# taz.de -- Ausschreitungen in Neukölln: Eine heftige Bilanz | |
> Nach den Ausschreitungen auf pro-palästinensischen Demonstrationen | |
> verurteilen Berliner Politiker Antisemitismus und Gewalt gegen die | |
> Polizei. | |
Bild: Gerangel auf der Sonnenallee am Samstag | |
Insgesamt rund 6.500 Demonstrierende rund um den Hermannplatz, 900 | |
Einsatzkräfte, 93 davon mit Verletzungen, sowie 59 Festnahmen – das ist die | |
Bilanz der pro-palästinensischen Kundgebungen vom Samstag, die die Berliner | |
Polizei am Sonntagnachmittag zog. Zu heftigen Auseinandersetzung war es bei | |
dem mit rund 3.500 Teilnehmenden größten Demonstrationszug vom Hermannplatz | |
zum Rathaus Neukölln gekommen, der wegen Missachtung der Coronaregeln schon | |
am Anfang der Sonnenallee wieder aufgelöst wurde. | |
Die folgenden Ausschreitungen dauerten rund zwei Stunden: „Vor allem | |
zwischen Pannier- und Friedelstraße kam es zu massiven Flaschen-, Stein- | |
und Böllerwürfen auf die Einsatzkräfte“, heißt es in einer Mitteilung der | |
Polizei. Der Einsatz von „körperlicher Gewalt und Reizstoffsprühgeräten“ | |
sei „wiederholt erforderlich“ gewesen. | |
Die 59 Festnahmen seien unter anderem wegen „schweren Landfriedensbruchs, | |
gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf | |
Vollstreckungsbeamte sowie Gefangenenbefreiung“ erfolgt, hieß es. Bei | |
weiteren 150 Personen habe man die Identitäten festgestellt und | |
Ordnungswidrigkeitenanzeigen eingeleitet, „wegen Verstößen gegen die | |
Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und wegen des Nichtnachkommens von | |
Platzverweisen“. Zudem habe man israelfeindliche Parolen, die gerufen | |
wurden, dokumentiert. Der Polizeiliche Staatsschutz prüfe diese nun auf | |
ihre Strafbarkeit. | |
Für den Sonntagnachmittag waren erneut Demonstrationen angemeldet worden, | |
unter anderem ein Autokorso auf der Straße des 17. Juni unter dem Motto | |
„Solidarität mit Gaza, Jerusalem und Sheikh Jarrah“. Auch Unterstützer | |
Israels versammelten sich: Auf dem Sderotplatz in Zehlendorf kamen laut | |
Polizei rund 200 Menschen zusammen, für den frühen Abend war eine Mahnwache | |
vor der Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer geplant. | |
## „Hass und Hetze entgegenstellen“ | |
Der Regierende Bürgermeister [1][Michael Müller (SPD) twitterte] am | |
Sonntagnachmittag, die Ausschreitungen in Neukölln seien „nicht hinnehmbar | |
und untragbar für eine freie und weltoffene Metropole“. „Wir sind entsetzt | |
über die Gewalt und dass erneut Einsatzkräfte in Berlin verletzt und zudem | |
auch Pressevertreter*innen bedroht wurden“, so Müller. Friedlicher | |
Protest sei ein Grundrecht, aber „Gewalt, Antisemitismus, Hass und Hetze | |
werden wir uns entschieden entgegenstellen“. Ebenfalls auf Twitter hatte | |
sich das Video von einem mutmaßlichen Böller-Angriff auf eine israelische | |
Fernsehjournalistin an der Sonnenallee verbreitet. | |
Neben anderen PolitikerInnen verurteilte auch der Grünen-Abgeordnete | |
[2][Benedikt Lux] die Vorfälle in Neukölln: Antisemitische Gewalt sei | |
völlig inakzeptabel, der Schutz jüdischer Einrichtungen müsse gewährleistet | |
sein. | |
Sein SPD-Kollege Tom Schreiber twitterte: „Wer unsere FDGO mit Füßen tritt | |
und dagegen kämpft, hat in unserer Demokratie keinen Platz.“ Der | |
Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, sagte: „Am | |
Samstag hat man versucht, 75 Jahre Gedenkarbeit und Staatsräson in | |
Deutschland zu vernichten.“ Dies sei zwar misslungen, es müssten aber „neue | |
Verteidigungsformen gegen den Antisemitismus“ entwickelt werden. | |
16 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/RegBerlin/status/1393888717874544645 | |
[2] https://twitter.com/bene_lux/status/1393864284556431361 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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