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# taz.de -- Antifaschistiche Bildung in Hamburg: Jeder Schüler soll Gedenkstä…
> Hamburgs Schulsenatorin kündigt verpflichtende Besuche in
> KZ-Gedenkstätten an. Die Bildungspläne sehen das längst vor. Ausnahmen
> sollen möglich sein.
Bild: Das Menschheits-verbrechen nicht vergessen: Bürgerschafts-präsidentin C…
Hamburg taz | Hamburgs Schulsenatorin Ksenja Bekeris (SPD) möchte
erreichen, dass „alle Hamburger Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer
Schulzeit eine [1][Gedenkstätte kennenlernen]“. Das kündigte sie am Montag
bei der 27. Verleihung des Bertini-Preises an. „Das ist so ein wichtiger
Schritt“, sagte die SPD-Politikerin.
Denn eine aktuelle Studie zeigt, dass etwa 40 Prozent der 18- bis
29-Jährigen über die Verbrechen der NS-Zeit nicht gut Bescheid wissen. Das
[2][Hamburger Abendblatt] schrieb daraufhin, für alle Hamburger Schüler
werde der Besuch einer KZ-Gedenkstätte „zur Pflicht“.
Das verwundert ein wenig. Denn erst im April stießen [3][entsprechende
Vorschläge] auf Widerspruch der Gedenkstätten. Der Direktor der
Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, sagte
etwa laut der Welt: „Freiwilligkeit ist eine Grundvoraussetzung
demokratischer und historisch-politischer Bildung.“
Und auch der Leiter der Hamburger [4][KZ-Gedenkstätte Neuengamme], Oliver
von Wrochem, sagte nun der taz, er sei da skeptisch. „Unsere Erfahrung
zeigt, dass Zwang nicht die beste Lösung ist, wenn man schulisches Lernen
auch an außerschulischen Lernorten voranbringen möchte.“
## Lehrkräfte müssen Besuch gut vorbereiten
Schulbehördensprecher Peter Albrecht sagt, dass es hier nicht um eine
Muss-, sondern um eine Soll-Bestimmung gehe. Auch sei der Plan nicht neu.
So steht bereits seit 2023 in Hamburgs Bildungsplänen für die Jahrgänge
fünf bis elf, wichtig sei „das Lernen an außerschulischen Lernorten“. Und:
„Mindestens einmal in ihrer Schulzeit sollten Schülerinnen und Schüler eine
Gedenkstätte besuchen, zum Beispiel die KZ-Gedenkstätte Neuengamme.“
[5][Senatorin Bekeris] habe mit ihrer Rede ein politisches Signal setzen
und allen klar machen wollen, dass sie eine Umsetzung „auf jeden Fall“
möchte, sagt Albrecht. Es gebe nun dazu Gespräche mit der Kulturbehörde und
Gedenkstätten.
Laut von Wrochem gibt es grundsätzliche und praktische Bedenken. „Ein
Zwangsbesuch ist aus didaktischer Sicht nicht hilfreich“, sagt er.
Freiwilligkeit wäre besser, damit jemand von dem Besuch auch etwas
mitnimmt. Wichtig wäre, dass Lehrkräfte auch dahinterstehen und ihre
Klassen gut auf den Besuch vorbereiten. Auch müssten die Führungen
individuell auf Gruppen eingehen.
Deshalb müsse der Gedenkstättenbesuch dauerhaft in die Lehreraus- und
-fortbildung integriert werden. Und da der Besuch von Schulklassen
finanziell gefördert wird, kämen mit mehr Schülern auch „mehr Kosten auf
uns zu“. Auch die Infrastruktur und die personelle Unterstützung müssten
angepasst werden. Insgesamt entstünden Kosten in sechsstelliger Höhe.
2024 kamen nach Neuengamme rund 110.000 Besucher, darunter 51.000
Jugendliche. In allen Gedenkstätten Hamburgs zusammen waren etwa 155.000
Besucher, davon rund 62.000 in einer Gruppe. Zum Vergleich: Hamburg hatte
[6][im letzten Schuljahr] in den Stufen fünf bis elf rund 117.000 Schüler.
„Es gibt heute schon eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die
Gedenkstätten besuchen“, sagt Peter Albrecht. Aber auch dem Senat sei klar,
dass für die Umsetzung der Bildungsempfehlung Ressourcen nötig sind. „Genau
berechnet ist das noch nicht, aber wir gehen von einer sechsstelligen Summe
aus“, sagt auch er.
## Gesetz erlaubt Befreiung auf Antrag
Gefragt, welche Option denn Schüler haben, die so einen
KZ-Gedenkstätten-Besuch als zu belastend empfinden, sagt Albrecht:
„Befreiungen im Einzelfall sind immer möglich.“ Die Rechtsgrundlage wäre
Paragraf 28 des [7][Hamburger Schulgesetzes].
Dort heißt es: „Auf Antrag kann die Schule Schülerinnen und Schüler aus
wichtigem Grund (…) von der Teilnahme an einzelnen Schulveranstaltungen
befreien.“ Diese Norm, so ist Albrecht sicher, ermögliche den Schulen,
„sachgerecht und individuell auf den jeweiligen Fall einzugehen“.
Oliver von Wrochem sagt indes: „Unsere Erfahrung ist, dass der Besuch in
der Gedenkstätte als außerschulischem Lernort, weg vom Schulbuch, sehr
positive Effekte hat.“ Auch vermeintlich schüchterne und wenig
interessierte Schüler würden dort „sehr viel fragen und Interesse zeigen“.
31 Jan 2025
## LINKS
[1] /KZ-Gedenkstaette-Neuengamme/!5960316
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article408155672/senatorin-besuch…
[3] /Pro--Contra/!5476251
[4] https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/
[5] /Neue-Stellen-fuer-Hamburger-Schulen/!6048954
[6] https://www.hamburg.de/resource/blob/1011426/5694577a573bc611e7541e1ad80613…
[7] https://www.hamburg.de/resource/blob/119676/97f8c3dba0e78795497517a661b7edf…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
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