# taz.de -- Ticketverkauf im Frauenfußball: England macht das Stadion voll | |
> Das Londoner Wembley-Stadion wird zum Frauen-Länderspiel England gegen | |
> Deutschland ausverkauft sein. Der DFB kann da längst nicht mithalten. | |
Bild: Hat viele Zuschauer: Alex Greenwood aus der englischen Nationalmannschaft | |
Die Nachricht versandte die Football Association (FA) am frühen | |
Mittwochabend via Twitter. „Wir können final bekannt geben: Wembleystadion | |
ist ausverkauft.“ Großbuchstaben und Ausrufezeichen fehlten bei der | |
Erfolgsmeldung für die englische Frauen-Nationalmannschaft nicht, die für | |
alle Anhänger der „Three Lionesses“ noch mit der zarten Bitte unterlegt | |
war: Jetzt liege es an den 90.000 Karteninhabern, aus dem Länderspiel gegen | |
Deutschland am 9. November (18.30 Uhr) ein historisches Ereignis zu machen: | |
die bisherige Bestmarke von 45.619 Zuschauern aus einem Duell gegen | |
denselben Gegner vor fünf Jahren mal fast zu verdoppeln. | |
„Das ist grandios, dass wir solch ein tolles Spiel zum Ende der Saison | |
haben. Gegen Deutschland ist immer ein Klassiker, egal in welcher Sportart | |
und in welchem Bereich“, sagt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. | |
Würde das Publikum ein bisschen zusammenrücken, könnten auch die 90.185 | |
Besucher aus dem Finale der Frauen-WM 1999 zwischen USA und China in der | |
Rose Bowl von Pasadena übertrumpft werden. Aber Sue Campbell, der | |
FA-Direktorin Frauenfußball, reicht „ein großartiger Beleg für die | |
Unterstützung, aber auch die Entwicklung der englischen Mannschaft“. Ein | |
Freundschaftsspiel der Frauen in der Ruhmeshalle Wembley übt mehr | |
Anziehungskraft aus als ein EM-Qualifikationsspiel der Männer, die gegen | |
Montenegro am 14. November nicht vor vollen Rängen antreten. | |
Die vorläufige Krönung einer Entwicklung, bei der sich Verband, Vereine, | |
Sponsoren und Medien gegenseitig befruchten. Vieles erinnert mit Englands | |
Ausrichtung der Frauen-EM 2021 an den Hype, der in Deutschland vor der | |
Heim-WM 2011 herrschte. Um das Interesse zu befeuern, haben die Karten für | |
Jugendliche unter 16 Jahren nur 1 Pfund (1,16 Euro) gekostet, ansonsten | |
waren die Tickets zwischen 7 und 20 Pfund (etwa 8 bis 23 Euro) zu haben. | |
Eine ähnliche Preisspanne gilt bei Frauen-Länderspielen in Deutschland. | |
Doch der Zuspruch stagniert seit Jahren: Zu den EM-Qualifikationspartien | |
gegen Montenegro (10:0) und die Ukraine (8:0) kamen 6.275 Anhänger ins | |
Kasseler Auestadion beziehungsweise 5.504 auf den Aachener Tivoli. Der VfL | |
Wolfsburg hatte am Mittwoch in der Women’s Champions League gegen Twente | |
Enschede 1.543 Besucher. Die Frauen-Bundesliga hat den Schnitt nach den | |
ersten sechs Spieltagen von 800 auf knapp mehr als 1.000 Zuschauer | |
gesteigert, aber auch hier hat die englische Women’s Super League (WSL) | |
viel, viel mehr zu bieten. | |
## „Gratulation und Anerkennung“ | |
Zur Saisoneröffnung mit dem Derby zwischen Manchester City und United | |
strömten 31.213 Besucher ins Stadion, die Chelsea Ladies trugen an der | |
Stamford Bridge ihr erstes Heimspiel vor 24.546 Interessierten aus, zum | |
zweiten kamen 4.149. Und Aufsteiger West Ham lockte mit stark verbilligten | |
Preisen für Vereinsmitglieder gegen Tottenham 24.790 Neugierige an. Auch am | |
Fernseher kommen Frauen nicht zu kurz, nachdem sich 11,7 Briten diesen | |
Sommer das WM-Halbfinale USA gegen England ansahen: Im Free-TV laufen 30 | |
WSL-Spiele bei BBC und BT Sport, alle Partien werden über einen FA-Player | |
und eine App live gestreamt. | |
Siegfried Dietrich, Vorsitzender DFB-Ausschuss Frauen-Bundesligen, sieht | |
mit dem ausverkauften Wembleystadion „eine Signalwirkung für ganz Europa“, | |
wenn auch der langjährige Manager des Rekordmeisters 1. FFC Frankfurt die | |
Frauen-Bundesliga nach wie vor als „stärkste Frauenfußballliga Europas“ | |
begreift. Er will die früheren Erfolge mit „frischen Gesichtern und | |
gemeinsamen Aktivitäten der Nationalmannschaft und Vereine“ wiederbeleben. | |
DFB-Direktorin Heike Ullrich spricht England „Gratulation und Anerkennung“ | |
aus: Man spüre, dass der Frauen- und Mädchenfußball dort auch | |
gesellschaftspolitisch angekommen sei und gerade in diesem Bereich eine | |
große Rolle spiele. „Das wünsche ich mir auch für Deutschland: Diese | |
selbstverständliche Begeisterung für den Fußball als Ganzes, bei der kein | |
Unterschied zwischen Männer- und Frauenfußball gemacht, sondern beides als | |
attraktives und anspruchsvolles Angebot gesehen wird.“ | |
Gern würde der neue DFB-Präsident Fritz Keller verstärkt die | |
Männer-Lizenzvereine in die Pflicht nehmen. „Wir müssen da was machen.“ F… | |
eine Auflage in den Lizenzierungsunterlagen hat der DFB indes keinerlei | |
Handhabe, und noch weigern sich Klubs wie Borussia Dortmund oder FC Schalke | |
04 hartnäckig, Angebote im weiblichen Bereich zu machen. Aber nur zusehen, | |
wie andere auf der Überholspur vorbeirauschen, kann der Anspruch eines | |
zweifachen Frauen-Weltmeisters, achtfachen Europameisters und amtierenden | |
Olympiasiegers nicht sein, der sich im Gegensatz zu England nicht mal mehr | |
fürs olympische Fußballturnier 2020 qualifiziert hat. | |
17 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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