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# taz.de -- Folgen der Corona-Maßnahmen: Maximaler Frust in Hotels und Bars
> Ein Viertel der Gastronomen steht vor dem wirtschaftlichen Aus,
> kritisiert der Branchenverband. Er verlangt einen Öffnungsplan und mehr
> Geld.
Bild: Hotel- und BarbesitzerInnen leiden stark unter den Corona-Maßnahmen
Berlin taz | Dirk Zander lebt auf Pump. „Wir zehren von einem Kredit
unserer Bank von 2020.“ Dem Gastronomen geht es wie den meisten in der
Branche: wegen Corona geschlossen seit fast fünf Monaten, kein Umsatz.
Widerstrebend stellt er sich darauf ein, dass es noch einige Wochen so
bleiben könnte.
[1][Die November- und Dezemberhilfen des Bundeswirtschaftsministeriums sind
immerhin auf Zanders Konto angekommen.] In Prenzlauer Berg in Berlin
betreibt er zusammen mit seinem Kompagnon das Restaurant Oderquelle. Von
der sogenannten Überbrückungshilfe III für 2021 hat er allerdings noch
keinen Euro gesehen. Wobei auch unklar ist, welchen Teil der staatlichen
Unterstützung Zander für seinen persönlichen Lebensunterhalt verwenden
darf.
„Die Stimmung und Lage sind katastrophal“, fasste Guido Zöllick am
Donnerstag zusammen. Der Präsident des [2][Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbands (Dehoga)] bezifferte die branchenweiten Umsatzverluste
seit der ersten Geschäftsschließung im März vergangenen Jahres auf 63
Prozent. „Jeder vierte der 222.000 Betriebe zieht in Erwägung aufzugeben“,
sagte Zöllick. Bisher sind das alles allerdings bloße Befürchtungen. Denn
Zahlen zu tatsächlichen Bankrotten und Abschieden konnte der
Verbandspräsident nicht präsentieren.
Zöllick hat seinen Blick vor allem auf den kommenden Montag gerichtet. Dann
wollen die Regierungen der Bundesländer abermals mit Kanzlerin Angela
Merkel diskutieren, wie es mit der Coronapandemie, Geschäftsschließungen,
Impfungen und Tests weitergeht.
## Klare Forderungen aus der Branche
Eine wesentliche Forderung der Kneipen, Restaurants, Hotels und Caterer
besteht darin, dass der Staat ihre Verluste vollständig ersetzen solle. Im
Rahmen der Überbrückungshilfe können sie augenblicklich zwar bis zu 90
Prozent der Fixkosten wie Mieten und Versicherungen beantragen. Je nach
Größe der Firma bleiben dabei aber Tausende, manchmal gar Millionen Euro
offen, die die Firmen dann aus eigener Kraft finanzieren müssen.
Gerade bei kleineren Betrieben fällt ins Gewicht, dass die
Lebenshaltungskosten der Eigentümer:innen unzureichend abgedeckt sind.
Außerdem wurden bislang nicht mal die vollständigen Ersatzzahlungen für
November und Dezember an alle Unternehmen überwiesen – von der
Unterstützung für 2021 gar nicht zu reden.
Von der Krisensitzung am nächsten Montag erwartet Zöllick „eine konkrete
Öffnungsperspektive“ für alle Gaststätten und Hotels. Die Politik solle
eindeutige Kriterien definieren, bei welcher Infektionszahl – wahlweise
auch Krankenhausbelegung oder anderen Maßstäben – Gäste draußen und drinn…
wieder bewirtet werden dürften. Der Verband verlangt einen Plan, einen
Hoffnungsschimmer.
## Vorbild Tübingen
Außerdem müsse mehr regionale „Flexibilität“ in der Betrachtung möglich
sein. Er lebe und arbeite in Rostock, sagte Zöllick. Die Corona-Inzidenz
für die vergangenen sieben Tage liegt dort bei etwa 20 pro 100.000
Einwohner:innen – sehr niedrig. Warum sollten Hotels also nicht öffnen
dürfen?, fragte der Verbandschef. „Unseren Betrieben ist nicht zu
vermitteln, dass die Bundesregierung einerseits Urlaub auf Mallorca wieder
möglich macht, aber einen Besuch im Biergarten weiterhin nicht erlaubt“, so
Zöllick, „das führt zu maximalem Frust in unserer Branche.“
Und auch mit der Teststrategie der Bundesregierung ist der
Verbandsvertreter unzufrieden. Es sei „unpraktikabel“, wenn Restaurants
ihren Gäste selbst Schnell- oder Selbsttests anbieten müssten, bevor sie
eintreten dürften. Vor vielen Betrieben gebe es keinen Platz für Testzelte.
Auch die Kosten für das zusätzliche Personal seien nicht zu stemmen. Als
positives Beispiel nannte der Verband hingegen Tübingen, wo der grüne
Bürgermeister Boris Palmer eine funktionierende Strategie mit öffentlichen
Testzentren umsetze.
Und wie lange kann Dirk Zander mit seiner Oderquelle noch durchhalten –
ohne Gäste, ohne Einnahmen? „Wir müssen weitermachen“, sagt der Chef, „…
andere Chance haben wir nicht.“ Die Investitionen in sein Restaurant, der
offene Kredit – mit einem mäßig bezahlten Job anderswo kommt er nie wieder
auf einen grünen Zweig, befürchtet Zander.
18 Mar 2021
## LINKS
[1] /Abschlagszahlungen-starten-heute/!5757706
[2] https://www.dehoga-bundesverband.de/
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
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