# taz.de -- Schlussstrich unter Nordbank-Debakel: „Ein Milliarden-Verlust“ | |
> Der Abwicklung der Nordbank-Überbleibsel steht vor dem Abschluss. Hamburg | |
> und Schleswig-Holstein bleiben auf Milliarden-Schulden sitzen. | |
Bild: Vergangene Größe: Auch das Nordbank-Gebäude am Kleinen Kiel wurde im Z… | |
HAMBURG taz | Die Meldungen der vergangenen Woche klangen fast | |
überschwänglich: Die von Hamburg und Schleswig -Holstein gegründete | |
Abwicklungsanstalt für die faulen Kredite der [1][HSH Nordbank] kündigte am | |
22. Februar den Verkauf des letzten großen Pakets aus Krediten für 56 | |
Schiffe an – für rund eine halbe Milliarde Euro, wobei den Managern der | |
„Bad Bank“ der weltweite Boom der Frachtschifffahrt in die Hände spielte. | |
Insgesamt dürfte die Abwicklungsanstalt seit ihrer Gründung schätzungsweise | |
eine Milliarde Euro erlöst haben und ihren Betrieb gegen alle Erwartungen | |
mit einem positiven Eigenkapital abschließen. | |
Doch es geht dabei nur um einen kleinen Teil der ehemaligen Landesbank. | |
Insgesamt werden Staat und Bürger das Nachsehen haben. Mit dem [2][Verkauf | |
der HSH Nordbank] an US-Investoren für eine Milliarde Euro hatten Hamburg | |
und Schleswig-Holstein 2018 nach ihren Angaben Altlasten in Höhe von | |
insgesamt etwa zehn Milliarden Euro. | |
Im August soll endgültig der Schlussstrich unter die Geschichte aus Gier | |
und verantwortungslosem Handeln von Topmanagern, Politikern und | |
Gewerkschaftern im Aufsichtsrat gezogen werden. Doch die Irrfahrt geht | |
weiter, bedauert Hamburgs sozialdemokratischer Finanzsenator Andreas | |
Dressel: „Es bleibt ein Milliarden-Verlust, den die Steuerzahlerinnen und | |
Steuerzahler noch über Jahrzehnte abzahlen müssen.“ | |
Bis zur [3][Finanzkrise] 2007/2008 hatte die Landesbank ein großes und, wie | |
sich zeigen sollte, spekulatives Rad gedreht. Nach dem Vorbild der privaten | |
Großbanken legte die HSH Nordbank ihr Geld unter anderem in dubiosen | |
Steueroasen und riskanten Wertpapieren an. Jahrelang füllte das gewagte | |
Investmentgeschäft die Staatskassen an Alster und Förde mit dreistelligen | |
Millionenbeträgen. Am Ende ging der weltgrößte Schiffsfinanzier unter. | |
Statt des Börsengangs folgten im Schnelldurchgang Rettungskonzepte, | |
Vorstandswechsel und Milliardenhilfen von den Landesregierungen. Auch | |
andere deutsche Landesbanken hatten sich verzockt. Doch während die | |
Regierungen in Hannover, München und Stuttgart ihre öffentlichen | |
Zockerbuden retten konnten, endete die Nordbank in Pleiten, Pech und | |
Pannen. Es folgten staatsanwaltliche Ermittlungen, Prozesse wegen | |
Bilanzmanipulationen und parlamentarische Untersuchungsausschüsse. | |
In der Spitze verfügte die HSH einmal über eine Bilanzsumme von 208 | |
Milliarden Euro und beschäftigte 5.070 Menschen. Statt die Nordbank einfach | |
untergehen zu lassen, wie es sogar linke Ökonomen gefordert hatten, halfen | |
die Länder zwei Mal mit Milliarden aus. Wegen dieser Staatshilfen musste | |
die Bank auf Direktive der EU-Kommission bis März 2018 abgewickelt oder | |
verkauft werden. Am Ende wussten sich der damalige Bürgermeister Olaf | |
Scholz und sein damaliger Finanzsenator und spätere Nachfolger, Peter | |
Tschentscher (beide SPD), nicht anders als durch eine Privatisierung zu | |
helfen. | |
Und diese wurde kostspielig, auch für eines der ärmsten Bundesländer. | |
Schleswig-Holstein musste seinerzeit mit einem Etat von rund zehn | |
Milliarden Euro auskommen. Federführend in Kiel war Finanzministerin Monika | |
Heinold (Grüne). Ministerpräsident damals wie heute: Daniel Günther (CDU). | |
Unterm Strich könnte das Minus für die Länder schätzungsweise zwölf | |
Milliarden Euro betragen. Die Summe setzt sich zusammen aus dem | |
nachgeschossenen Eigenkapital und dem Verlust aus der Abwicklung. Der | |
Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch (Linke) taxiert den | |
damaligen Wert der Bank auf sechs Milliarden Euro, während die Länder nur | |
eine Milliarde erlösten. „Eine genaue Abrechnung fordern wir vom Senat“, | |
sagte Hackbusch der taz. Er war seinerzeit maßgeblich an der | |
[4][Aufarbeitung des HSH-Skandals] beteiligt. | |
## Die Investoren profitieren von der Übernahme | |
Übernommen haben die HSH-Kernbank amerikanische Finanzinvestoren um | |
Christopher Flowers. Der ehemalige Goldman-Sachs-Partner Flowers hat im | |
Hinblick auf einen geplanten Börsengang bereits 2006 eine Beteiligung an | |
der Staatsbank erworben. Damit war erstmals in Deutschland ein | |
Finanzinvestor Eigentümer an einer öffentlich-rechtlichen Landesbank | |
geworden. | |
Die Übernahme dürfte sich für die Investoren auszahlen. Zum 1. Januar | |
gelang sogar der nahtlose Übergang in die Einlagensicherung der privaten | |
Banken. Mit einem Gewinn nach Steuern von 351 Millionen Euro übertraf die | |
deutlich geschrumpfte Bank 2021 – nun als Hamburg Commercial Bank AG (HCOB) | |
– alle Prognosen. | |
„Wir haben die Bank in den vergangenen drei Jahren zielstrebig und | |
schneller als ursprünglich geplant restrukturiert und mit exzellenten | |
Finanzkennzahlen abgeschlossen“, sagte Vorstandsvorsitzender Stefan | |
Ermisch. Mit einer Eigenkapitalrendite von 18,4 Prozent dürfte die HCOB mit | |
ihren rund 900 Beschäftigten nun eine der profitabelsten Banken | |
Deutschlands sein. | |
2 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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