# taz.de -- Armut in den USA: Am Rand von Silver City | |
> Die US-Wirtschaft wächst, doch der Boom kommt längst nicht bei allen an: | |
> Immer mehr Menschen verelenden, so wie in der Silver City in New Mexico. | |
Bild: In der Pandemie zogen viele Städter in ländliche Gebiete, auch hier in … | |
SILVER CITY TAZ Gemütlich ist es ganz bestimmt nicht“, sagt Angela Otero | |
über ihr Leben auf der Straße. Die zierliche Frau sieht älter aus als ihre | |
36 Jahre, eine schwere Nervenkrankheit lässt sie vorsichtig durch den Raum | |
humpeln. Sie trägt einen schwarzen Kapuzenpullover, aus dem ihre | |
tätowierten Hände hervorschauen. Otero lebt in Silver City, einer | |
Kleinstadt im Südwesten New Mexicos, rund zwei Autostunden von der Grenze | |
zu Arizona entfernt. Knapp 10.000 Menschen leben in der Minenstadt, die | |
genau dort liegt, wo sich die flachen Ausläufer der Chihuahua-Wüste | |
plötzlich zu Bergen erheben. | |
„Die Polizei hat mittlerweile viele der Orte hier abgesperrt, wo Obdachlose | |
früher geschlafen haben“, sagt Otero. Die Temperaturen in der Stadt fallen | |
im Winter oft weit unter den Gefrierpunkt, nachts wird es bitterkalt. | |
„Leute, die ich da draußen kenne, brechen in verlassene Häuser ein, um | |
einen Ort zum Schlafen zu haben. Das ist nicht schön, aber wo sollen sie | |
sonst hin?“, fragt Otero. Sie erzählt von einem Mann, der kürzlich in einem | |
Park erfroren sei. „Das war ein Freund von mir.“ | |
In Silver City wird die Kluft deutlich, die sich zwischen den | |
US-amerikanischen Wirtschaftsprognosen und der Realität in Gemeinden | |
außerhalb der boomenden Großstädte auftut. Auf der einen Seite ist da ein | |
wachsendes Bruttoinlandsprodukt, eine Arbeitslosenquote von weniger als 4 | |
Prozent – mit solchen Bilanzen auf der Habenseite zieht Präsident Joe Biden | |
in diesem Jahr in den Präsidentschaftswahlkampf. | |
Doch auf der anderen Seite dieser schillernden Medaille liegt das | |
zunehmende Elend am Rand der Gesellschaft. 44,2 Millionen Menschen bekommen | |
laut Bundeslandwirtschaftsministerium, der USDA, nicht ausreichend Nahrung. | |
Im letzten Jahr stieg die Zahl der Wohnungslosen um 12 Prozent, der höchste | |
Stand seit Beginn der Aufzeichnung 2007. Zu den rund 653.000 Menschen ohne | |
eine feste Bleibe kommt noch eine Dunkelziffer von Personen, die nur | |
vorübergehend ein Dach über dem Kopf haben. | |
## Drogen, Krankheit – Armut | |
Otero ist in Silver City aufgewachsen, erzählt sie. Mit zwölf Jahren begann | |
sie Meth zu rauchen, mit 15 war sie schwer abhängig. Später kam Heroin | |
dazu, rund sieben Jahre war sie auch von dieser Droge abhängig. Bis vor | |
Kurzem arbeitete sie noch bei einer Fastfoodkette, brachte das bestellte | |
Essen an die Autos. „Meine Krankheit machte die Arbeit aber irgendwann | |
unmöglich. Ich hab zu starke Schmerzen, um den ganzen Tag auf den Beinen zu | |
sein“, sagt sie. | |
Otero sagt, sie leide unter perineuraler Neuropathie, eine Krankheit, durch | |
die ihr ganzer Unterleib unbeweglich wird. Mit ihren zwei Söhnen bewohnt | |
sie ein kleines Zimmer in einer Herberge für Frauen, die von häuslicher | |
