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# taz.de -- Sponsoring in Bautzen: Wohltäter mit Schlagseite
> Ein Bautzener Unternehmer unterstützt den lokalen Fußballklub, hilft
> Kindergärten. Doch es gibt bei Jörg Drews’ Engagement noch eine andere
> Seite.
Bild: Will nichts mit Rechten zu schaffen haben: der Bautzener Unternehmer Jör…
Bautzen taz | Wenn man sich in der 40.000-Einwohner-Stadt Bautzen nach dem
Bauunternehmer Jörg Drews erkundigt, fällt eine allgemeine Zurückhaltung
auf, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit in Anspruch zu nehmen. Kaum jemand
möchte sich zur Person äußern, obschon ihn jeder kennt.
Nicht das Kulturzentrum Steinhaus, nicht das Bürgerbündnis „Bautzen bleibt
bunt“, nicht einmal Lutz Hillmann, der sonst nie um ein knackiges Statement
verlegene Intendant des [1][Deutsch-Sorbischen Volkstheater]s. Wer aber den
Mut aufbringt, auch nur wägend den Kopf schräg zu legen, oder Drews gar mit
rechtsgerichteten Kreisen in Verbindung bringt, besteht auf seiner
Anonymität.
Jörg Drews ist der größte Steuerzahler der ostsächsischen Stadt. Wer ihn
kritisiert, steht offenbar in dem dringenden Verdacht, Bautzen beleidigen
zu wollen. Was Drews denkt und welche Kreise er fördert, tritt hinter dem
materiellen Wohltäter zurück.
Der ehemalige Taktstraßenleiter im DDR-Wohnungsbau, der mangels einer
SED-Mitgliedschaft nicht Bauleiter werden durfte, beteiligte sich 1992 über
Treuhand-Restitutionen am Traditionsbetrieb [2][Hentschke-Bau]. Heute ist
er dessen Hauptgeschäftsführer. Mit etwa 700 Beschäftigten und einem
Jahresumsatz um die 200 Millionen Euro ist das Unternehmen in Sachsen eine
große Nummer. Seine Bauwagen und Maschinen stehen an der Augustusbrücke in
Dresden, in Erfurt oder an der Ostseeküste.
## Wohltäter und politischer Einflussnehmer
Doch Jörg Drews genügt dieser unternehmerische Erfolg nicht. Sein darüber
hinausgehendes Engagement hat zwei Seiten. Die eine kann man dem
bodenständigen 61-Jährigen ehemaligen Lausitzer Bauernjungen getrost
abnehmen. Dazu zählt seine Unterstützung für Bautzener Einrichtungen wie
den [3][Fußballklub Budissa], dem er erst im Juni einen Rasentraktor
spendete, den Rechentechnikverein Zuseum, Jugendfeuerwehren, Kindergärten
bis zu einer Schulsternwarte. Drews kaufte und sanierte den
heruntergekommenen Bahnhof, Hentschke-Bau schuf im Kupferhammer und überall
in der Stadt Wohnungen.
Auf die andere Seite weisen mehrere Anschläge auf Baustelleneinrichtungen
hin, verübt von Linksextremisten, wie Bekennerschreiben vermuten lassen.
Der Wohltäter bietet zugleich ein Feindbild. Drews sei auch zur „Leitfigur
einer Bewegung geworden, die die Bevölkerung polarisiert“, distanzierten
sich 2019 nicht etwa die Antifa, sondern die sechs Enkel des ehemaligen
Firmeninhabers Ernst-Hans Hentschke. Sie sind allerdings schon lange nicht
mehr an der Firma beteiligt, die in der DDR verstaatlicht und nach deren
Ende wiedergegründet wurde.
[4][Überregionale Medien] haben einiges über Drews geschrieben und
gesendet, manche von ihnen handelten sich einen Rechtsstreit ein. Das
Landgericht Frankfurt (Oder) lehnte es im Januar allerdings ab, einer
Bautzener Bürgerin die auf Twitter gebrauchte Bezeichnung „Reichsbürger“
für Drews zu untersagen.
