Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elbtower-Mieter springt ab: Das Kartenhaus wankt
> Die Hamburg Commercial Bank sollte größte Mieterin im Hamburger Elbtower
> werden. Offenbar ist sie schon im Januar vom Vertrag zurückgetreten.
Bild: Der Ankermieter ist offenbar abgesprungen: Rohbau des Elbtowers
Hamburg taz | Hamburgs Prestigeprojekt Elbtower gerät immer weiter in
Schieflage. [1][Knapp vier Wochen nach der Insolvenz der
Projektentwicklungsgesellschaft] will nun offenbar auch der Ankermieter,
die Hamburg Commercial Bank (HCOB), von seinem Mietvertrag zurücktreten,
wie zuerst die Hamburger Morgenpost berichtete.
Das war am vergangenen Freitag im Haushaltsausschuss der Hamburger
Bürgerschaft zur Sprache gekommen – allerdings erst im nicht öffentlichen
Teil, nachdem die Journalist:innen gegangen waren. Die Pressesprecherin
der Bank, Katrin Steinbacher, dementiert das nicht, bittet auf taz-Anfrage
aber um Verständnis, „dass wir Vertragsangelegenheiten grundsätzlich nicht
öffentlich kommentieren“.
Gleich doppelt auf der sicheren Seite hatte sich der Senat gewähnt, als er
dem Signa-Konzern den Zuschlag für den Elbtower erteilte – obwohl die
Europäische Zentralbank damals schon vor Geschäften mit der Holding des
windigen österreichischen Immobilienmoguls René Benko gewarnt hatte.
Einerseits hatte die Stadt sich ein Rückkaufrecht für den Fall gesichert,
dass die Projektgesellschaft pleite ginge, das sich ausgesprochen günstig
las: Für den Verkaufspreis von 122 Millionen Euro sollte die Stadt das
Grundstück zurückerwerben können – und den bis dahin realisierten Bau
kostenlos dazubekommen.
## Kaum Neuansiedlungen
Zum anderen hatte die Stadt auf eine Vorvermietungsquote von 30 Prozent der
geplanten Nutzfläche bestanden. Signa musste dazu Mietverträge vorlegen,
bevor der Grundstücksverkauf über die Bühne ging. Unter den Mietern waren
aber weniger die erhofften Neuansiedlungen großer Firmen, sondern vor allem
Bestandsmieter von Signa: allen voran die HCOB, die [2][aus der
milliardenteuren Rettung der vormaligen Landesbank HSH Nordbank durch die
Eignerländer Hamburg und Schleswig-Holstein hervorgegangen ist.]
Die Bank wollte laut Vertrag mindestens 11.000 Quadratmeter Bürofläche
mieten, mit Option auf weitere 2.000. Bei einer Gesamt-Nutzfläche von
79.000 Quadratmetern hätte der Vertrag mit der HCOB allein die Hälfte der
geforderten Vorvermietungsquote erfüllt. Ihren bisherigen Hauptsitz in der
ehemaligen Landesbank-Passage in der Hamburger Innenstadt hatte die Bank da
bereits verkauft – und zwar an Benkos Signa; zu einem für eine
sanierungsbedürftige Immobilie sehr guten Quadratmeterpreis von 7.300 Euro,
wie Die Zeit vor gut einem Jahr berichtete.
Signa-Pressesprecher Sebastian Schmidt hatte in der Zeit damals noch
dagegengehalten, es sei eine „kreditschädigende Unterstellung“, dass die
Signa für das Gebäude 220 Millionen Euro gezahlt habe, um die HCOB als
Mieter für den Elbtower zu gewinnen.
Die Hamburger FDP-Vize Katarina Blume findet heute scharfe Worte für diesen
Deal: „Mit dem Absprung der skandalumwitterten ehemaligen Landesbank kommt
ein weiterer Schmuddel-Deal ans Licht“, schreibt sie in einer
Pressemitteilung. Mit der Übernahme der „in die Jahre gekommenen
HCOB-Immobilie am Gerhart-Hauptmann-Platz zu einem überteuerten Preis“ habe
Benko sich „die Vorvermietungsquote erkauft“, kritisiert die Liberale. Ob
der Umzug der Bank in den Elbtower tatsächlich je geplant gewesen sei,
werde man nie herausfinden.
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Markus Schreiber bedauert, dass die
Bürgerschaft die Verträge über die Vorvermietung seinerzeit nicht selbst
geprüft habe. Sonst wären mögliche Ausstiegsklauseln vielleicht
aufgefallen. Man habe sich seinerzeit von der hessisch-thüringischen
Landesbank Helaba versichern lassen, dass alles in Ordnung sei.
