# taz.de -- Berlin setzt Corona-Lockerungen um: Zurück in geordnete Bahnen | |
> Die Inzidenz ist deutlich unter 100: Ab Mittwoch fällt die | |
> Ausgangssperre, danach sind auch draußen essen, Filme schauen und | |
> schwimmen erlaubt. | |
Bild: Auch abtauchen ohne unterzugehen ist in Kürze wieder möglich | |
## Projektor an! | |
Die Wettervorhersage ließe sich noch toppen: Keine 20 Grad, kaum | |
Sonnenschein, dazu immer wieder Regen, so sagen es verschiedenste Apps für | |
Donnerstag und Freitag voraus. Trotzdem dürfte der Betreiber des | |
Freiluftkinos Kreuzberg keine Probleme haben, am Donnerstagabend ein | |
„ausverkauft“ zu melden, wenn das Programm mit gut drei Wochen | |
Coronaverzögerung endlich startet. Denn jenseits von der Sehnsucht vieler | |
Berliner*innen nach [1][Filmen auf der großen Leinwand] gilt ja auch | |
noch die strikte Vorgabe des Senats, was die Zuschaueranzahl von | |
Kulturangeboten Open Air angeht: Mehr als 250 Menschen dürfen gar nicht | |
rein. | |
Das sind immerhin 25 Prozent mehr Personen als vor einem Jahr bei der | |
Saisoneröffnung der Freiluftkinos. Und wer sich an jene ersten Nächte unter | |
Coronabedingungen noch erinnert, weiß auch: kuschelig ist was anderes, der | |
Abstand zwischen den Besucher*innen gewaltig. | |
Einen Vorteil hat diese Distanz aber: „Für den Besuch ist kein aktueller | |
Coronatest nötig, weil die Abstände eingehalten werden können“, sagte Arne | |
Höhne vom Betreiber Piffl-Medien am Montag der taz. Zudem werden – wie im | |
vergangenen Jahr – feste Sitzplätze vergeben. Das gilt auch für die | |
Freiluftkinos in den Volksparks Friedrichshain und Rehberge, die am Freitag | |
Eröffnung feiern. | |
Die Kinos sind erneut die kulturelle Vorhut für die anderen | |
Kulturinstitutionen, die nach der Entscheidung des Senats vom vergangenen | |
Freitag ebenfalls wieder Open Air spielen können, also „Theater, | |
Opernhäuser, Konzerthäuser und kulturelle Veranstaltungsstätten in | |
öffentlicher und privater Trägerschaft“, wie es ganz offiziell heißt. | |
Für Kultur drinnen sieht es dagegen noch düster aus. Kultursenator Klaus | |
Lederer (Linke) hat immerhin angekündigt, das Pilotprojekt Testing | |
fortzusetzen, bei dem Besucher*innen ausgewählte Häuser nach vorherigem | |
tagesaktuellem Test besuchen dürfen. Bert Schulz | |
## Mit dem Wegbier durch die Nacht | |
Das mit den angedrohten Bußgeldern war eher pro forma. Der Senat hatte | |
Anfang April verschiedene Geldstrafen beschlossen, um die [2][nächtliche | |
Ausgangssperre] auch wirklich durchzusetzen. Unterwegssein in Gruppen ab | |
drei Personen, die nicht zur Familie gehören, hätte zwischen 25 und 250 | |
Euro gekostet, wenn – ja, wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Im | |
Friedrichshainer Nordkiez etwa hätte man öfter abkassieren können, so ganz | |
subjektive Beobachtungen vom Balkon aus. Aber das sind ja die schönen | |
Seiten der Großstadt: Wer will das schon alles kontrollieren? | |
Doch mit der Kontrolle ist es jetzt glücklicherweise erst mal wieder | |
vorbei, der Bußgeldkatalog sehr bald Geschichte. Denn am Mittwoch fallen | |
endlich die Ausgangsbeschränkungen. Es gilt dann nicht mehr das einengende | |
Dogma, nachdem sich alle Personen von 22 bis 5 Uhr „ständig in ihrer | |
Wohnung“ aufhalten müssen. Man kann wieder einfach so vor die Tür gehen, | |
egal wie spät es ist, egal, was man vorhat. So fühlt sich (etwas | |
wiedergewonnene) Freiheit an. | |
Künftig gilt ganztags, dass man sich im öffentlichen Raum allein oder mit | |
festem Partner beziehungsweise den Angehörigen des eigenes Haushalts oder | |
mit Angehörigen eines weiteren Haushalts aufhalten kann – bei einer | |
Personenobergrenze von fünf. Und auch das nächtliche Besuchsverbot fällt ab | |
Mittwoch weg (bislang galt von 21 bis 5 Uhr ein absolutes Besuchsverbot). | |
Mit Öffnung der Außengastronomie (siehe Text unten) ab Freitag geht eine | |
weitere Lockerung einher: Das klassische Wegbier oder der Sekt für die | |
