| # taz.de -- Besetzung der Wuhlheide in Berlin: Polizei kommt mit Räumfahrzeugen | |
| > Die Waldbesetzung der Wuhlheide gegen ein geplantes Straßenbauprojekt | |
| > wurde geräumt. Die Polizei sägte sich den Weg zu den Baumhäusern frei. | |
| Bild: Kurz vor sechs hat die Räumung des queerfeministischen Baumhausdorfs in … | |
| Berlin taz | Carlo, Aktivist*in aus der Waldbesetzungs-Gruppe „Wuhlheide | |
| Bleibt“, steht auf dem Waldboden und liest aus einem Schreiben der Stadt | |
| Berlin die Gründe für die Räumung des Protestcamps vor: Die Baumhäuser | |
| würden zu dieser Zeit im Frühling die Rinden der Kiefern besonders | |
| beschädigen, heißt es dort. In der Nähe ertönt eine Motorsäge der Polizei, | |
| die sich den Weg Richtung Camp freisägt. Eine maskierte Person mit Glitzer | |
| an den Augen ruft von oben aus einem Baumhaus: „Ich weiß noch eine Sache, | |
| die Bäume beschädigt: Straßen!“, ruft sie. Dann skandieren die | |
| Aktivist*innen gemeinsam: „Wuhli bleibt!“ | |
| Die unangekündigte Räumung des Protestcamps in der Wuhlheide hat am frühen | |
| Morgen kurz vor 6 Uhr begonnen. Eine Mahnwache des Camps wurde aufgelöst, | |
| seitdem wurde begonnen, Bäume zu markieren und Tripods, Plattformen und ein | |
| Baumhaus zu räumen. Darin harrten bis zum Nachmittag noch | |
| queerfeministische Besetzer*innen aus, die dort seit Samstagnacht gegen | |
| den Bau der Straße [1][Tangentiale Verbindung Ost] und die damit | |
| einhergehende Waldrodung demonstrieren. | |
| Die Polizei war mit 400 Einsatzkräften vor Ort und sperrte die | |
| normalerweise von Berufsverkehr stark befahrene Rudolf-Rühl-Allee komplett | |
| ab. Nach mehreren Durchsagen erklärte sie die Versammlung mitten im | |
| Kiefernwald für verboten. Danach räumte sie mit Klettereinheiten zunächst | |
| zwei Tripods. Polizist*innen schlugen mit Motorsägen und Räumfahrzeugen | |
| von zwei Seiten Schneisen in den Wald, um zum kleinen Baumhausdorf zu | |
| gelangen. | |
| In den Baumhäusern ist die Stimmung zunächst entspannt. Die | |
| Besetzer*innen singen leise, während die Polizei sich mit einer Leiter | |
| Zugang zu den Plattformen verschafft. Immer wieder rufen sie: „Wuhli | |
| bleibt!“ Am Vormittag beginnen die Beamt*innen dann, die Plattformen zu | |
| räumen und seilen die Aktivist*innen nacheinander ab und tragen sie | |
| weg. Mithilfe einer Hebebühne fällen sie unter lautstarkem Protest der | |
| Umweltschützer*innen Bäume, um sich Zugang zum Baumhaus zu | |
| verschaffen. | |
| Über die Erfüllung von Auflagen wollte die Polizei mit den | |
| Aktivist*innen nicht verhandeln. Die Besetzer*innen, die per Eilantrag | |
| gegen das bis 30. September geltende Versammlungsverbot Einspruch | |
| einlegten, standen so am frühen Morgen vor vollendeten Tatsachen. Ihr | |
| Eilantrag wurde erst ab 9 Uhr bearbeitet. Das Gericht gab der Polizei | |
| [2][bis 11 Uhr Zeit für eine Stellungnahme], im Anschluss sollte über den | |
| Eilantrag gegen die Räumung entschieden werden. | |
| ## Linke und Grüne kritisieren Vorgehen der Polizei | |
| „Wir haben die Polizei aufgefordert, die Räumung aufzuschieben, bis die | |
| Entscheidung des Gerichts da ist, doch die hat ihren Spielraum nicht | |
| genutzt und auf dem unmittelbaren Vollzug bestanden“, sagte der | |
| Linken-Abgeordnete Tobias Schulze, der als parlamentarischer Beobachter vor | |
| Ort war. „Das müssen wir politisch aufarbeiten, ob das so zielführend und | |
| verhältnismäßig ist, was die Polizei da macht.“ | |
| Auch der Abgeordnete Vasili Franco (Grüne) sieht den Einsatz kritisch: „Zu | |
| sagen, dass die Klimaaktivist*innen militant aussehen und auf | |
| Außenstehende einschüchternd wirken, argumentiert an der Realität vorbei“, | |
| sagt er zur taz. Die Polizei hatte das Versammlungsverbot unter anderem | |
| damit begründet, dass die Aktivist*innen sich „in einer martialischen | |
| Aufmachung präsentiert“ hätten, die auf Außenstehende „eine suggestiv | |
| militante Wirkung erzeugt“. Vasili Franco zeigt auf das Banner mit dem | |
| Maulwurf. „Das ist ein schlechter Witz.“ | |
| Als Begründung für die Räumung nennt eine Polizeisprecherin vor Ort neben | |
| der Gefahr für Dritte, die durch die Besetzung ausginge, mangelnde | |
| Gesprächsbereitschaft. „Die Kommunikation zu den Versammlungsteilnehmern | |
| war zu keiner Zeit möglich.“ Die Besetzer*innen widersprechen. Auch | |
| Tobias Schulze sieht das anders. „Die Demonstranten waren gesprächsbereit, | |
| um Auflagen zu erfüllen und mögliche Gefahrenquellen zu beseitigen, es | |
| kamen aber keine Auflagen, sondern es wurde gleich mit der Räumung | |
| begonnen.“ | |
| Bis zum Nachmittag ist das Camp dann vollständig geräumt und alle | |
| Aktivist*innen abgeführt. Auch der Eilantrag wurde vom Gericht | |
| abgelehnt. Die Botschaft der Besetzer*innen ist jedoch klar: Wir kommen | |
| wieder. | |
| Ab 9 Uhr solidarisierte sich an der nahe gelegenen S-Bahn-Haltestelle eine | |
| Demonstration mit mehreren Dutzend Teilnehmer*innen und lief in | |
| Richtung des Camps über die abgesperrte Rudolf-Rühl-Allee. Bis zu den | |
| Baumhäusern durften die Demonstrierenden allerdings nicht laufen. Sie | |
| mussten in Hörweite hinter Gittern warten und skandierten Parolen wie „You | |
| are not alone!“ oder „Change your diet for the climate, eat the rich!“ Die | |
| Kundgebung bekam im Laufe des Tages stetigen Zulauf und war fußläufig von | |
| der Wuhlheide aus zu erreichen. Am Nachmittag klebten sich dann | |
| Aktivist*innen der Letzten Generation auf die Rudolf-Rühl-Allee. | |
| 17 May 2023 | |
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| [1] /Protest-gegen-Strasse-durch-die-Wuhlheide/!5931801 | |
| [2] https://twitter.com/Marie__Frank/status/1658751724595691521 | |
| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
| Gareth Joswig | |
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