dahin
noch ein langer Weg ist. Der Zuschauerschnitt in der Women’s Super League
lag in der abgelaufenen Saison bei bescheidenen 833.
Eine weitere Herausforderung ist es, Frauen, die selbst Fußball spielen, an
den organisierten Spielbetrieb zu binden. Die FA hat gerade bekannt
gegeben, dass die Zahl der aktiven Fußballerinen in England seit der WM um
850.000 gewachsen ist, auf 2,63 Millionen. Allerdings sind weniger als
ein Viertel davon in einer Liga organisiert. Hier hat England Nachholbedarf
gegenüber Nationen wie Deutschland, Schweden oder den Niederlanden.
## Großes Investitionsprogramm
Die Profis sind auf Wachstumskurs, weil so viel in den englischen
Frauenfußball investiert wird wie noch nie. Das liegt an Vereinen wie dem
FC Chelsea, Manchester City oder Manchester United und an Sponsoren wie der
Barclays Bank, die für die Namensrechte der Liga über drei Jahre angeblich
mehr als zehn Millionen Pfund zahlt. Dass sich der Verband im Januar des
vergangenen Jahres für Neville als Nationaltrainer entschied, obwohl dieser
bis dahin keine Verbindungen zum Frauenfußball hatte, löste viel Kritik
aus, war aber Teil der Strategie, durch große Namen Interesse zu
generieren.
Der einstige Profi konnte die Zweifel an seiner Eignung für den Posten noch
nicht ausräumen. Der vierte Platz bei der WM in Frankreich war eine
Verschlechterung im Vergleich zum Turnier vier Jahre zuvor, als die
Engländerinnen Dritte geworden waren.
Außerdem begann mit der Halbfinalniederlage gegen den späteren Sieger USA
eine Serie von fünf sieglosen Spielen. Sie fand vor einem Monat ihr Ende
durch ein glanzloses 1:0 gegen Portugal, das nur bedingt zur Stärkung von
Nevilles Ansehen taugte. Er ist im öffentlichen Auftreten ungeschickt und
reagiert dünnhäutig auf Kritik.
Zu seiner Entlastung führt er an, dass seine Arbeit langfristig angelegt
sei auf das Olympiaturnier im kommenden Jahr und auf die Heim-EM 2021.
Langfristig – und auf große Spiele wie das gegen Deutschland im
Wembley-Stadion. Ob die Partie für Neville wirklich ein Karrierehöhepunkt
wird, hängt nicht nur von der Zuschauerzahl ab, sondern auch vom Ergebnis
auf dem Rasen. Die Engländerinnen wollen die große Bühne nutzen, um sich zu
profilieren. Das Testspiel könnte für sie wichtiger sein als jede Partie
bei der WM in Frankreich.
9 Nov 2019
## LINKS
[1] /Ticketverkauf-im-Frauenfussball/!5631607
[2] /Atletico-Madrid-vs-FC-Barcelona/!5578623
## AUTOREN
Hendrik Buchheister
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Fußball
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