| # taz.de -- Elbtower-Investor kann loslegen: Möge eine schöne Ruine entstehen! | |
| > Hamburg übergibt dem Investor René Benko das Grundstück für den Elbtower. | |
| > Der 245-Meter-Turm könnte am Ende zu einem Wahrzeichen anderer Art | |
| > werden. | |
| Bild: Eines seiner Vermächtnisse in Hamburg: Olaf Scholz 2018 vor einer Visual… | |
| Es soll vielleicht nicht Hamburgs schönstes Wahrzeichen, aber doch immerhin | |
| das am weitesten sichtbare werden: Der Errichtung des [1][245 Meter hohen | |
| Elbtowers] steht nun kaum mehr etwas im Weg. Bis zum 30. November hatte die | |
| Stadt als Verkäuferin der Fläche an den Elbbrücken Zeit zu prüfen, ob der | |
| Käufer alle Bedingungen erfüllt hat. Nun steht nur noch der zweite Teil der | |
| Überweisung des Verkaufspreises durch den Immobilieninvestor René Benko und | |
| seiner Signa-Gruppe an. | |
| Dann gibt es kein Zurück mehr. Doch tatsächlich beginnt erst jetzt die | |
| wirklich spannende Projektphase – an deren Ende mit einer Bauruine ein | |
| Wahrzeichen ganz anderer Art weithin sichtbar sein könnte. Und schön wäre | |
| das ja! | |
| Allen auch internen Zweifeln zum Trotz hat die hamburgische SPD das Projekt | |
| bis hierhin durchgedrückt. Denn: Der Turm, so einst Fraktionschef Dirk | |
| Kienscherf, „bereichert unsere Stadt“. Und mehr noch: Das Bauwerk | |
| unterstreiche „die Bedeutung der Stadt als Tor zur Welt“. | |
| Ja, wie soll ein Mensch gegen solche programmatischen Ansagen | |
| argumentieren! Und es ist obendrauf ja auch das Vermächtnis des zweiten | |
| hansestädtisch-sozialdemokratischen Bundeskanzlers nach Helmut Schmidt. | |
| [2][In seinen letzten Handlungen als Bürgermeister stellte Olaf Scholz 2018 | |
| die Weichen.] | |
| ## Eine lange Liste an Zweifeln | |
| Doch seither hat sich die Lage ziemlich gewandelt. Zwar hat die Stadt ein | |
| wenig darauf reagiert und höhere Anforderungen an Benkos Signa-Gruppe | |
| gestellt. Doch können sie im Kern nicht den Zweifel daran ausräumen, dass | |
| die Signa-Gruppe das Gebäude vielleicht nie wird fertigstellen können. | |
| Der Zweifel beginnt bei Benko. Der war zwar auch schon 2018 wegen | |
| Korruption vorbestraft und nicht gerade das, was Hamburger:innen gerne | |
| einen ehrbaren Kaufmann nennen. Aber bald könnte er erneut vor Gericht | |
| stehen. Die österreichischen Behörden ermitteln gegen ihn wegen Bestechung | |
| eines hohen Finanzbeamten, um ein Steuerverfahren zu beeinflussen. Springen | |
| dann die davon abgeschreckten Investoren des Elbtower-Projekts ab? | |
| Und dann ist da die erneute Insolvenz von Benkos Warenhauskette | |
| Galeria-Karstadt-Kaufhof. Ist das nicht ein Zeichen, dass man in Benkos | |
| Händchen für erfolgreiche Unternehmungen vielleicht doch nicht so viel | |
| Vertrauen haben sollte? Schließlich muss die Signa-Gruppe genügend Geld | |
| haben, um den Bau fertigzustellen. | |
| Einen Großteil des Kapitals stellt sie nicht selbst, sondern lässt ihn | |
| fremdfinanzieren. Da ist es sicherlich nicht hilfreich, dass kürzlich | |
| bekannt wurde, der Turm werde statt der geplanten 700 Millionen Euro nun | |
| 950 Millionen Euro kosten. | |
| ## Erinnerungen an die Elbphilharmonie | |
| Das jedoch sind nur einige der Zweifel, [3][deren Gesamtheit kürzlich auch | |
| der Spiegel zusammenfasste.] Nicht unwahrscheinlich also, dass in drei | |
| Jahren nicht wie versprochen die schmucke gekrümmte Glasfassade des Turms | |
| in der Sonne strahlt, sondern dort höchstens ein Stahlgerippe ein paar | |
| Dutzend Meter hoch in die Luft ragt. Gänzlich neu wäre Hamburger:innen | |
| ein solcher Anblick nicht. Bei der Elbphilharmonie sah es zeitweise ähnlich | |
| aus. | |
| Und schön anzusehen wäre eine solche Bauruine ja dennoch – als Wahrzeichen | |
| städtischen Größenwahns. Es könnte über viele Jahre hinweg stetig rostend | |
| mahnen, von derlei überdimensionierten und ziemlich unnützen Projekten die | |
| Finger zu lassen. | |
| Aber so eine Ruine würde natürlich höchstens für eine kurze Zeit mahnen. | |
| Das immerhin hat die Stadt vertraglich gesichert: Geht Benkos Signa-Gruppe | |
| pleite und kann den Bau nicht vollenden, darf die Stadt das Grundstück samt | |
| der bisherigen Bautätigkeit zurückkaufen – und das Wahrzeichen selbst zu | |
| Ende bauen. | |
| Einziger Haken und klug von Benkos Signa-Gruppe ausgehandelt: Sie bekommt | |
| dann auch noch die bisherigen Baukosten erstattet. Aber auch das wäre ja | |
| eine schöne Mahnung für künftige sozialdemokratisch regierte Hamburger | |
| Senate. | |
| 30 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Scholz-Wolkenkratzer-Vermaechtnis/!5883941 | |
| [2] /Debatte-um-Hochhaus/!5531871 | |
| [3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/elbtower-in-hamburg-die-riskante-wette-de… | |
| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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