abendliche Kleinstparty im Park darf wieder bis 23 Uhr verkauft werden, ab | |
dieser Stunde bis 5 Uhr aber bleibt der Alkoholverkauf weiter verboten. | |
Andreas Hergeth | |
## Auf ins kühle Nass! | |
Auch die Frei- und Sommerbäder dürfen bei weiterhin niedrigen | |
Inzidenzzahlen ab Freitag unter Hygieneauflagen endlich öffnen. Mindestens | |
elf Bäder würden dann in die Saison starten, erklärte die Sportverwaltung | |
(vorigen Freitag). Funktionieren soll das Ganze wie im vergangenen Jahr mit | |
vorher online zu buchenden und zu bezahlenden Zeitfenster-Tickets. Außerdem | |
müssen Besucher*innen einen negativen Schnelltest vorlegen. Wie in | |
anderen Bereichen auch dürften dann Tests gelten, die innerhalb der | |
vergangenen 24 Stunden durchgeführt wurden. Details wollen die Berliner | |
Bäder Betriebe (BBB) am Dienstag auf einer Pressekonferenz bekannt geben. | |
Dann wird man wohl auch erfahren, ab wann das Online-Buchungssystem | |
startet. Am Montag jedenfalls war die Buchung eines Zeitslots in einem | |
Sommerbad noch nicht möglich. Bei erwarteten maximal 16 Grad ist der | |
Auftakt am Freitag eh etwas für Hartgesottene. | |
Bereits vor einer Woche hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller | |
(SPD) angekündigt, während der Sommerferien Kindern bis zu 12 Jahren freien | |
Eintritt in die Schwimmbäder zu gewähren. Wie das finanziert werden soll, | |
wird derzeit zwischen Sportverwaltung und BBB verhandelt. „Ich bin mir | |
sicher, dass wir hier eine gute Lösung im Sinne der Kinder und Familien | |
finden – diese haben nach diesen harten Monaten kostenlosen Badespaß | |
verdient“, sagte Innen- und Sportsenator Andreas Geisel. Susanne Memarnia | |
## Draußen schlemmen | |
Was für viele Berliner*innen ein großes Stück „Freiheit“ zurückbringen | |
wird: Ab Freitag dürfen Cafés, Restaurants, Biergärten und Co. [3][wieder | |
ihre Stühle rausstellen]. Große gesellige Runden wird es vorerst aber nicht | |
geben: „Es gelten die Kontaktbeschränkungen für den öffentlichen Raum im | |
Freien“, heißt es dazu im Senatsbeschluss von Freitag. | |
Das bedeutet, Treffen mit maximal zwei Haushalten aus fünf Personen sind | |
möglich, Kinder unter 14 nicht mitgezählt. Zudem müssen alle Gäste einen | |
tagesaktuellen negativen Test vorweisen und die Wirte müssen Gästelisten | |
führen – entweder mit Apps wie Luca oder handgeschrieben wie voriges Jahr. | |
Welche Art der Kontaktverfolgung sie wählen, stehe den Gastwirten frei, | |
erklärte die Wirtschaftsverwaltung auf taz-Anfrage. | |
Eine Neuerung im Vergleich zum vorigen Jahr ist, dass die Lockerung dieses | |
Mal auch fürs Bars und Kneipen gilt – nach dem ersten Lockdown hatten sie | |
nicht wieder öffnen dürfen. Dieses Mal dürfen laut Wirtschaftsverwaltung | |
alle Gaststätten, Cafés etc. öffnen, die eine genehmigte Außengastronomie | |
haben. | |
Der Verein „Bars of Berlin“, hinter dem nach eigenen Angaben rund 100 Bars | |
und Kneipen stehen, forderte am Montag, auf den Nachweis von Impfschutz | |
oder negativem Test zu verzichten. Der Aufwand sei für viele Betriebe nicht | |
zu leisten, so der Vorsitzende Albrecht Döring. „Die Gästeregistrierung per | |
App muss genügen.“ Susanne Memarnia | |
## Fußball-Fans jubeln (real) | |
Der 1. FC Union Berlin darf sein letztes Spiel in dieser Saison in der | |
Fußball-Bundesliga erstmals seit Ende Oktober 2020 wieder vor Zuschauern | |
austragen. Bis zu 2.000 Fans können bei der Begegnung gegen RB Leipzig an | |
diesem Samstag im Stadion An der Alten Försterei dabei sein, wenn die | |
Inzidenzzahlen in der Hauptstadt auch in den kommenden Tagen so niedrig | |
bleiben wie aktuell. Das bestätigte Martin Pallgen, Sprecher der | |
Senatsverwaltung für Inneres und Sport, am Montag. | |
Das Hygienekonzept von Union sieht „eine Testpflicht für alle Besucher des | |
Stadions vor“, hieß es in einer Mitteilung. Ausgenommen sind vollständig | |
geimpfte oder von einer Corona-Erkrankung genesene Personen. Die | |
Ticketvergabe erfolgt per Losverfahren unter den Vereinsmitgliedern, die im | |
