# taz.de -- Attentat auf Präsidentschaftskandidat: Drei Schüsse auf die Press… | |
> Mit dem Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio ist in Ecuador | |
> auch ein investigativer Journalist ermordet worden. | |
Bild: Menschen trauern am Sarg von Fernando Villavicencio | |
„Ecuador ist ein gescheiterter Staat“, erklärte der indigene | |
Präsidentschaftskandidat Yaku Pérez nach dem tödlichen [1][Attentat am | |
Mittwoch auf seinen Konkurrenten Fernando Villavicencio]. Er ließ seine | |
Wahlkampagne ruhen und suchte den Kontakt zu den anderen Kandidat:innen. | |
Pérez wirbt für einen Minimalkonsens – im Andenken an Villavicencios Kampf | |
gegen Korruption. Für diesen wird nun seine Vize-Kandidatin, die | |
Umweltaktivistin und Hochschuldozentin Andrea González Náder, bei der Wahl | |
nächstes Wochenende ins Rennen gehen. | |
Villavicencio war ein Mann, der dank seiner investigativen Recherchen, vor | |
allem im hochkorrupten Ölsektor, alles andere als beliebt bei den Eliten | |
war. „15 Milliarden US-Dollar wurden in den letzten zehn Jahren allein an | |
Bestechungsgeldern von Förder- und Logistikunternehmen gezahlt“, berichtet | |
Esperanza Martínez, Gründungsmitglied der kritischen Umwelt-NGO Acción | |
Ecológica. Villavicencio hatte über Jahrzehnte die Korruption verschiedener | |
Regierungen angezeigt. | |
Er studierte Journalismus und Kommunikation an der Kooperativen Universität | |
von Kolumbien, machte seine ersten journalistischen Erfahrungen bei El | |
Universo in Guayaquil, der ökonomischen Drehscheibe des Landes. Da musste | |
er bereits lernen, mit Angriffen und Diffamierungen zu leben, denn seine | |
kritischen Artikel stießen bei der Elite in der konservativen | |
Drei-Millionen- Stadt auf Gegenwind. Die Beiträge Villavicencios waren aber | |
gut recherchiert und er bewies früh Rückgrat. Der Mann aus der | |
ecuadorianischen Andenstadt Alausí wuchs in ländlichen Verhältnissen auf | |
und knüpfte Kontakte zu indigenen Gemeinden. | |
## Pressefreiheit von vielen Seiten bedroht | |
Er gehört zu den Gründern der indigenen Partei Pachakutik und engagierte | |
sich in der Gewerkschaft der Erdölarbeiter (Fetrapec), nachdem er 1996 in | |
die Presseabteilung des staatlichen Erdölunternehmens Petroecuador | |
eintrat. Er lernte Förderstrukturen, Auftragsvergabe und Umgang mit der | |
vorwiegend indigenen Bevölkerung in Ecuadors Amazonasregion kennen und | |
kritisieren. Das war prägend für den Journalisten und später auch den | |
Abgeordneten Villavicencio. Bis zum 17. Mai war er Mitglied des dann | |
aufgelösten Parlaments. Villavicencio, der laut einer Umfrage auf Platz | |
zwei stand, engagierte sich auch für Gesetzesvorlagen für die | |
Pressefreiheit. | |
Um die steht es nicht gut und dafür sind [2][nicht nur die Kartelle im | |
Land] verantwortlich. Die tragen dazu bei, dass Selbstzensur Realität in | |
vielen Redaktionen ist – das Schreiben über Organisierte Kriminalität, so | |
zum Beispiel über die beiden konkurrierenden Banden „Los Choneros“ und „… | |
Lobos“, die beide den Mord für sich reklamieren, ist riskant. | |
Letztes Beispiel: Nach etlichen Morddrohungen verließen Mónica Velásquez | |
und Andersson Boscán vom digitalen Medium La Posta Ende Juli Ecuador. Druck | |
gibt es aber auch von anderer Seite, viele Medien hängen von den | |
Werbe-Anzeigen der Regierung ab – und schreiben ihr oft nach dem Mund: | |
oficialismo heißt das. Unabhängige, kritische Medien haben es schwer in | |
Ecuador. | |
Die ecuadorianische Pressefreiheits-Organisation Fundamedios hat für 2022 | |
356 Angriffe auf die Pressefreiheit registriert – die höchste Zahl seit | |
2018. Der brutale Mord an Villavicencio rückt diese Hintergründe nun in | |
den Fokus. | |
13 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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