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# taz.de -- Antifa-Punk von WIZO: Piggies sind im Kommen
> Die Funpunkband WIZO aus Sindelfingen macht Antifasound für Jung und Alt.
> Mit dem neuen Album „Nichts wird wieder gut“ ist das Trio auf Tour.
Bild: WIZO, Axel Kurth in der Mitte
„All Cats Are Beautiful“. Insbesondere die mit Sturmhaube. So schmissig
etwa schaut die Katze mit rehgroßen Augen auf dem Cover von „Nichts wird
wieder gut“. Und es kann in weiser Voraussicht verraten werden: Nee, wird
es nicht. Wie auch. Denn ebenfalls auf dem Cover: eine Trümmerlandschaft.
Gegen rechts engagiert sich [1][die antifaschistische Punkbank WIZO] aus
Sindelfingen schon so lange, wie sie Musik macht: seit 1985. Die drei
Musiker sind wenig überrascht von dem, was die [2][Recherchen von Correctiv
und der „Geheimplan gegen Deutschland“ vor wenigen Tagen offenbart haben].
Ans Licht kam, dass hochrangige Politiker, Neonazis und finanzstarke
Unternehmer bei einem Meeting in Potsdam die Deportation von Millionen von
migrantischen und deutschen Menschen geplant hatten.
„Hallo? Was geht mit dieser Scheißgesellschaft hier? /Hallo? Wo der
blaubraune Zeitgeist eskaliert? / Die ganze rechte Scheiße wuchert immer
weiter und so wies aussieht, wird es hier bald richtig heiter!“,
[3][resümieren WIZO ziemlich hellsichtig] – denn verfasst hat Sänger Axel
Kurth den Songtext bereits 2018.
Wie er kurz vor einem Konzert in „Wizobaden“ der taz erzählt: „Der Witz …
mich war, dass wir 2021 gerade in so eine Art ‚Wohlfühlloch‘ geplumpst
sind, als wir plötzlich eine Ampelkoalition-Regierung bekamen und es den
Anschein hatte, als wäre die Gefahr von der AfD eingedämmt. Da schien es
mir für die Menschen nicht nachvollziehbar, so einen Text rauszuhauen, aber
leider konnte ich mich auf die Weissagungen der großen weisen Katze
verlassen: ‚Nichts wird wieder gut!‘“
## Grundnihilistische Attitüde
Also war es dann schon bald keine Frage mehr, den Song auf ihr aktuelles
Album zu packen. Man könnte meinen, dass nach fast 40 Jahren Bestehen der
Band und antifaschistischem Aktionismus ein gewisser Katzenjammer einkehren
würde, Kurth identifiziert die Geisteshaltung von WIZO als
„grundnihilistische Attitüde“.
Es gehe ihnen nur beschränkt darum, etwas zu ändern: „So wichtig nehmen wir
uns ja gar nicht. Wenn unsere Sicht auf die Dinge bei den Zuhörern
Veränderungen bewirken, finden wir das natürlich toll.“ Die Erfahrung
zeige, „dass wir überdurchschnittlich viele coole Menschen im Ehrenamt oder
bei nicen NGOs im Publikum haben – da scheint WIZO tatsächlich mal was
Gutes bewirkt zu haben, aber grundsätzlich liegt uns nichts so fern wie der
erhobene Zeigefinger, boomeriges Mansplaining und Belehrung, hehehe!“
[4][Die 13 Songs des neuen Albums] behandeln in den Texten neben Politik
als Gegenstand auch das Altwerden und die dazugehörigen Tücken. Wenn es
nicht mehr wild, jung und schön ist, das Haar schütter, der Rücken
schmerzend und das Bier sich im Bauch absetzt.
In sehr fidelen Anleihen feiert WIZO mit „Verfall der Schönheit“, genau
diesen, statt dagegen zu maunzen. Gleichermaßen überwiegen bei
[5][„Schlafanzug“] die Vorzüge: „Gepriesen sei das Alter, denn im Alter
wird man klug / Vorbei die Zeit der Illusion / Vorbei der Selbstbetrug.“
Dazu spielt Kurth die Gitarre so salonfähig entspannt, dass man einfach
schunkeln und schaukeln muss.
## Ein Herz für Popsongs
Außerdem ist WIZO halt nicht nur Krach und Krakeel, sie haben eben auch
„schon immer ein riesengroßes Herz für catchy Refrains und Popsongs.“ WIZO
sollte also nicht zu ernst genommen werden. Was bei den zuvor erwähnten
Titeln hinreißend in ihrer Eingängigkeit funktioniert, wird bei „Ich war,
ich bin und ich werde sein“ etwas überstrapaziert. Kitschig wie ein
Wandtattoo klingt der Sound hier nach hymnischem Stadionrock und Pop aus
der Konserve und wirkt mitunter ziemlich quälend.
Während [6][„Zucker und Fett“] zunächst positive
[7][Jens-Rachut-Assoziationen] hervorruft, verwandelt sich der Refrain in
einen seltsamen Schlager. Doch sind ebensolche vermeintlichen Aussetzer so
sympathisch, dass sie sich von klassischen WIZO-Stücken wie „Grauer Brei“
oder „Binärbaum“ hervorheben, die zwischen Pogo und Reggae – ja, beinahe…
trödeln.
Die Mischung aus ernsten – und ernst zu nehmenden! – politischen Songtexten
sowie einem selbstironischen und schalkhaften Umgang mit ihren Selbsten,
lässt WIZO gut altern. Und wie das geht erklärt Kurth: „Klar, wir haben
mehr zu verlieren, weil man irgendwann seinen Shit beinander hat: Kinder,
Plattensammlungen usw., aber eigentlich lautet doch die Anschlussfrage:
‚Wotsefak?‘ Das hat mir auf jeden Fall das Alter gebracht, dass ich weder
urteile noch mir selber irgendeinen Stress gebe. Is ja eh bald Atomkrieg,
weißte?!“
Und wer Kinder und Vinyl auf eine Stufe stellt, wird sowieso mit großer
Wahrscheinlichkeit auch beim nächstem Haustier-Hype recht behalten: „Also
ich denke ja, dass eigentlich Schweine das nächste große Internet-Thing
sein werden, auch wenn es den anderen Viechern nicht gefällt; aber Piggies
sind einfach im Kommen.“ Dem sollte einfach mal geglaubt werden.
23 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.wizo.de/
[2] /Szenische-Lesung-von-Correctiv/!5983328
[3] https://youtu.be/SZ44jJXuqlg?si=zYX5LS5vq85oveZO
[4] https://www.youtube.com/playlist?list=PLpHCOuaBCFf0t3lYJ9ZYIxj6QniueOket
[5] https://youtu.be/OGXc8KWjQB0?si=1rhEBQkXRpR_nswN
[6] https://youtu.be/XpeWDOi3IqE?si=rF51HUY7-R9WVghK
[7] /Soloalbum-von-MPC-Lafote/!5966468
## AUTOREN
Du Pham
## TAGS
Punk
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Rave
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