Besitz einer Dauerkarte sind. Die Genehmigung stehe „unter dem Vorbehalt, | |
dass das Pandemiegeschehen es zulässt“. Die Gefährdungslage werde | |
fortlaufend überprüft. | |
Union hatte am Sonntag mitgeteilt, einen Antrag für ein Pilotprojekt zur | |
Zuschauerrückkehr während der Corona-Pandemie gestellt zu haben. Für die | |
Mannschaft von Trainer Urs Fischer geht es als Tabellen-Siebtem im letzten | |
Ligaspiel gegen Leipzig sportlich noch um die Qualifikation für die neue | |
europäische Conference League. | |
Zuletzt trat Union am 24. Oktober 2020 gegen den SC Freiburg (1:1) vor | |
Zuschauern an. 4.500 Fans waren in der normalerweise rund 22.000 Personen | |
fassenden Arena im Berliner Stadtteil Köpenick dabei. Das bislang letzte | |
Bundesligaspiel mit Fans auf den Tribünen war das 2:1 des VfL Wolfsburg | |
gegen Arminia Bielefeld einen Tag später. (dpa) | |
## Freiheit auch fürs Federvieh | |
Zwischendrin eine wichtige Meldung für alle Hühner-, Puten- und Enten- oder | |
Gänsefreunde in Berlin: Ihre Lieblinge dürfen von diesem Samstag an auch in | |
der Hauptstadt wieder ins Freie! Denn die Stallpflicht wegen der | |
Geflügelpest wird aufgehoben, wie die Senatsverwaltung für | |
Verbraucherschutz mitteilte. Die galt seit März dieses Jahres, um eine | |
Übertragung des gefährlichen Erregers zu verhindern. Und weil der letzte | |
Fall vor fast vier Wochen bei einem Wildvogel entdeckt wurden ist, kann | |
alles Geflügel wieder ins Freie. Die Brandenburger Hühner & Co durften das | |
übrigens schon Anfang Mai. | |
Ach so, bislang wurden nach Senatsangaben 21 Fälle der Geflügelpest | |
nachgewiesen – bei 20 Wildvögeln und lediglich einem Tier eines privaten | |
Geflügelhalters. Andreas Hergeth | |
18 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Coronakrise-und-die-Lichtspieltheater/!5747357 | |
[2] /Landesregierung-beschliesst-Lockerungen/!5765967 | |
[3] /Folgen-der-Corona-Massnahmen/!5755012 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
Andreas Hergeth | |
Susanne Memarnia | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Ausgangssperre | |
Kultur in Berlin | |
Berliner Bäder-Betriebe | |
Wochenkommentar | |
Lockdown | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Freibadsaison in Berlin: „Die Testpflicht ist aufgehoben“ | |
Badbesucher brauchen ab sofort keinen Coronatest mehr, sagt der | |
Bädersprecher. Kinder bis zu zwölf Jahren haben in den Sommerferien freien | |
Eintritt. | |
Union und die Coronaregeln: Gutsherrenart beim FC Union | |
Bei der Feier der Fans am vergangenen Wochenende wurden erneut die | |
Hygieneregeln missachtet. Der Umgang des Vereins damit nervt. | |
Coronaruhe geht langsam vorbei: Muss ich nicht haben | |
Schön ruhig war’s im Lockdown. Doch nun geht der Amüsierzwang wieder los. | |
Für manche alten Feierbiester kommt das viel zu spät. | |
Verwirrung um Impfreihenfolge in Berlin: Schöne Ankündigung, nix dahinter | |
Berlin hebt die Priorisierung der Impfreihenfolge nun doch nicht auf. Viele | |
ÄrztInnen sind verärgert angesichts des Kommunikationschaos. | |
Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Ende der Priorisierung ab 7. Juni | |
Bund und Länder haben beschlossen, die Impfreihenfolge bald aufzuheben. Die | |
Bundesregierung warnt, trotz sinkender Coronazahlen vorsichtig zu bleiben. | |
Landesregierung beschließt Lockerungen: Der Pfingstbesuch kann kommen | |
Senat hebt privates Übernachtungsverbot zum 19. Mai auf. Am 21. soll die | |
Außengastronomie öffnen können. Hotels müssen bis Mitte Juni warten. | |
Folgen der Corona-Maßnahmen: Maximaler Frust in Hotels und Bars | |
Ein Viertel der Gastronomen steht vor dem wirtschaftlichen Aus, kritisiert | |
der Branchenverband. Er verlangt einen Öffnungsplan und mehr Geld. | |
Coronakrise und die Lichtspieltheater: Schwarze Leinwand | |
Die Filmplakate hängen noch. Doch egal ob Blockbuster oder Anspruchsvolles | |
– nichts geht mehr im Kino. Eine Branche kämpft ums Überleben. |