Gewalt betroffen sind. „Die Jungs teilen sich das Stockbett und ich schlafe | |
auf einer Pritsche auf dem Boden“, sagt sie. | |
Ihren Unterhalt bestreitet ihre Familie mit Zuwendungen des Staates, ihr | |
16-jähriger Sohn geht bereits arbeiten und trägt so zum Haushaltseinkommen | |
bei. „Aber so soll es eigentlich nicht sein, er soll seine Jugend genießen, | |
anstatt für mich und seinen kleinen Bruder aufzukommen.“ | |
Angela Otero sitzt in einem kleinen Büroraum von „SPIN“, kurz für | |
„Supporting People in Need“ – also eine Organisation, die Bedürftige | |
unterstützt. Die Einrichtung befindet sich in einer ehemaligen | |
Industriescheune und ist für Wohnungslose einer der wenigen Anlaufpunkte, | |
die es in Silver City überhaupt gibt. | |
## Keiner nimmt Regierungsgutscheine | |
In der umliegenden Nachbarschaft wechseln sich alte Holzhäuser und | |
sogenannte Portables ab – Häuser, die auf Lkws geladen und transportiert | |
werden können. SPIN fungiert als Notherberge; hier können Wohnungslose | |
Hilfe bei Amtsgängen und bei der Beschaffung von Lebensmitteln und anderen | |
notwendigen Zuwendungen bekommen. | |
An diesem Tag ist der Himmel für New Mexico untypisch grau, über den Bergen | |
ziehen sich schwarze Wolken für den nächsten Regensturm zusammen. „Wenn ich | |
keine Bleibe hätte, könnte ich meine Kinder nicht bei mir haben“, sagt | |
Otero. „Dann wäre ich wieder auf der Straße und [1][würde wahrscheinlich | |
weiterhin Drogen nehmen.]“ Im letzten Sommer habe sie endlich auch mit Meth | |
aufhören können: „Ich hab nur noch 34 Kilo gewogen, als ich in den Entzug | |
gegangen bin.“ Otero sagt, sie habe nur diese eine Wahl: „Entweder ich | |
lasse es, oder ich sterbe.“ | |
500 Dollar im Monat zahlt Angela Otero für das Zimmer in der Einrichtung, | |
in der sie mit ihren Söhnen lebt. Auf dem freien Markt würde sie für dieses | |
Geld in Silver City keinen Wohnsitz mehr finden. Otero hat über die Jahre | |
beobachtet, wie die Wohnkosten immer weiter gestiegen sind. „Vor ein paar | |
Jahren hätte ich für 500, 600 Dollar noch eine Zweizimmerwohnung gefunden“, | |
sagt sie. „Heute gibt es so etwas nicht mehr.“ | |
Die Bundesregierung gibt Bedürftigen Gutscheine, mit denen sie ihre Miete | |
bezahlen können, doch in Silver City nehmen viele der Vermieter:innen | |
diese nicht an, weiß Otero. „Dazu kommt, dass viele von uns Vorstrafen | |
haben und deswegen eh keine Gutscheine bekommen.“ | |
## Big Player Wal-Mart | |
[2][Der Staat New Mexico] hat ein Programm, über das auch Vorbestrafte die | |
Möglichkeit auf Zuwendungen bekommen, „aber auch da gibt es eine lange | |
Warteliste“, erklärt Otero. Hätte sie nicht die Möglichkeit, über ihre | |
Einrichtung ein Zimmer zu bekommen, würde sie wahrscheinlich wieder in | |
ihrem Auto oder [3][auf der Straße leben], sagt sie. | |
Das „Wal-Mart Supercenter“ von Silver City hat seinen Namen verdient. Das | |
gigantische Gebäude thront auf einer Anhöhe am Ortseingang und blickt von | |
dort auf die Kleinstadt und die umliegenden Berge. Nur die gigantische | |
Kupfermine im Osten besetzt eine prominentere Stelle. Wer in Silver City | |
