# taz.de -- Kommentar Zschäpe im NSU-Prozess: Zeit, die Hoffnung zu begraben | |
> Nun ist klar: Beate Zschäpe wird zur Aufklärung des NSU-Terrors nichts | |
> beitragen. Für sie geht es nur noch um ein reduziertes Strafmaß. | |
Bild: Verweigert weiterhin Informationen: Beate Zschäpe | |
Es ist ein letzter Befreiungsversuch – und ein aussichtsloser. Am 313. Tag | |
des NSU-Prozesses [1][äußert sich Beate Zschäpe] doch noch mit eigener | |
Stimme zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen. Zu den zehn Morden, zwei | |
Anschlägen und 15 Raubüberfällen des NSU. Ihr reichen dafür wenige kurze | |
Sätze. Sie verurteile diese Taten und distanziere sich von ihrer früheren | |
Neonazi-Gesinnung. Dann schweigt sie wieder. | |
Warum aber sagt sie es erst jetzt? Nach [2][dreieinhalb Jahren Verhandlung] | |
und fünf Jahre nach ihrer Verhaftung? Ohne Probleme hätte Zschäpe diese | |
Sätze von Anfang an aussprechen können – wenn sie denn je ernstgemeint | |
gewesen wären. | |
Ihr Überraschungsauftritt zeigt daher nur, wie sehr die Angeklagte in die | |
Defensive geraten ist. Es geht ihr nur noch um Schadensbegrenzung, um die | |
Abwendung einer wahrscheinlichen Höchststrafe. Erneut hält sie ihre | |
Erzählung völliger Unbeteiligtheit dagegen: Alles war das Werk ihrer | |
Untergrundkumpanen Mundlos und Böhnhardt. Sie selbst habe sich längst vom | |
rechten Gedankengut befreit. | |
Zschäpe wird damit nicht durchkommen. Warum verschickte sie noch 2011 die | |
Bekenner-DVD des NSU – ein Werk, das an rassistischer Menschenverachtung | |
nicht zu überbieten ist? Und warum weigert sie sich bis heute, Fragen der | |
Opferangehörigen zu den Verbrechen zu beantworten? Weil ihre Erzählung so | |
fragil ist? Mit ihrem vorgeblichen Bedauern der Taten jedenfalls passt all | |
das nicht zusammen. | |
Es ist Zschäpes Recht, sich so zu verteidigen, dass sie im günstigsten | |
Licht erscheint. Daneben aber steht eine Bilanz, die man fast fünf Jahre | |
nach Bekanntwerden der schwersten rechtsterroristischen Verbrechen jüngerer | |
Zeit ziehen muss. Und die bleibt kläglich: Noch immer ist unklar, ob es | |
weitere Helfer der Terroristen gab, woher sie ihre Waffen hatten, wonach | |
sie ihre Opfer aussuchten. | |
Für die Familien der Getöteten, die diese Fragen seit Jahren plagen, muss | |
der Donnerstag wieder ein schrecklicher Tag gewesen sein. Wieder bekamen | |
sie keine Antworten, wieder kreiste alles nur um Zschäpe. Es ist an der | |
Zeit, die Hoffnung auf weitere Aufklärung durch den NSU-Prozess zu | |
begraben. Vielleicht können Untersuchungsausschüsse sie noch befördern oder | |
unnachgiebige Ermittler. Sicher ist aber: Von Beate Zschäpe wird keine | |
Erhellung mehr kommen. | |
30 Sep 2016 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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