# taz.de -- Baustopp für Wahrzeichen in Hamburg: Scholztower in Schwierigkeiten | |
> Das Hochhaus Elbtower an den Hamburger Elbbrücken sollte das dritthöchste | |
> in Deutschland werden. Dann kam Investor René Benko ins Schlittern. | |
Bild: Eine Bauruine muss nicht schlecht sein | |
HAMBURG taz | Der Himmel über Hamburg ist strahlend blau heute, nicht so | |
nebelig und wolkenverhangen wie in den letzten Wochen. Durch das Fenster | |
der S-Bahn kann man bereits einen ersten Blick auf den [1][Elbtower] | |
erhaschen. Wie ein großes, graues Ungeheuer ragt der Rohbau in den Himmel. | |
Etwa 100 Meter haben sie schon geschafft, 245 sollen es insgesamt werden. | |
Nach den ersten fünf Sockel-Etagen wird der Bau nach oben hin immer | |
schmaler. Danach erst schießt der Turm so richtig in die Höhe. Ein wenig | |
erinnert der untere Teil des Rohbaus an die Kreuzfahrtschiffe, die ein paar | |
Kilometer weiter im Hamburger Hafen anlegen. | |
So richtig kann man sich das noch nicht vorstellen: ein glitzernder | |
Luxus-Wolkenkratzer inmitten dieser rauen und unwirklichen | |
Industrielandschaft rund um die Elbbrücken. Doch genau hier, am östlichen | |
Rand der Hamburger Hafencity, soll ein neues hanseatisches Wahrzeichen | |
entstehen. So zumindest der Plan. Doch seit Ende Oktober [2][ist Baustopp], | |
der Betrieb steht still. Und die ganze Anlage sieht aus wie eine | |
Geisterstadt. | |
## Handschrift des Star-Architekten | |
Dicke Betonsäulen verbinden die Etagen des Rohbaus miteinander. Sie sollen | |
für Stabilität sorgen und verleihen dem Elbtower seine charakteristische | |
geschwungene Form. „Alles krumm und schief“, urteilt ein Passant nach einem | |
schnellen Blick durch eines der Bauzaun-Gitter. Und er hat nicht mal | |
unrecht. So ganz ohne Außenfassade kommt die gesamte Konstruktion von | |
[3][Star-Architekt David Chipperfield] tatsächlich noch etwas windschief | |
daher, so als hätte man die Stockwerke einfach irgendwie übereinander | |
gestapelt. | |
Im Inneren des skelettartigen Rohbaus sind zahllose Eisenstangen zwischen | |
den nackten Betonwänden eingespannt und stützen die Decken. Vereinzelt | |
leuchten Scheinwerfer-Funzeln am Gebäude, obendrauf thronen dunkelgraue | |
Container mit dem Logo der Bauherrin Signa Prime Selection. Drumherum | |
stehen die leuchtend roten Baukräne der Firma Lupp, weit und breit der | |
einzige Farbakzent in diesem Meer aus Grau. Überall auf dem | |
Baustellen-Areal lagern Eisenstangen, Baugerüste und Gitterzäune. | |
Maschinen, Baufahrzeuge und sonstige Arbeitsgeräte, so weit das Auge | |
reicht. | |
Fast erschlagen wird man von der schieren Materialität des Geländes. Ob | |
Baggerschaufeln oder Gasflaschen, ob Holzpaletten oder kleine Gabelstapler | |
– es ist, als hätte irgendjemand alle Baustoffe und Arbeitsgeräte dieser | |
Welt schon mal provisorisch hier abgeladen. | |
Genutzt wird davon momentan nichts. Das einzige, was sich auf dieser | |
riesigen Baustelle bewegt, sind die lose in der Luft flatternden | |
Spanngurte, die hier und da in luftiger Höhe um die Säulen des | |
Beton-Rohbaus geschlungen wurden. Selbst die roten Baukräne wirken | |
irgendwie unbeteiligt. Sieben Stück sind es, sie sind durchnummeriert. Man | |
will bei einem solchen Projekt eben nichts dem Zufall überlassen. | |
Eigentlich. | |
Der Elbtower sollte nach dem Commerzbank Tower und dem Frankfurter | |
Messeturm das dritthöchste Gebäude Deutschlands werden. Er ist der | |
vorläufige Schlusspunkt des städteplanerischen Monsterprojekts Hafencity | |
und so etwas wie das Vermächtnis von Ex-Bürgermeister Olaf Scholz. Gegen | |
alle Widerstände hatte dieser sich für den Chipperfield-Entwurf und vor | |