günstige Lebensmittel sucht – oder Möbel, Autoteile, Laptops, Munition und | |
Windeln –, der landet früher oder später im Supercenter. | |
Auf dem großen Parkplatz stehen heruntergekommene Viertürer und aufpolierte | |
Pick-up-Trucks mit großen Geländereifen. Vollgestopfte Autos, deren Fenster | |
provisorisch mit Decken und Aluminiumfolie abgedeckt sind, deuten darauf | |
hin, dass auch hier Menschen leben, die keine feste Bleibe mehr finden | |
können. | |
Neben den Anwohner:innen des Städtchens versorgen sich hier auch viele | |
Menschen, die in kleinen abgelegenen Orten in den Bergen leben. Manche von | |
ihnen fahren bis zu vier Stunden, um sich mit Lebensmitteln und anderen | |
Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken. Wal-Mart genießt wie in anderen | |
kleinen Gemeinden der USA auch in Silver City eine Monopolstellung. Die | |
zwei anderen Supermärkte der Stadt sind überteuert, die Preise im Bioladen | |
für viele unerschwinglich. | |
## Nie gekannte Bedürftigkeit | |
Ein Gang durch die Regale zeigt auf, was überall in den USA und anderen | |
Teilen der Welt zu beobachten ist: Die Preise für manche Lebensmittel haben | |
sich in den letzten Jahren fast verdoppelt. Laut USDA lag die Inflation bei | |
Lebensmittelpreisen im Jahr 2022 bei 11,4 Prozent, der Kostenanstieg in den | |
meisten Supermärkten ist dabei aber um einiges höher. | |
„Wir sehen eine Bedürftigkeit, die wir noch nie erlebt haben“, sagt Dave | |
Chandler von „The Commons Food Pantry“. Chandler ist ein ernster Mann um | |
die 70, der gegen die hereindringende Winterkälte in eine dicke Jacke | |
gehüllt ist und zwei Fleecemützen über den Kopf gestülpt hat. „The Common… | |
ist eine Essenausgabe in einer stillen Nachbarschaft von Silver City, | |
unweit von SPIN. | |
Chandler sitzt in einem engen Büroraum, der vom Lebensmittellager und der | |
großen Industrieküche der Organisation durch eine provisorische Wand | |
getrennt ist. „Wir versorgen momentan 800 Familien, alleine durch unsere | |
Essenboxen.“ In den braunen Pappkartons finden sich Reis, Bohnen, Gemüse | |
und verschiedene Lebensmittel, die durch Spenden zusammenkommen. Genug, um | |
eine mehrköpfige Familie durch die Woche zu bringen. Neben den | |
wöchentlichen Ausgaben in der Einrichtung fahren deren Angestellte und | |
Freiwillige auch mehrfach in der Woche in die abgelegenen Gegenden um | |
Silver City. | |
„Zusammen mit Mississippi und Alabama streitet sich New Mexico immer um das | |
Schlusslicht in den Armutsstatistiken“, sagt Chandler. Derzeit befindet | |
sich der dünn besiedelte Staat im Südwesten der USA auf dem drittletzten | |
Platz. Um den pandemiebedingten wirtschaftlichen Härten vieler | |
Amerikaner:innen entgegenzuwirken, ließ die US-Regierung nach Covid | |
Milliarden Dollar in Steuererlasse, Soforthilfen und höhere Sozialausgaben | |
fließen. Viele dieser Zuwendungen, wie auch eine Aufstockung der | |
Essenmarken, wurden im letzten Jahr wieder gekürzt, mit unmittelbaren | |
Folgen. | |
## Lieber Auto als Essen | |
„Bei der Essenausgabe verteilen wir mittlerweile doppelt so viel wie vor | |
