Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Waldbesetzung in der Wuhlheide: Lützi in Berlin
> Aus Protest gegen das Straßenbauprojekt Tangentiale Verbindung Ost haben
> Aktivist:innen die Wuhlheide besetzt. Geräumt wird erstmal nicht.
Bild: Mit dem Maulwurf in den Bäumen: Besetzung der Wuhlheide
Berlin taz | Etwa 200 Menschen haben sich am Sonntagnachmittag zu einer
spontanen Demonstration am S-Bahnhof Wuhlheide versammelt. Nur einige
hundert Meter geht es die Rudolf-Rühl-Allee entlang, ehe die Demo auf
Trampelpfade in die Wuhlheide einbiegt und zum Waldspaziergang wird. Das
Ziel: ein in der Nacht zu Samstag entstandenes Baumhausdorf.
Im Mittelpunkt dieser Besetzung hängt ein Baumhaus in etwa sechs Metern
Höhe an Seilen zwischen den Kiefern und schwingt sachte hin und her. Unter
dem Fenster ist ein Transparent befestigt, auf das die Kinderfigur des
kleinen Maulwurfs gemalt wurde, dazu die Forderung: [1][„Wuhlheide
bleibt!“] Die Besetzer:innen, es sind mehrere Dutzend, protestieren damit
gegen den [2][geplanten Bau der Schnellstraße Tangentiale Verbindung Ost
(TVO]).
In Hörweite des Stadions Alte Försterei hängen zudem vier Plattformen in
den Bäumen, die höchste von ihnen in mehr als acht Metern Höhe. An den
beiden Seiten des Trampelwegs, der zum Kern des Baumhausdorfes führt, sind
zwei große Tripods aufgestellt; dreibeinige Holzkonstruktionen, in denen
sich Besetzer:innen mit Seilen festgemacht haben.
Carlo, eine der Besetzerinnen, sagt, man sehe sich „in der Tradition
anderer Waldbesetzungen und von Lützi“, also jenem inzwischen von RWE für
den Kohleabbau zerstörten Dorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen, das über
den Winter zum Symbol der Klimabewegung wurde. Viele der Aktivist:innen
haben bereits Erfahrungen bei früheren Protesten, etwa im hessischen
Dannenröder Forst gesammelt.
## Zunächst keine Räumung
Am späten Samstagnachmittag, kurz nachdem die Besetzung öffentlich wurde,
ist Carlo aufgeregt, wie die Polizei reagieren wird. Sobald eine Sirene zu
hören ist, setzt sie sich eine pinkfarbene Perücke auf. „Eine Besetzung in
der Stadt hat ein riesiges Potenzial, dass Menschen einfach vorbeikommen
können, aber auch ein größeres Risiko, schnell geräumt zu werden“, sagt
sie. Später am Samstagabend werden die ersten Polizist:innen
Holzbarrikaden auf den Wegen zur Seite räumen und das Camp in Augenschein
nehmen.
Mehr allerdings passiert auch am Sonntag nicht. Zwar begehen
Polizist:innen erneut das Gelände, nach eigener Aussage aber nur in
Vorbereitung der Demo. Dass es zunächst nicht zu einer Räumung kommt, liege
an der fehlenden Beschwerde des Försters. Die Besetzer:innen haben dem
zuständigen Förster der Wuhlheide eine Mail geschickt, in der sie ihn
einladen und darauf verweisen „für den Erhalt“ seines Reviers zu streiten.
Eine Entscheidung, wie es mit der Besetzung weitergeht, wird wohl am Montag
fallen.
Unterstützung zumindest haben sich die Aktivist:innen organisiert. Die
Klimaszene reagiert begeistert, die Bürger:inneninitiative gegen die
A100 rief spontan zur Demo auf. Auch Abgeordnete von Linken und Grünen sind
vor Ort, darunter von Beginn an Ferat Kocak (Linke). In einer Mitteilung
schreibt er: „Alle reden von einer klimafreundlichen Stadt und doch soll
dieses Wahnsinns-Projekt durchgezogen werden.“ Kocak will vor Ort bleiben,
auch damit es nicht zu einer gewaltvollen Räumung wie in Lützerath komme.
## 16 Hektar Wald sollen der Straße zum Opfer fallen
Verhindern wollen die Aktivist:innen das größte Straßenprojekt der
Stadt nach der A100: die seit Jahrzehnten geplante TVO zwischen Biesdorf im
Norden und der Spindlersfelder Brücke in Köpenick, deren
Planfeststellungsverfahren in diesem Jahr abgeschlossen werden könnte. Es
ist ein etwa 350 Millionen Euro teures Mammutprojekt, dem 16 Hektar Wald –
die Halbe Fläche des Zoologischen Gartens – zum Opfer fallen würden, ein
Drittel davon wertvoller Eichenwald. Carlo sagt: „Die Straße soll zwar die
Viertel entlasten, aber neue Straßen führen immer zu mehr Verkehr.“
Außerdem sei die Wuhlheide ein „Wasserschutzgebiet und wichtig fürs
Stadtklima“.
Die neue schwarz-rote Koalition will den Bau des sieben Kilometer langen
Verkehrsprojektes vorantreiben. Jeweils zwei Fahrstreifen für den
Kraftfahrzeugverkehr sollen entstehen; eine angedachte parallele
Schienen-TVO scheint dagegen vom Tisch. Der Baubeginn ist noch in dieser
Wahlperiode bis 2026 vorgesehen. Die Aktivist:innen wollen genau das
verhindern und dafür in der Wuhlheide bleiben, „so lange es nötig ist“, w…
Carlo sagt.
14 May 2023
## LINKS
[1] https://wuhli.noblogs.org/
[2] /Schnellstrasse-durch-Berliner-Wuhlheide/!5781264
## AUTOREN
Erik Peter
Tobias Bachmann
## TAGS
Schwerpunkt Klimaproteste
Waldbesetzung
Straßenbau
klimataz
Verkehrswende
Verkehrswende
Waldbesetzung
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Besetzung der Wuhlheide in Berlin: Polizei kommt mit Räumfahrzeugen
Die Waldbesetzung der Wuhlheide gegen ein geplantes Straßenbauprojekt wurde
geräumt. Die Polizei sägte sich den Weg zu den Baumhäusern frei.
Protest gegen Straße durch die Wuhlheide: Auf Bäumen gegen Autos
In der Wuhlheide wollen Aktivist*innen die Tangentiale Verbindung Ost
(TVO) verhindern. Unterstützung kommt aus Politik und Zivilgesellschaft.
Protest gegen Straße durch die Wuhlheide: Baumhaus abgeräumt
Die Polizei hat den Protest gegen ein Straßenprojekt in der Wuhlheide
beendet. Die Aktivst:innen wollten gerade weitere Strukturen schaffen.
Schnellstraße durch Berliner Wuhlheide: Kleines Baumhaus gegen große Straße
Aktivist:innen haben in der Wuhlheide ein Baumhaus errichtet. Sie
demonstrieren gegen das Straßenbauprojekt Tangentiale Verbindung Ost.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.