# taz.de -- Ausschlussverfahren gegen Angelika Barbe: Bürgerrechtlerin mit AfD… | |
> Einst wirkte sie am Aufbau der Sozialdemokratie im Osten Deutschlands | |
> mit. Nun will sogar die CDU Angelika Barbe nicht mehr in ihren Reihen. | |
Bild: Angelika Barbe gibt ein Interview auf dem Alexanderplatz | |
Eigentlich gelten in der CDU frühere DDR-Bürgerrechtler:innen als | |
unantastbar. Doch Angelika Barbe hat nun doch auch für Unionsverhältnisse | |
überzogen. Die Partei, in der sie seit 25 Jahren Mitglied ist, will sie | |
ausschließen. Die 69-Jährige hatte gut eine Woche vor der Bundestagswahl | |
dazu aufgerufen, am 26. September in Sachsen für die AfD zu stimmen, die | |
aus ihrer Sicht im Vergleich zur CDU „die deutlich bessere Wahl“ wäre. | |
Die Berliner CDU reagierte umgehend. Ein Sprecher erklärte am Samstag: „Die | |
CDU Berlin legt Frau Barbe den Austritt aus der Partei dringend nahe. Wir | |
werden unsererseits ein Parteiausschlussverfahren einleiten.“ Zuvor hatte | |
Barbe auf Anfrage bestätigt: „Ja, ich bin im verrotteten Berliner | |
CDU-Landesverband.“ | |
Barbe war 1989 eine der Mitbegründer:innen der Sozialdemokratischen | |
Partei in der DDR. Von 1990 bis 1994 war sie SPD-Bundestagsabgeordnete, | |
1996 aber in die CDU eingetreten – ihr missfiel eine angebliche Annäherung | |
der SPD an die PDS. 1994 hatte der SPD-Politiker Reinhard Höppner in | |
Sachsen-Anhalt eine rot-grüne Minderheitsregierung („Magdeburger Modell“) | |
gebildet, die von der PDS toleriert wurde. | |
Vorlieben für die AfD zeigt Barbe schon seit Jahren. 2018 gab die | |
[1][AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung] bekannt, dass sie Barbe in ihr | |
Kuratorium aufgenommen hat. Die Stiftung darf von 2022 an eine Förderung in | |
Millionenhöhe aus dem Bundeshaushalt erwarten. Im Mai 2019 war Barbe | |
Rednerin bei einem AfD-Grillfest in Greifswald, sprach dort auf einer Bühne | |
zwischen Plattenbauten. Erst am Samstag trat sie – neben dem | |
AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner – bei einem Familienfest der | |
AfD im thüringischen Wartburgkreis auf. Dabei warb sie zwischen Hüpfburg, | |
Bogenschießen und Ponyreiten um „viele Stimmen“ für die rechtsradikale | |
Partei. | |
## Nette Worte nur für Maaßen | |
In Postings auf Facebook lässt Barbe inzwischen kaum mehr Gutes an der CDU. | |
Sie nimmt allerdings den früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen | |
aus, der für die CDU in Südthüringen um ein Direktmandat für den Bundestag | |
kämpft, ein, wie sie sagt, „untadeliger Demokrat und Staatsschützer“. | |
Auch ihren Wahlaufruf zugunsten der AfD in Sachsen begründet Barbe | |
ausschließlich mit Kritik an der CDU. Die sächsische CDU, mit | |
Ministerpräsident Michael Kretschmer an der Spitze, habe „die Wähler | |
belogen“, Kretschmer habe „Kritiker an den Corona-Maßnahmen abwertend | |
Verschwörungstheoretiker“ genannt. Dabei war es gerade Kretschmer, der auch | |
den Dialog mit „Querdenker:innen“ gesucht hatte und bei einem Runden Tisch | |
im Frühsommer 2020 die Corona-Verharmloser Sucharit Bhakdi und Stefan | |
Homburg zum vertraulichen Gedankenaustausch getroffen hatte. | |
Barbe erklärte unter Hinweis auf die von den Grünen nominierte | |
Justizministerin Katja Meier weiter, die CDU Sachsen koaliere im | |
Kenia-Bündnis „mit Linksextremisten“. | |
## Kampf gegen Coronamaßnahmen | |
In die [2][Zirkel der Coronaleugner:innen] tauchte Barbe recht bald | |
nach Ausbruch der Pandemie ein. Am Rande einer „Hygiene-Demo“ im April 2020 | |
am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz sagte sie, das Coronavirus habe „keine | |
Todesfolgen“: „Ich bin Biologin, ich weiß, dass diese Fakten, so wie sie | |
uns verkündet werden, nicht stimmen. Ich weiß es einfach.“ | |
In ihrem Kampf gegen die Coronamaßnahmen relativierte sie sogar den | |
Holocaust. In einem von ihr verfassten Text vom November 2020 heißt es: | |
„Der Judenstern wurde in der nationalsozialistischen Diktatur verordnet. | |
(…) In diese Kategorie gehört die Maskenpflicht. Maskenzwang ist | |
vorsätzliche Körperverletzung, was Labortests und Studien belegen.“ Am Tag | |
der Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes am 18. November 2020 im | |
Bundestag ließ sich auch Barbe von der AfD ins Reichstagsgebäude | |
einschleusen und beteiligte sich dort an Störaktionen. | |
Ironie der Geschichte: Es ist ausgerechnet Angelika Barbe zu verdanken, | |
dass Angela Merkel Ende 1989 über den Demokratischen Aufbruch den Weg in | |
die CDU fand – und nicht zur Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) | |
ging. Denn im Dezember 1989 besuchte die heutige Kanzlerin gemeinsam mit | |
ihrem Vorgesetzten am Zentralinstitut für Physikalische Chemie, Klaus | |
Ulbricht, die Gründungsversammlung einer SDP-Regionalgruppe in der | |
Bekenntniskirche Berlin-Treptow – mit Barbe als Hauptrednerin. | |
Wie Ralph Bollmann und Jacqueline Boysen in ihren Merkel-Biografien | |
beschreiben, ist Merkel damals das traditionelle „Du“ unter Genoss:innen | |
der SDP seltsam vorgekommen, ebenso ging es ihr mit den „komischen“ | |
Arbeiterliedern: „Mir war das alles zu egalitär.“ | |
20 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Matthias Meisner | |
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