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# taz.de -- Anschlagspläne des NSU: Spähte Zschäpe eine Synagoge aus?
> Ein Polizist will Beate Zschäpe im Jahr 2000 vor einer jüdischen Gemeinde
> in Berlin gesehen haben. Nun soll er im Münchner NSU-Prozess aussagen.
Bild: Im Inneren der Synagoge in der Berliner Rykestraße: Stand sie im NSU-Fok…
BERLIN taz | Frank G. war sich sicher. Am Mittag des 7. Mai 2000 hatte der
Objektschützer Dienst vor der Synagoge in der Berliner Rykestraße, die
größte Deutschlands, als ihm eine „gutaussehende“ Frau auffiel: im
Restaurant gegenüber, mit Stadtplan und in Begleitung von zwei Männern,
einer Frau sowie zwei kleinen Kindern. „Mehre dutzend Male“ sei er an der
Gruppe vorbeigelaufen. Auch später, als er einen Kollegen ablöste, sei die
auffällige Frau und einer ihrer Begleiter nochmal an ihm vorbeigelaufen.
„Ein Wiedererkennen wäre mir möglich.“
So schilderte es Frank G. tags darauf dem Berliner LKA. Das Protokoll liegt
der taz vor. Und G. sagte auch, wann er begriff, wen er da sah: Beate
Zschäpe. Am gleichen Abend habe er damals zufällig „Kripo Live“ im
Fernsehen gesehen. Dort wurde über die Gesuchten Zschäpe, Uwe Mundlos und
Uwe Böhnhardt berichtet. „Sofort“ habe er die Frau wiedererkannt, sagte G.
„Sicher“ sei er sich nun auch gewesen, dass einer ihrer Begleiter Mundlos
war. G. rief umgehend die Polizei an und wurde am Folgetag vernommen.
Die Information war brisant. Seit knapp zweieinhalb Jahren war das
rechtsextreme Trio damals untergetaucht, wurde von der Polizei gesucht.
Allein: Der Hinweis versandete. Nun hat ihn Yavuz Narin, Anwalt der Familie
des 2005 vom NSU in München erschossenen Theodoros Boulgarides, wieder
aufgetan. Mit einem schweren Verdacht: Spähte Zschäpe damals die Synagoge
für einen möglichen Anschlag aus?
Um diesem Verdacht nachzugehen, beantragte Narin am Donnerstag im Münchner
NSU-Prozess den damaligen Objektschützer Frank G. vorzuladen. Seine
Beobachtung könnte nachweisen, dass Zschäpe „aktiv an der Bestimmung und
Auskundschaftung von potentiellen Angriffszielen beteiligt war“, sagte
Narin der taz. „Ihre Einlassung, sie sei nur das naive Heimchen am Herd
gewesen, erscheint damit absurd.“
## Antisemitismus des NSU ist belegt
Der Hinweis wäre die erste direkte Spur des NSU nach Berlin. Eine Tat der
Rechtsterroristen gab es hier nach bisherigen Erkenntnissen nicht, auch
antisemitische Attacken werden dem Trio nicht vorgeworfen. Der
Antisemitismus des NSU aber ist belegt. Aus dem Untergrund heraus vertrieb
das Trio ein „Pogromly“-Spiel: eine rechtsextreme Monopoly-Variante, dessen
Ziel es war, Städte „judenfrei“ zu machen. Zschäpe selbst war an der
Herstellung einer Puppe beteiligt, die Mundlos und Böhnhardt 1996 mit einem
Davidstern und einer Schlinge um den Hals an eine Brücke hängten.
Ermittler fanden in dem letzten Zwickauer Unterschlupf des NSU-Trios zudem
eine Datenbank mit rund 10.000 Adressen, darunter jüdische Gemeinden, auch
die in Berlin. Fragen aber bleiben: Ging es wirklich um eine Ausspähung?
Und wer waren die anderen Begleiter?
Laut einer Handyüberwachung war am damaligen Tag der sächsische
Neonazi-Kader Jan W. in Berlin – ihm wird heute vorgeworfen, dem NSU eine
Waffe organisiert zu haben. Er soll damals eine Berliner Freundin mit zwei
Kindern gehabt haben. Waren sie die Restaurantpartner von Zschäpe?
Die Berliner Polizei will den Hinweis nun noch einmal prüfen. Von der
Bundesanwaltschaft, welche die NSU-Ermittlungen leitet, hieß es, man werde
sich dazu demnächst im Münchner Prozess äußern.
6 Oct 2016
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Polizei Berlin
Polizei
Antisemitismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Beate Zschäpe
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Mordfall Peggy K.
Schwerpunkt Rechter Terror
Kindesmissbrauch
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
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