zwei Jahren“, sagt Chandler. Über das letzte halbe Jahr sei die Nachfrage | |
besonders stark gestiegen. Die Gründe für den aktuellen Notstand: „Ein | |
Arztbesuch, eine Autoreparatur, eine Klassenfahrt“ seien für viele Familien | |
schon nicht mehr ohne Beihilfen aufzubringen. Silver City hat wie auch der | |
Rest der ländlichen USA kaum öffentliche Transportmittel, im weitläufigen | |
New Mexico ist ein Fahrzeug lebensnotwendig. „Oft kommen die Leute und | |
sagen, sie brauchen 300 Dollar für eine Reparatur“, sagt Chandler. „Und wo | |
sollen sie sonst sparen außer beim Essen? Woanders gibt es keinen Raum, die | |
Miete muss bezahlt werden, die Reparatur eben auch.“ | |
Auch die [4][in den USA grassierende Obdachlosigkeit] macht sich bei „The | |
Commons“ bemerkbar. „Für Leute, die sofort etwas zu essen brauchen, machen | |
wir sogenannte Notbeutel“, erklärt Chandler. „Da sind Lebensmittel drin, | |
die einen Menschen für ein bis zwei Tage durchbringen.“ Zunehmend kämen in | |
der Einrichtung Leute vorbei, die keine Möglichkeit zum Kochen hätten. | |
„Eigentlich versuchen wir, möglichst gesundes Essen zu verteilen“, sagt | |
Chandler. „Aber nicht alle haben die Möglichkeit zu kochen, und unsere | |
wohnungslosen Nachbarn brauchen sofort Kalorien.“ Mittlerweile nehmen „The | |
Commons“ auch Kekse und andere Süßigkeiten an, um sie in die Notbeutel zu | |
tun. Früher verteilten Chandler und seine Organisation sechs oder sieben | |
dieser Notrationen pro Monat. „Mittlerweile sind es zwischen 60 und 80.“ | |
Die drastisch gestiegenen Wohnkosten sind derzeit fraglos eines der größten | |
Probleme für arme Menschen in den USA. Seit 2020 sind die Verkaufspreise | |
für Häuser um 29 Prozent gestiegen. In New Mexicos größter Stadt, | |
Albuquerque, sind allein zwischen 2020 und 2021 die Mieten um 40 Prozent | |
gestiegen. In kleinen Gemeinden wie Silver City, in denen die Verfügbarkeit | |
günstiger Mietwohnungen ohnehin begrenzt ist, ist das Problem besonders | |
akut. | |
## Wohnungsmarkt aufgekauft | |
Die Gründe für die gestiegenen Kosten sind vielfältig. Zum einen | |
ermöglichte die Pandemie vielen gutbezahlten Arbeiter:innen den Umzug | |
aus den ohnehin teuren Großstädten in kleine Gemeinden wie Silver City, zum | |
anderen haben sich in den letzten Jahren viele Investmentfonds in den | |
Immobilienmarkt eingekauft. Früher waren vor allem große Bürotürme und neue | |
Wohnsiedlungen für das Kapital attraktiv, mittlerweile kaufen Hedgefonds | |
aber auch die günstigen Apartmentkomplexe, Wohnhäuser und | |
Wohnwagensiedlungen auf, die das Zuhause vieler armer Amerikaner:innen | |
sind. | |
Hinzu kommt, dass der Bestand zu klein ist, es konkurrieren schlichtweg zu | |
viele Menschen um eine begrenzte Anzahl von Häusern und Wohnungen. | |
„In den letzten zwölf Monaten ist der durchschnittliche Verkaufspreis eines | |
Wohnhauses in Silver City von 220.000 auf 330.000 Dollar angestiegen“, | |
erzählt Nick Prince. Der bärtige Mann mit Brille ist Mitglied des Stadtrats | |
von Silver City. Jetzt sitzt er auf einer Bank vor einem Café. In einer | |
Umhängetasche trägt er Narcan, ein Mittel, mit dem Überdosierungen | |
