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# taz.de -- „Augsburger Allgemeine“ durchsucht: Polizei beschlagnahmt Nutze…
> Ein Online-Kommentator der „Augsburger Allgemeinen“ soll einen
> CSU-Politiker beleidigt haben. Weil die Zeitung seine Identität nicht
> preisgibt, kam die Polizei.
Bild: Ungewohnte Aufmerksamkeit: Die „Augsburger Allgemeine“, hier allerdin…
BERLIN taz | Die Journalisten-Gewerkschaft dju sprach am Dienstag von einen
„ungeheuren Vorgang“: Weil der Ordnungsreferent von Augsburg, Volker
Ullrich, sich vom Diskussionsbeitrag eines Online-Nutzers beleidigt fühlte,
besuchten Polizisten die Redaktionsräume der Augsburger Allgemeinen Zeitung
am Montag mit einem Durchsuchungsbefehl – und beschlagnahmten die Daten des
Mannes.
Auslöser der Aktion: Die Zeitung hatte über Ullrichs Ankündigung berichtet,
die Straßenprostitution aus dem Stadtbild zu verbannen.
Daraufhin beschuldigte einer der 25.000 Nutzer der Zeitungs-Webseite den
Juristen, das Recht zu beugen. Die Redaktion löschte den Beitrag, nachdem
sich der Ordnungsreferent – CSU-Mitglied und ehemaliger
Junge-Union-Vorsitzender von Augsburg – bei der Zeitung beschwert hatte.
Doch Ullrich wollte mehr: Er verlangte wegen „ehrverletzender Äußerungen“
den Klarnamen und die E-Mail-Adresse des Kommentators, die die Augsburger
Allgemeine von den Nutzern ihrer Foren bei der Registrierung verlangt.
## Amtsgericht schickt Polizei
Als sich der Verlag weigerte, die Nutzerdaten herauszugeben, erwirkte der
Ordnungsreferent den Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Augsburg.
„Gegen 14 Uhr am Montag kam ein Polizist, hat uns darüber aufgeklärt, dass
er mit diesem Beschluss die Herausgabe der Daten möchte“, so Jürgen Marks,
stellvertretender Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen.
„Gegen einen richterlichen Beschluss können wir nichts machen. Daraufhin
haben wir die Daten, aber ohne unsere Zustimmung, ausgehändigt.“ Seine
Zeitung nehme „die Meinungsfreiheit und insbesondere den Schutz der Daten
unserer Nutzer sehr ernst“.
## Mit Kanonen auf Spatzen
Der Verlag prüfe nun, gegen den Amtsgerichtsbeschluss Rechtsmittel
einzulegen. Hier werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen, so Jürgen Marks:
„Ein Ordnungsreferent sollte sich mit so etwas politisch und nicht
juristisch auseinandersetzen.“
Volker Ullrich macht sich, so heißt es in Augsburg, Hoffnung auf eine
Karriere in Berlin. Er möchte von der CSU im März für den Bundestag
nominiert werden, da der bisherige Amtsinhaber nicht wieder kandidiert.
Da alle bayerischen Direktmandate regelmäßig von den Christsozialen
gewonnen werden, wäre – wenn ihm niemand in die Quere kommt – für Ullrich
ein Platz im Bundestag fast sicher.
## Alles richtig gemacht
Die Augsburger Zeitung habe sich formal korrekt verhalten, als sie den
inkriminierten Beitrag löschte, den Namen aber nicht herausgeben wollte,
sagen Fachleute: „Aus meiner juristischen Sicht hat die Augsburger
Allgemeine alles richtig gemacht, wenn es denn eine eindeutige Beleidigung
war“, sagt Joerg Heidrich, Justiziar des Heise Verlags.
Im Online-Angebot von Heise werden täglich 4.500 Beiträge verfasst, häufig
geht es auch hier hoch her. „Natürlich gibt kaum ein Forenbetreiber selbst
direkt die Daten seiner Nutzer heraus“, erklärt Heidrich.
Vier- bis fünfmal im Jahr würden derartige Auskünfte vom Heise Verlag
verlangt, berichtete er. Politiker seien aber nie darunter. Dass der
rechtsordnungsliebende Ullrich bald im Bundestag sitzt, ist noch keineswegs
sicher: Es soll nun einen CSU-internen Gegenkandidaten geben, verrät die
Augsburger Allgemeine.
## Nur ein persönliches Gespräch
Nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd hat Ullrich klargestellt, mit der
Polizeiaktion habe er nichts zu tun. Ihm gehe es nur um ein persönliches
Gespräch mit dem Nutzer. Wenn dieser ihn um Entschuldigung bitte, werde er
den Strafantrag fallen lassen.
Kritik erntete der CSU-Mann inzwischen auch von den bayerischen Piraten.
Ihr Landtagskandidat David Krcek forderte Ullrich zum Rücktritt als
Ordnungsreferent auf. Ullrich missbrauche Polizei und Amtsgericht, um
Kritiker mundtot zu machen und die Presse einzuschüchtern.
Piraten-Landtagskandidat Krcek beschuldigte den Ordnungsreferenten Ullrich,
Polizei und Amtsgericht zu missbrauchen, um Kritiker mundtot zu machen und
die Presse einzuschüchtern
29 Jan 2013
## AUTOREN
Falk Steiner
## TAGS
Datenschutz
Polizei
Meinungsfreiheit
Augsburger Allgemeine
Durchsuchung
Soziale Netzwerke
Internet
Augsburger Allgemeine
Augsburger Allgemeine
Schwerpunkt Pressefreiheit
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