Die Helaba trat aber selbst als sogenannter „tauglicher Finanzierer“ auf,
der das Bankenkonsortium zur Finanzierung des Elbtowers zusammenbringen
sollte. Sie begutachtete die Verträge zwischen Signa und HCOB somit
praktisch im eigenen Interesse. „Wir sollten daraus lernen, dass wir uns
nicht wieder über den Tisch ziehen lassen“, sagte Schreiber der taz, „und
in solchen Fällen künftig selbst in die Verträge gucken.“
In dieselbe Kerbe schlägt die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann: „Wenn die
HCOB wirklich vom Vertrag zurückgetreten ist, ist das auch eine Ohrfeige
für den Senat.“ Die Beteuerungen des Senats, einen supersicheren Vertrag
mit Signa abgeschlossen zu haben, entpuppten sich als „Luftnummer“. Das sei
auch kein Wunder: Weder Senat noch Bürgerschaft hätten die
Vorvermietungsverträge überhaupt gesehen.
Der Rückzug der HCOB werfe auch die Frage auf, [3][wozu der Elbtower
überhaupt weiter in die Höhe gebaut werden sollte,] sagt Sudmann. Die
Nachfrage nach Büroflächen sinke schließlich weiter. Aus aktuellen Daten
des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP) geht hervor, dass in Hamburg
die tatsächlichen Verkaufspreise für Büroimmobilien innerhalb eines Jahres
um 13,3 Prozent gesunken sind.
Zum Rückkaufrecht, auf das der Hamburger Senat in den vergangenen Wochen
immer wieder verwiesen hat, gibt es weiter gegensätzliche Meinungen. Das
zeigte sich auch am Freitag im Haushaltsausschuss: Dass der [4][Kaufvertrag
ein Wiederkaufrecht nur bei einer Insolvenz], wohlgemerkt, nach der
Fertigstellung des Gebäudes vorsieht, hob Sudmann an mehreren Stellen
hervor. Der Senat habe also derzeit keinerlei Zugriff, weil er bei der
Vertragsgestaltung geschlampt habe.
Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) widersprach dem erneut –
betonte aber auch, „den Vertrag in der Gesamtschau“ zu betrachten.
14 Feb 2024
## LINKS
[1] /Naechste-Insolvenz-bei-Rene-Benko/!5986681
[2] /Schlussstrich-unter-Nordbank-Debakel/!5838768
[3] /Neuer-Investor-fuer-Hamburger-Elbtower/!5984500
[4] https://suche.transparenz.hamburg.de/?q=Elbtower%20Grundst%C3%BCckskaufvert…
## AUTOREN
André Zuschlag
Jan Kahlcke
## TAGS
Hamburg
René Benko
Signa
Rot-Grün Hamburg
Immobilien Hamburg
Immobilien Hamburg
René Benko
Insolvenz
René Benko
Hamburg
Schwerpunkt Stadtland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamburger Hafencity: Hoffnung für den Elbtower
Der Hamburger Immobilienentwickler Dieter Becken kann sich vorstellen, den
Wolkenkratzer an den Elbbrücken fertig zu bauen.
Stadtforscherin über Kunstaktion: „Elbtower wäre Treffpunkt für alle“
Das Hochhaus in Hamburg ist halb fertig, ob und wann dort weitergebaut
wird, ist unklar. Nun erbarmen sich Kreative auf Raumsuche der
Investitionsruine.
Was René Benkos Insolvenz bedeutet: Sozialwohnung droht nicht
Der Pleitier aus Österreich hat Insolvenz angemeldet. In Armut wird er
nicht sinken, denn sein Geld hat er in Stiftungen im Familienumfeld
gebunkert​.
Neuer Investor für Hamburger Elbtower: Scholztower wird zum Luftschloss
Auf die Pleite des Hamburger Elbtower-Eigentümers folgt eine scheinbar
attraktive Lösung: Ein Investor will den Turm für Wohnraum fertigstellen.
Nächste Insolvenz bei René Benko: Scholztower-Erbauer ist pleite
Das Signa-Tochterunternehmen für den Bau des Hamburger Elbtowers hat
Insolvenz angemeldet. Die Stadt hofft nun auf ein Ende des Stillstands.
Baustopp für Wahrzeichen in Hamburg: Scholztower in Schwierigkeiten
Das Hochhaus Elbtower an den Hamburger Elbbrücken sollte das dritthöchste
in Deutschland werden. Dann kam Investor René Benko ins Schlittern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.