rückgängig gemacht werden können, und ein paar vorgedrehte Joints. „Die | |
sind für Leute, die sich tief in der Krise befinden, es kann helfen, sie zu | |
beruhigen“, erklärt Prince. In New Mexico ist der Verkauf und Konsum von | |
Cannabis seit 2022 legal. | |
„Häuser sind nicht mehr Häuser, sondern Wertanlagen“, sagt Prince. „Die | |
Immobilienmakler in Silver City freuen sich über die neuen Plattformen für | |
digitale Unterschriften, sie können ihre Häuser jetzt über das Internet an | |
Leute verkaufen, die diese noch nicht mal mehr betreten müssen.“ | |
## Politik und Business Hand in Hand | |
Während der Pandemie kamen viele gutsituierte Neuankömmlinge in die Stadt, | |
um ein neues Leben auf dem Land zu beginnen. Für die Lokalbevölkerung, von | |
der rund ein Viertel unter der offiziellen Armutsgrenze lebt – also ein | |
Jahreseinkommen unter knapp 15.000 US Dollar hat – verschwanden plötzlich | |
viele der kleinen Miethäuser, die aufgekauft wurden oder in Airbnbs | |
verwandelt wurden. „Hier wurden viele Häuser an Menschen verkauft, die gar | |
nicht in ihnen wohnen“, sagt Prince. | |
Auch Prince kann von den Restriktionen erzählen, über die die | |
Immobilienmakler versuchen, arme Menschen aus ihren Mietobjekten | |
rauszuhalten. „Schau einfach in die Zeitung und guck, bei wie vielen | |
Annoncen steht, dass keine Amtsgutscheine angenommen werden,“ sagt er. „So | |
etwas sollte illegal sein!“ | |
In der Stadtpolitik sieht Prince derzeit nur begrenzt den Willen, etwas für | |
den engen Wohnungsmarkt zu tun. „Der Bürgermeister ist mit Becky Smith | |
verheiratet, der größten Immobilienmaklerin der Stadt.“ Tatsächlich zieren | |
Schilder von „Smith Realty“ etliche Vorgärten und Apartmentgebäude im | |
Stadtkern. „Kürzlich sagte sie in einem Interview, dass vielleicht einfach | |
nicht alle Menschen in Silver City leben können“, echauffiert sich Prince. | |
„Wir sind hier in Amerika. Es kann nicht sein, dass plötzlich | |
Immobilienmakler darüber entscheiden, wer in unserer Stadt wählen kann und | |
wer nicht.“ | |
Doch es regt sich Widerstand in Silver City, sagt Prince. Bei der kürzlich | |
abgehaltenen Stadtwahl verlor eine Kandidatin, die den Maklern nahestand. | |
Innerhalb des Stadtrates versucht Prince nun, Gegenwehr gegen die | |
Marktentwicklung zu organisieren. „Ich glaube, die Leute verstehen | |
mittlerweile, dass hier etwas richtig schiefläuft und dass dagegen etwas | |
unternommen werden muss.“ | |
## Das Geschäft mit der Armut | |
Im letzten Sommer erzählte der amtierende US-Präsident Joe Biden in Chicago | |
von seiner Vision für die amerikanische Wirtschaft: „Eine Wirtschaft, die | |
von der Mitte und von unten wächst anstelle von oben.“ „Bidenomics“ ist … | |
gängige Begriff für die ökonomischen Veränderungen, an dessen Spitze sich | |
der US-Präsident sieht. „Die amerikanische Wirtschaft ist gerade die | |
schnellstwachsende der Welt“, sagte er unter Applaus. Die demokratische | |
Regierung setzt dabei auf den Ausbau der Infrastruktur und auf | |
beträchtliche Finanzspritzen für Firmen, die sich mit der Energiewende | |
befassen. | |
