| # taz.de -- Birte Meiers Klage zurückgewiesen: ZDF-Reporterin nicht angestellt… | |
| > Eine Journalistin klagt gegen das ZDF, weil ihre männlichen Kollegen mehr | |
| > verdienen als sie. Das Gericht in Berlin sieht keine Diskriminierung. | |
| Bild: Stop! Es geht nicht weiter in Sachen Pay Gap beim ZDF | |
| Das ZDF schickt niemanden zur Urteilsverkündung nach Berlin. Keinen Anwalt, | |
| keinen Justiziar. Birte Meier kommt mit einer Anwältin, ihre anderen beiden | |
| Vertreter sind nicht erschienen. Seit knapp drei Jahren versucht Meier vor | |
| Gericht nachzuweisen, dass sie beim ZDF, für das sie arbeitet, weniger | |
| verdient als ihre männlichen Kollegen. Sie will beweisen, dass sie | |
| diskriminiert wird, weil sie eine Frau ist. | |
| Wäre das so, wäre das illegal. Die Frage ist nur: Wie weist man das nach? | |
| Das Landesarbeitsgericht fällt dazu am Dienstagmittag ein eindeutiges | |
| Urteil: Für eine Diskriminierung gibt es nicht genug Anhaltspunkte. Meiers | |
| Berufungsklage wird zurück gewiesen. | |
| Es ist bereits Meiers zweite Niederlage in diesem Fall. 2016 war sie zum | |
| ersten Mal vor Gericht gezogen, ihre Klage wurde abgewiesen. Der Richter | |
| begründete das damals damit, dass die fest-freie Mitarbeiterin Meier ihr | |
| Gehalt nicht mit festangestellten Kollegen vergleichen könne. [1][Meier | |
| ging in Berufung]. | |
| ## Quasi angestellt. Quasi … | |
| In diesem Verfahren nun wollte Meier zum Einen gerichtlich klären lassen, | |
| in welchem Beschäftigungsverhältnis sie beim ZDF arbeitet. Formal ist sie | |
| eine feste-freie Mitarbeiterin, ein Sonderstatus bei den | |
| Öffentlich-Rechtlichen: Solche Mitarbeiter arbeiten quasi wie | |
| Festangestellte und meist in Vollzeit bei einem Sender, sind aber faktisch | |
| nicht fest angestellt. | |
| Meier argumentiert, dass ihre Arbeit vergleichbar sei mit der von | |
| Festangestellten, und dass sie daher als solche zu behandeln sei. Die | |
| Richterin wies diese Argumentation nun zurück, mit der Begründung, aus | |
| Meiers Arbeitsverträgen sei nicht erkennbar, dass sie dem ZDF gegenüber | |
| weisungsgebunden sei. | |
| Zum Zweiten wollte Meier Auskunft über die Löhne ihrer Kollegen sowie eine | |
| Anpassung an deren Gehälter erstreiten. Zusätzlich forderte sie eine | |
| Entschädigung in Höhe von 80.000 Euro. | |
| ## „Benachteiligungskultur“ | |
| Auch das wies die Richterin zurück. Einen Anspruch auf Auskunft habe Birte | |
| Meier nicht, weil sie eben keine Festangestellte, sondern nur | |
| arbeitnehmerähnlich beschäftigt sei. Einen Anspruch auf einen höheren Lohn | |
| und Schadensersatz habe Meier nicht, weil sie keine ausreichenden Indizien | |
| vorgetragen habe, die darauf hinweisen, dass sie wegen ihres Geschlechts | |
| benachteiligt werde. | |
| Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Meier für das ZDF-Politmagazin Frontal | |
| 21 – zunächst in der Onlineredaktion, später sogar als „Redakteurin mit | |
| besonderer Verantwortung“. Sie deckte Skandale auf, gewann | |
| Journalistenpreise und erfuhr nach und nach, dass einige männliche Kollegen | |
| mehr verdienten als sie. | |
| Vor Gericht legte sie zwölf Beispiele von männlichen Kollegen vor, die mehr | |
| verdienten als sie. Nicht alle sind gleich lang oder gleich kurz im | |
| Journalismus oder beim ZDF tätig wie Meier. Aber Meier argumentiert, dass | |
| alle eine vergleichbare Arbeit leisteten. Die Anwälte des ZDF hingegen | |
| rechtfertigen die unterschiedlichen Löhne mit immer wieder anderen | |
| Begründungen. | |
| Meier versuchte vor Gericht außerdem zu beweisen, dass in der ZDF-Redaktion | |
| eine „Benachteiligungskultur“ gegenüber Frauen herrsche. Ihre Anwälte | |
| zitieren den Redaktionsleiter, der bei einer Weihnachtsfeier gesagt haben | |
| soll, Frauen hätten im politischen Journalismus nichts zu suchen, der | |
| Frauen in Bewerbungsgesprächen nach ihrem Kinderwunsch gefragt habe, der | |
| sich über weibliche Kolleginnen lustig gemacht haben soll. | |
| ## Das Gesetz ist nicht erprobt | |
| Das sei „nicht in Ordnung“, hatte die vorsitzende Richterin am | |
| Landesarbeitsgericht schon im Dezember kommentiert. Ob man daraus | |
| allerdings eine systematische Benachteiligung ableiten könne, sei fraglich. | |
| Birte Meier bezieht sich in ihrer Klage auch auf das neue | |
| [2][Entgelttransparenzgesetz]. MitarbeiterInnen von Unternehmen mit mehr | |
| als 200 Angestellten können mit diesem Gesetz Auskunft darüber bekommen, | |
| wie viel ihre Kollegen im Mittelwert verdienen. Das Gesetz ist im Sommer | |
| 2017 in kraft getreten, also nach Meiers erster Klage. | |
| Da das Gesetz allerdings noch so neu ist, gibt es bisher wenig Erfahrung in | |
| seiner Anwendung. Meier ist die erste Frau, die sich vor Gericht auf das | |
| Gesetz stützt. Dass sie trotz der verbesserten Rechtslage nun wieder | |
| unterlegen ist, wertet die Juristin Nora Markard von der Gesellschaft für | |
| Freiheitsrechte als „Schlag ins Gesicht“: „Das Gesetz ist eine legislative | |
| Katastrophe.“ Wenn all die von Birte Meier vorgebrachten Belege nicht | |
| ausreichten, um eine Diskriminierung von Frauen in der ZDF-Redaktion zu | |
| beweisen, „dann werden wir den Gender Pay Gap nie schließen.“ | |
| Der gemeinnützige Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt Meier | |
| in ihrer Klage. Sie selbst gibt keine Interviews, ließ aber über ihre | |
| Anwälte ausrichten, dass sie Revision und Beschwerde gegen das Urteil | |
| einlegen werde, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Birte | |
| Meier arbeitet unterdessen weiter bei Frontal 21. | |
| 5 Feb 2019 | |
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| [1] /Klage-gegen-Lohnungleichheit-beim-ZDF/!5376381 | |
| [2] /Lohntransparenz-und-Gender-Pay-Gap/!5565605 | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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