Eine Audienz ist selten beim großen Drews. Wenn doch, dann sind in der
Hentschke-Firmenzentrale Pressesprecher Falk Al-Omary und zwei weitere
Öffentlichkeitsmitarbeiter anwesend. Das Eis schmilzt ein wenig, wenn man
Regionalkenntnisse nachweisen kann.
## Auf gutbürgerlichem Boden
Glaubt man dem Unternehmer, so polarisiert er wider Willen. Auch die
meisten Bautzener würden Spaltungsabsichten bestreiten. Denn die
verbreiteten „Versatzstücke rechter Ideologie“, wie sich
Linken-Kreisvorsitzender Silvio Lang ausdrückt, sind in Bautzen zumindest
populär, wenn nicht mehrheitsfähig. Dazu zählen etwa Äußerungen Drews’
gegen Kanzlerin Angela Merkel und deren Weg, „unser Volk einfach zu
überschwemmen“.
Drews sagt, er stehe auf einem gutbürgerlichen Boden, der nach seinem
Empfinden aber ins Schwanken geraten ist. „Ich hatte das Gefühl, dass viele
gesellschaftliche Entwicklungen nicht in die gewünschte Richtung gingen“,
sagt er. Die „gewünschte Richtung“, das ist für Drews das
CDU-Parteiprogramm aus dem Jahr 2002. Dort fand er noch die von ihm
geschätzten Tugenden Eigenverantwortung, Selbstständigkeit, Fleiß und
Disziplin wieder, nicht zu vergessen „ein vernünftiges Verhältnis zur
Nation und zur Einwanderungspolitik“.
„Wieder auf konservative Grundwerte zurückführen“ möchte er die
Gesellschaft. Zugleich bestreitet er, einen entsprechenden Plan, gar eine
Mission zu verfolgen. „Ich bin kein Umstürzler!“ Wirklich nicht?
Beginnend 2016 erscheint anfangs in Papierform und nunmehr online das
Magazin [5][Denkste?!], im Untertitel „Zeitung zur Meinungsbildung der
unabhängigen Bautzener Bürgerinitiative,Wir sind Deutschland'“. WSD
verstand sich damals als etwas zivilere Alternative zu Pegida und brachte
vorübergehend in einigen sächsischen Städten Demonstranten auf die Straße.
Welche Meinung Denkste?! dabei abbildet, ist offensichtlich – gegen die
antirassistische Arbeit der Amadeu-Antonio-Stiftung, gegen die sächsische
Regierung, deren „Kampf gegen rechts als verlogene Strategie entlarvt“
wird. Entlarvt wird auch „Das Klima als Mittel politischer Beeinflussung“.
Das Magazin bietet Querdenkern und Impfgegnern ein Forum.
Jörg Drews räumt ein, „am Anfang Geld gegeben“ zu haben, nimmt aber nach
seinen Worten keinen Einfluss mehr auf redaktionelle Inhalte. Unwirsch
kontert er den Hinweis auf eine Spende in Höhe von 19.500 Euro an die AfD
im Bundestagswahlkampf 2017, nachdem er früher in kleineren Stückelungen
die CDU unterstützt hatte. Er habe sich „teilweise mit der AfD
identifizieren können“, zum Beispiel mit deren Kritik an der
EU-Finanzpolitik. Inzwischen hält er sich zugute, durch seine Kandidatur
für das Bürgerbündnis Bautzen bei der Kommunalwahl im Jahr 2019 verhindert
zu haben, dass die AfD stärkste Fraktion im Stadtrat wurde.
Dieses Bürgerbündnis bezeichnet die ehemalige Grünen-Stadträtin
[6][Annalena Schmidt] als „typische Querfront“. Die Aktivitäten von Drews
seien überhaupt „gut getarnt“, sagt die junge Historikerin, die sich an
ihrer konservativen Lausitzer Wahlheimat wundgerieben hat, auf Diskussionen
niedergeschrien und im Netz beschimpft und bedroht wurde. Nach Ende ihrer
Bautzener Stelle lebt sie mittlerweile in Dresden und betreibt
Bildungsarbeit bei der Diakonie.