allem für den schillernden Immobilienunternehmer [4][René Benko] als | |
Investor stark gemacht. Scholz und Benko hatten im Jahr 2013 zum ersten Mal | |
Kontakt gehabt, daran schien sich Scholz während der Ausschreibungsphase zu | |
erinnern. Schade, dass ihm das heute bei so manchem Cum-Ex-Termin nicht | |
mehr gelingen mag. | |
## Wunderwuzzi in Geldnöten | |
2019 hatte die Hamburger Bürgerschaft dann den Verkauf des Grundstücks | |
beschlossen, Benkos Signa-Gruppe erhielt den Zuschlag. 2021 begannen die | |
Bauarbeiten, und bis zu diesem Jahr kam man gut voran. Doch nun steckt der | |
österreichische „[5][Wunderwuzzi]“ Benko in Geldnöten. Erst ging am | |
vergangenen Freitag die deutsche Signa-Immobilientochter in Konkurs, am | |
darauffolgenden Mittwoch meldete dann auch die Signa-Holding beim | |
Handelsgericht in Wien [6][die Insolvenz an]. Wie es mit dem | |
prestigeträchtigen Elbtower-Bauvorhaben jetzt weitergeht, ist derzeit noch | |
unklar. | |
Eine zweite Elbphilharmonie möchte der Senat vermeiden, der Elbtower soll | |
in jedem Fall ohne Steuergelder finanziert werden. Aktuell prüft der | |
Hamburger [7][Allzweck-Milliardär Klaus-Michael Kühne] einen Einstieg in | |
das Projekt. Die Stadt Hamburg hat außerdem ein Rückkaufrecht für das | |
Grundstück und das, was vom Gebäude bis dahin steht. Das greift aber wohl | |
frühestens ab 2028. Wenn es blöd läuft, könnte der Luxusturm die nächsten | |
vier Jahre als Bauruine das Stadtbild prägen. | |
3 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Elbtower-Investor-kann-loslegen/!5895387 | |
[2] /Super-Hochhausprojekt-in-Hamburg/!5969181 | |
[3] /Debatte-um-Hochhaus/!5531871 | |
[4] /Spekulation-mit-Immobilien/!5925353 | |
[5] /Immoblienmogul-Benko-gefeuert/!5970771 | |
[6] /Pleite-der-Signa-Gruppe/!5977259 | |
[7] /Klaus-Michael-Kuehne/!t5451540 | |
## AUTOREN | |
Jonas Graeber | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Stadtland | |
wochentaz | |
René Benko | |
Signa | |
Bürgermeister Olaf Scholz | |
Hochhaus | |
Hafencity | |
Hamburg | |
Hamburg | |
Immobilien | |
Immobilienbranche | |
Immobilien | |
Immobilienbranche | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Elbtower-Mieter springt ab: Das Kartenhaus wankt | |
Die Hamburg Commercial Bank sollte größte Mieterin im Hamburger Elbtower | |
werden. Offenbar ist sie schon im Januar vom Vertrag zurückgetreten. | |
Nächste Insolvenz bei René Benko: Scholztower-Erbauer ist pleite | |
Das Signa-Tochterunternehmen für den Bau des Hamburger Elbtowers hat | |
Insolvenz angemeldet. Die Stadt hofft nun auf ein Ende des Stillstands. | |
Ökonom über Signa-Insolvenz: „Wird richtig eng für Kaufhäuser“ | |
Bei der Gruppe des Immobilienunternehmers Benko haben die Kontrolleure | |
versagt, meint Ökonom Leonhard Dobusch. Einzige Chance sei nun Transparenz. | |
Banken und Kommunen im Signa-Konkurs: Benko und das Staatsversagen | |
Die Insolvenz der Signa-Gruppe passierte nicht im Vakuum, die öffentliche | |
Hand ließ sich lange von René Benko blenden – und sitzt jetzt mit im Boot. | |
Insolvenz der Signa-Gruppe: Benkos Kartenhaus bricht zusammen | |
In Österreich spricht man von der größten Pleite seit dem Zweiten | |
Weltkrieg. Was passiert nun mit den einzelnen Teilen der | |
Galeria-Karstadt-Mutter? | |
Immoblienmogul Benko gefeuert: Eigentümer gegen „Wunderwuzzi“ | |
Ein wankendes Imperium, Baustellen, auf denen nicht gearbeitet wird: Nun | |
haben Investoren Immobilienmogul Benko entmachtet. Signa liegt in Trümmern. | |
Super-Hochhausprojekt in Hamburg: Stillstand beim Elbtower | |
Der Wolkenkratzer an den Hamburger Elbbrücken wird vorläufig nicht | |
weitergebaut. Die Baufirma wartet, weil der Investor Rechnungen nicht | |
bezahlt hat. |