# taz.de -- Clubszene in Berlin: „Man muss ja auch vorausschauen“ | |
> Mit einem 6-Punkte-Plan bereiten sich Clubs auf Öffnungen vor. Tickets | |
> mit Schnelltests sollen das Tanzen wieder möglich machen – irgendwann. | |
Bild: So leer wie hier im Neuköllner Schwuz wird es in den Berliner Clubs wohl… | |
taz: Herr Leichsenring, die dritte Corona-Welle hat uns erfasst, | |
Inzidenzien steigen, der Lockdown wird wohl verlängert. Und gerade jetzt | |
stellt die Clubcommission einen Sechs-Punkte-Plan mit Strategien vor, um | |
demnächst zu Partys zurückkehren zu können. Kein optimales Timing, oder? | |
Lutz Leichsenring: Es ist ein Irrtum zu meinen, man darf nur planen, wenn | |
es gerade opportun scheint. Man muss ja auch vorausschauen. Es war sogar | |
ein Fehler, dass wir uns zum Beispel mit dem Thema Schnelltests nicht schon | |
letzten Herbst stärker beschäftigt haben. Wir wissen natürlich nicht, wann | |
die Inzidenzien so sind, dass wir wieder die Clubs öffnen können. Aber wenn | |
sie es denn sind, sollten wir eben vorbereitet sein. Unter den jetzigen | |
Voraussetzungen ist reguläres Clubben noch nicht möglich. Aber wir wären ja | |
bescheuert, würden wir uns nicht damit auseinandersetzen, wie wir wieder | |
zurück kommen können zu Indoor-Veranstaltungen. | |
Zu Ihrem Sechs-Punkte-Plan gehört auch die Durchführung von | |
Pilotveranstaltungen: Etwa die am 27. März im Holzmarkt, die gemeinsam mit | |
dem Kultursenat initiiert wurde. Glauben Sie nicht, dass es dann heißen | |
wird: Alle sollen weiter zu Hause bleiben, aber ein paar Leute dürfen | |
tanzen gehen? | |
Also getanzt wird da nicht, dass ist eine Sitzveranstaltung. Ich kann bis | |
zu einem gewissen Punkt verstehen, dass man sich darüber echauffiert, wenn | |
die Leute jetzt nach Teneriffa oder Mallorca fliegen. Aber dass wir uns | |
jetzt im März Gedanken darüber machen, wie wir Veranstaltungen sicher | |
umsetzen wollen in den Sommermonaten, das gehört zu unserem Job. Und wenn | |
das kritisiert werden würde, müsste ich sagen: das ist eine | |
Scheindiskussion. | |
Was genau wollen Sie bei der Pilotveranstaltung überhaupt herausfinden? | |
Der Ablauf eines Clubbesuchs unter Einbeziehung einer Teststrategie soll | |
einfach mal durchgespielt werden mit dem Ziel, eventuelle Tücken und Fehler | |
zu finden. Die Kette ist ja recht lang: Der Besucher kauft sich ein Ticket, | |
in dem Ticket ist der Test schon inklusive, dann geht er zu einer | |
Teststation, dort wird der Code gescannt, dann macht er den Test, erst | |
daraufhin geht es zur Venue. | |
Der Sechs-Punkte-Plan ist ziemlich ambitioniert. Es geht um den Austausch | |
mit der Wissenschaft und die Auswertung von Ausgehverhalten. Alles mit dem | |
Ziel, Veranstaltern ein auf die jeweils aktuelle Corona-Lage angepasstes | |
Partykonzept an die Hand zu geben. | |
Ja, der Sechs-Punkte-Plan ist dazu da, tatsächlich alles, was an | |
Möglichkeiten besteht, an Technologie, an Wissen, an Regelwerk, | |
aufzubereiten und zentral zugänglich zu machen. | |
Die Konzertbranche hat das Jahr 2021 schon abgeschrieben. Glauben Sie, der | |
Tresor oder das Watergate öffnen überhaupt noch in diesem Jahr wieder? | |
Ich bin kein Prophet. Aber ich glaube fest daran, dass auch kleine Konzerte | |
und Festivals noch in diesem Jahr statt finden können. Und wenn irgendwann | |
die vulnerablen Gruppen geimpft sind, dann muss man sich die Frage stellen, | |
was noch dagegen spricht, auch die Clubs wieder zu öffnen. Ich denke, wir | |
werden dabei noch eine ganze Weile mit Teststrategien arbeiten müssen. Am | |
Ende ist es aber auch so, dass wir wieder zu einer Selbstbestimmtheit der | |
Leute zurückkommen und diese selbst entscheiden lassen müssen, wie sie mit | |
ihrem Körper und ihrer Gesundheit umgehen sollen. Sofern sie dabei nicht | |
anderen Menschen schaden natürlich. | |
17 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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