## Referenten vom rechten Rand
Bis zur 2019 verkündeten Trennung unternehmerischer und politischer
Aktivitäten organisierte Hentschke-Bau die gut besuchten Bürgerforen im
Bautzener Hotel Residence. Drews bestätigt, dass er das Forum ins Leben
gerufen habe und die Referenten auswähle. Unter diesen Vortragenden
befindet sich etwa der Psychiater Hans-Joachim Maaz, der die
Pegida-Bewegung in Schutz nimmt, oder der zur AfD desertierte ehemalige
Dresdner CDU-Mann [7][Maximilian Krah]. Der Journalist [8][Christoph
Hörstel] bezeichnete die deutsche Israelpolitik schon mal als Hochverrat
und redete jahrelang auf dem Berliner Al-Quds-Tag. Der ebenfalls
referierende ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Willy Wimmer schreibt
für das rechte Compact-Magazin, seine Bücher erscheinen in einem
einschlägigen Verlag.
Einige diese Figuren sind zudem mit dem Bautzener Friedenspreis belohnt
worden. Letzter Preisträger war der Schweizer Verschwörungstheoretiker
[9][Daniele Ganser]. Finanzberater Thorsten Schulte, Vorsitzender des
Vereins Pro Bargeld, drehte ein Video mit Drews unter dem Titel „Gegen
Merkel – für Sachsen“. Die Vorträge werden von Denkste?!, Ostsachsen TV,
dem Bautzener Boten oder dem Blog „Für unsere Zukunft“ beworben.
„Ich versuche keine Gegenöffentlichkeit zu schaffen“, sagt Drews dennoch.
Welche Bedeutung es hat, wenn der einflussreichste Mann in der Kreisstadt
sich politisch rechts positioniert, darüber kommt ein Gespräch mit ihm
nicht zustande. Erregt braust der Bauunternehmer auf, als er nach dem
politischen Nutzen seines Einflusses gefragt wird: „Ich soll Gutes tun und
Steuern zahlen, aber ansonsten gefälligst meine Fresse halten?“
Verdächtigungen erregen Drews maßlos, etwa dass der bis heute nicht
aufgeklärte Brand eines als Asylbewerberheim vorgesehenen Hotels etwas mit
der damaligen ausländerfeindlichen Stimmung zu tun gehabt haben könnte.
Dem Opfermythos leistet kurz vor Weihnachten 2020 ein Drohanruf bei Drews
Vorschub: „Die Sachsensau Drews wird sterben!“ Die sächsische
AfD-Landtagsfraktion ließ daraufhin verbreiten, es sei offenbar nur noch
eine Meinung zulässig. Dass eineinhalb Jahre zuvor auch die grüne Annalena
Schmidt „vergiftet werden und langsam und qualvoll sterben“ sollte, daran
wird selbstverständlich nicht erinnert.
Solidarität ist Drews sicher. „Das fällt auf fruchtbaren Boden“,
kommentiert Linken-Kreisvorsitzender Silvio Lang die erstaunliche
Anschlussfähigkeit der von Drews vertretenen Haltungen. Die erscheinen in
Verbindung mit seinem Wohltäterbonus als ganz normal. „Die Leute
durchschauen das nicht, alle knicken ein“, fühlt sich Annalena Schmidt an
sektenähnliche Verhältnisse erinnert. Ein Milieu und sein Dominator haben
sich gefunden. Schmidt spitzt zu: „Drews hat die Stadt gekauft!“
5 Sep 2021
## LINKS
[1] https://www.theater-bautzen.de/
[2] https://www.hentschke-bau.de/
[3] https://www.budissa-bautzen.de/
[4] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/unbeholfene-abmahnversuche-…
[5] https://www.denkste-mit.de/#willkommen
[6] /Courage-gegen-Rassismus-und-Rechte/!5576371
[7] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-05/alternative-fuer-deutschlan…
[8] https://www.tagesspiegel.de/berlin/antisemitische-demo-in-berlin-wer-steckt…
[9] https://www.nzz.ch/gesellschaft/wie-daniele-ganser-der-corona-skepsis-den-b…
## AUTOREN
Michael Bartsch
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