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# taz.de -- Bergmannstraße weiter in Diskussion: Die Mühen der Verkehrswende
> Wie die Bergmannstraße endlich zur Begegnungszone wird: Bis Ende
> September sind vier Vorschläge auf der Straße zu sehen.
Bild: Auch schon ausprobiert: verkehrsberuhigende Punkte auf der Bergmannstraße
Herr Warmuth steht vor einer Stellwand an der Bergmannstraße und rätselt.
„Ich muss das hier erst einmal verstehen“, sagt der Anwohner und blickt
angestrengt auf eine Grafik. Die Stellwand ist Teil einer Open-Air-Galerie,
in der vier Möglichkeiten präsentiert werden, wie die Bergmannstraße in
Zukunft aussehen könnte.
Im vergangenen Jahr sorgte das Modellprojekt „Begegnungszone
Bergmannstraße“ für Spott: Als Experiment installierte der Bezirk
„Parklets“, kleine Inseln auf Parkplätzen für Fahrradständer oder
Sitzgruppen, die zum Verweilen einladen sollten.
Das hat nicht richtig geklappt, findet Warmuth: „Wir Anwohner nutzen die
nicht. Nur Touristen oder Partyleute. Außerdem sind sie hässlich und passen
überhaupt nicht in diese Straße aus der Gründerzeit.“ Der Rentner begrüßt
also, dass die provisorischen Parklets Ende des Monat abgebaut werden. Bis
dahin stehen darauf die Stellwände der Open-Air-Galerie.
Seit drei Jahren tüftelt das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg an einer
„Begegnungszone Bergmannstraße“ herum, unter Beteiligung der
Anwohner*innen. In zwei Werkstätten haben jeweils hundert zufällig
ausgewählte Anwohner*innen vier „Perspektiven“ erarbeitet, die jetzt auf
den Stellwänden vor Ort vorgestellt werden. Konsens unter den vier
Varianten ist: Die Bergmannstraße soll verkehrsberuhigter werden – am
besten gleich ganz autofrei.
## Touristen und Feierwütige
Außerdem sehen alle Vorschläge vor, dass die Straße um Begegnungsorte und
Grünflächen bereichert wird und Fußgänger*innen Priorität haben. Eine
Gruppe hatte konkrete Ideen für die Begegnungsorte: Ein Kräutergarten,
Schaukeln oder Urban-Gardening-Projekte könnten die autofreie Straße
beleben.
Die Varianten unterscheiden sich aber in einigen Punkten: Eine Variante
sieht eine mittige Fahrradachse vor, eine andere möchte auf der ganzen
Straße Grünflächenelemente verteilen, um den Radverkehr zu entschleunigen.
Eine Version erlaubt Autoverkehr für Anwohner*innen in eine Richtung.
In einer Variante wird der ÖPNV mithilfe von absenkbaren Pollern
durchgelassen, in einer anderen bleibt eine Durchfahrt quer über die
Bergmannstraße offen. Seit Montag und bis 23. September können alle
Nutzer*innen des Portals [1][mein.berlin.de] die vier „Perspektiven“
kommentieren. Einige fürchten, dass die Begegnungszone Touristen und
Feierwütige anziehen könnte. Andere wünschen, dass die Parklets bleiben bis
zur endgültigen Umgestaltung.
## Vorschläge der Anwohner*innen
Am 20. September werden in einem „Real Labor“ alle Optionen vor Ort
ausprobiert, bevor das Bezirksamt der Bezirksverordnetenversammlung ein
fertiges Konzept vorlegt – inspiriert von den Vorschlägen und den
Anmerkungen der Anwohner*innen. Und dann wird drei Jahre lang auf der
Straße gar nichts passieren. In der Zeit wird die Umsetzung geplant und
nach der Finanzierung gesucht.
Diese ist nämlich noch nicht gesichert und abhängig von der politischen
Agenda des Senats: „Wenn die Verkehrswende oben auf der Liste des Senats
steht, dann steht auch die Bergmannstraße oben“, sagte Bezirksstadtrat
Florian Schmidt am Montag.
Eine Anwohnerin, die selbst an einer Werkstatt teilgenommen hat, findet:
„Demokratie ist aufwendig und nicht unbedingt zielführend.“ Der Vorschlag
ihrer Werkstattgruppe wurde nicht in die engere Auswahl genommen: „Wir
wollten einen Wasserlauf die Straße entlang legen für die Kinder im
Sommer.“ Sie begrüßt aber die Parklets, sagt sie, und habe sich selbst
schon mit einem Stück Pizza hingesetzt.
10 Sep 2019
## LINKS
[1] https://mein.berlin.de/text/chapters/5072/?initialSlide=8
## AUTOREN
Anina Ritscher
## TAGS
Verkehrswende
Begegnungszone
Stadtplanung
Kreuzberg
Verkehrswende
Autoverkehr
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R2G Berlin
Florian Schmidt
Mobilitätsgesetz
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