Am unteren Ende der Gesellschaft ist von diesen Investitionen noch wenig | |
angekommen. Anders sieht es bei den Großkonzernen aus, deren Profite im | |
letzten Jahr auf rund 3,3 Billionen US-Dollar angewachsen sind. Ein | |
Rekordniveau, das nur von den Zahlen aus dem Vorjahr übertrumpft wurde. Für | |
die Republikaner hingegen sind Inflation und der gefühlte Gegensatz | |
zwischen Wirtschaftsprognosen und gelebter Realität ein gefundenes Fressen. | |
Kürzlich sagte Ex-Präsident Donald Trump sogar, dass er sich einen | |
Wirtschaftscrash in den nächsten zwölf Monaten wünsche, um seinen Wahlkampf | |
anzuheizen. | |
Zu den Gewinnern des Booms gehört auch der Wal-Mart-Konzern, der im letzten | |
Jahr Profite von 6,4 Milliarden US-Dollar erwirtschaften konnte. Wie die | |
meisten anderen Menschen in Silver City sind auch Dave Chandler und sein | |
Team von „The Commons“ von dem Megakonzern abhängig. Viele der | |
Lebensmittel, die an die Organisation gespendet werden, stammen aus den | |
Lagerhallen des Supermarkts – nicht verkaufte Produkte, die kurz vor Ablauf | |
der Mindesthaltbarkeit sind und sonst weggeschmissen würden. | |
Für die Weitergabe bekommt der Konzern Steuererlasse. „Aber es werden von | |
Woche zu Woche weniger“, erklärt Chandler. Durch künstliche Intelligenz und | |
bessere Vertriebssysteme bleiben in den Lagern immer weniger unverkaufte | |
Lebensmittel liegen. „Wenn wir heute anrufen und fragen, was es für uns | |
gibt, sagen sie mittlerweile oft: ‚Nicht viel.‘“ | |
Hinweis: In einer früheren Version dieses Texts hieß es, der | |
Walmart-Konzern habe 2023 einen Gewinn in Höhe von 155 Milliarden US-Dollar | |
erwirtschaftet. Das ist falsch, die tatsächliche Zahl beträgt 6,4 | |
Milliarden US-Dollar. | |
4 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Drogenepidemie-in-den-USA/!5472566 | |
[2] /US-Urteil-zu-Schwangerschaftsabbruch/!5939890 | |
[3] /US-Ansatz-Housing-First/!5964134 | |
[4] /50000-Obdachlose-in-Los-Angeles/!5940317 | |
## AUTOREN | |
Johannes Streeck | |
## TAGS | |
USA | |
Schwerpunkt Armut | |
Inflation | |
Obdachlosigkeit | |
Obdachlose | |
Wohnungslosigkeit | |
Drogensucht | |
GNS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Marihuana | |
USA | |
US-Präsidentschaftswahl 2024 | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Cannabis-Branche in den USA: Grüner Goldrausch im Wilden Westen | |
In vielen Bundesstaaten der USA ist Cannabis schon länger legal, so auch in | |
New Mexico. Ein Besuch dort, wo man Gras im Shop nebenan kaufen kann. | |
Republikanische Vorwahlen in den USA: Jedenfalls eher Trump als Biden | |
In Iowa beginnen am Montag die republikanischen Vorwahlen. Trump liegt | |
vorne. Aber bei manchen jungen Konservativen kommt er nicht gut an. | |
Die USA im Wahlkampfmodus: Das Jahr der harten Proben | |
Die Kandidatenkür der Republikaner verspricht wenig Spannung – wären da | |
nicht die vielen Gerichtstermine von Trump. | |
Galoppierende Inflation in den USA: Keine Angst mehr vor dem R-Wort | |
In den USA steigen die Preise noch drastischer als in der EU – die | |
Inflationsrate erreicht den höchsten Wert seit 1981. Wie soll es | |
weitergehen? |