# taz.de -- HSH-Nordbank vor Gericht in Hamburg: Banker kaufen sich frei | |
> Das Verfahren gegen fünf Ex-Vorständen der HSH Nordbank wird gegen | |
> Geldauflagen eingestellt. Der sechste will das Revisionsverfahren | |
> durchziehen. | |
Bild: Symbolfigur für die Pleite: Dirk Jens Nonnenmacher | |
HAMBURG taz | Fünf ehemaligen Vorstände der HSH Nordbank werden jeweils | |
500.000 bis 1,6 Millionen Euro bezahlen, um sich nicht weiter vor Gericht | |
wegen Vorwürfen der Untreue und Bilanzfälschung verantworten zu müssen. Ein | |
sechster Vorstand hat sich auf das Angebot des Hamburger Landgerichts nicht | |
eingelassen, sodass es ab Mitte August zu einem Revisionsprozess kommt. Das | |
hanseatische Oberlandesgericht hatte die Vorstände 2014 freigesprochen. | |
Die sechs Manager sind angekIagt, 2007 kurz vor Ausbruch der weltweiten | |
Finanzkrise ein verlustreiches und unnötiges Kreislaufgeschäft abgezeichnet | |
zu haben, ohne es ernsthaft zu prüfen. Dem Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens | |
Nonnenmacher sowie dem Kapitalmarktvorstand warf die Staatsanwaltschaft | |
außerdem vor, zu Beginn des Krisenjahres 2008 die Bilanz um gut 100 | |
Millionen Euro geschönt zu haben. | |
Mit der Anklage des kompletten damaligen Nordbank-Vorstands kam pars pro | |
toto das fahrlässige Geschäftsgebaren der deutschen Landesbanken vor der | |
Finanzkrise vor Gericht. Anfang 2008 gehörte die HSH Nordbank zum größten | |
Teil den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, die sie an die Börse | |
bringen wollten. | |
Mit der Garantie der Länder im Rücken investierte die Bank riesige Summen | |
auf dem internationalen Kapitalmarkt – in komplizierte Finanzprodukte, | |
deren Risiken die Nordbanker unterschätzten. Die Landesregierungen zogen | |
mit, denn die Bank steuerte, solange es gut lief, satte Gewinne zu ihren | |
Haushalten bei. | |
## Milliardenschwere Kapitalspritzen | |
Zudem rühmte sich die Bank, der größte Schiffsfinanzierer der Welt zu sein. | |
Das fiel ihr auf die Füße, als aus der Finanz- eine Wirtschaftskrise wurde | |
und sich herausstellte, dass es große Überkapazitäten an Schiffsraum gab. | |
Beides zusammen bedrohte die Bank in ihrer Existenz. Hamburg und | |
Schleswig-Holstein retteten sie mit milliardenschweren Kapitalspritzen und | |
verkauften sie im Jahr 2018. Für die Steuerzahler entstand ein Schaden von | |
mehr als zehn Milliarden Euro. | |
Vor Gericht verhandelt wurde ein Kreislaufgeschäft namens Omega 55, mit dem | |
sich die Nordbank Risiken von der französischen Großbank BNP Parisbas | |
abnehmen ließ und sie hintenrum wieder übernahm. Das Geschäft sei sinnlos | |
gewesen, sagte Richter Marc Tully vom Oberlandesgericht in seiner | |
Urteilsbegründung 2014.„Den Kosten stand keinerlei Nutzen gegenüber.“ | |
Insbesondere sei das Geschäft ungeeignet gewesen, das Eigenkapital zu | |
stärken, wie ursprünglich angepeilt. | |
Dass die Vorstände das Geschäft abzeichneten, ohne dass sie es anhand der | |
vorgelegten Unterlagen beurteilen konnten, wertete das Oberlandesgericht | |
zwar als Pflichtverletzung, diese sei aber nicht gewichtig genug gewesen, | |
um eine strafrechtliche Verurteilung zu rechtfertigen. Und die gut 100 | |
Millionen Euro Bilanzkorrektur seien angesichts des Geschäftsvolumens der | |
Bank von untergeordneter Bedeutung gewesen. | |
Der Bundesgerichtshof sah das anders und kassierte den Freispruch: Wie | |
gravierend die Versäumnisse der Vorstände gewesen seien, habe das | |
Hanseatische Oberlandesgericht nicht ausreichend untersucht. Es verwies die | |
Sache zurück ans Hamburger Landgericht, das den Prozess jetzt für den | |
sechsten Angeklagten R. neu aufrollen muss. | |
## Aufarbeitung gefordert | |
Das Angebot, sich mit Geldauflagen aus der Affäre zu ziehen, das die | |
übrigen Vorstände annahmen, hält das Landgericht für gerechtfertigt; denn | |
damit werde „dem bestehenden öffentlichen Strafverfolgungsinteresse | |
ausreichend genüge getan“. Die Strafen seien für die Angeklagten deutlich | |
spürbar. | |
Im Übrigen hätten diese sich nicht selbst bereichert und seien nicht | |
vorbestraft. Die zu erwartende weitere Aufklärung, so die | |
Gerichtspressestelle, falle „nicht mehr erheblich ins Gewicht“. | |
Anders sieht das Die Linke. Besonders das öffentliche Interesse an der | |
Aufarbeitung sei nicht befriedigt, findet der Bürgerschaftsabgeordnete | |
Norbert Hackbusch. Die Rechnungshöfe hätten sich des Skandals nicht | |
angenommen. Stattdessen gab es parlamentarische Untersuchungsauschüsse. Und | |
die geforderten Zahlungen seien „angesichts des angerichteten Schadens | |
lächerlich“. | |
7 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
HSH Nordbank | |
Untreue | |
Schwerpunkt Finanzkrise | |
HSH Nordbank | |
HSH Nordbank | |
Lehman Brothers | |
HSH Nordbank | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schlussstrich unter Nordbank-Debakel: „Ein Milliarden-Verlust“ | |
Der Abwicklung der Nordbank-Überbleibsel steht vor dem Abschluss. Hamburg | |
und Schleswig-Holstein bleiben auf Milliarden-Schulden sitzen. | |
Rettung der Nord LB: Höllenhund soll helfen | |
Niedersachsen will seine Nord LB behalten. Bei der Sanierung setzt das Land | |
auf Verkäufe an den US-Investor Cerberus. | |
Ökonom über zehn Jahre Finanzkrise: „Man hat nicht wirklich was gelernt“ | |
Der Ökonom Martin Hellwig über das Zocker-Gebaren deutscher Banken und zur | |
Frage, wann der Welt die nächste große Krise droht. | |
Umstände des Verkaufs der HSH Nordbank: Die verschleppte Insolvenz | |
Der Verkauf der HSH Nordbank war unter anderem deshalb möglich, weil sie | |
trickreich ihre Pleite verschleppte. Die Branche verdiente gut daran. |