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# taz.de -- Amazon sperrt Film „Der Prinz“: Liegt es am schwulen Sex?
> In Venedig wurde das Gefängnisdrama gefeiert, doch der
> Amazon-Streamingdienst verbannt es nun. Liegt es an der Gewalt im Film
> oder am Sex?
Bild: Filmszene aus „Der Prinz“
Ist Amazons Verbannung des Kinodramas „Der Prinz“ aus dem Streamingprogramm
eine Überraschung? Oder war sie absehbar? Sowohl als auch: Bei den
Filmfestspielen von Venedig bekam die Produktion aus Argentinien und Chile
2019 gute Kritiken und gewann den Queer Lion, das venezianische Pendant zum
queeren Teddy Award auf der Berlinale. Also ein Film von Rang und Würden.
Sollte man meinen.
Und doch hat der Fakt, dass Amazon den Film nun, Mitte Januar, auch in
Deutschland nicht zum Streaming freigibt, eine Vorgeschichte, die schon
2020 im Vereinigten Königreich begann: Bei Amazon Prime UK wurde der Film
schon kurz vor Weihnachten fürs Video-on-Demand gesperrt, was dann auch die
angelsächsische Presse beschäftigt hat, vom seriösen Independent bis zur
schmierigen Sun. Der britische Verleih des Films zeigte sich gegenüber dem
Hollywoodbranchenblatt Deadline überrascht – schließlich stehe so manche
Amazon-Eigenproduktionen dem Film „Der Prinz“ an Gewalt in nichts nach.
Auch Hollywood-Ikonen wie Martin Scorsese haben schon deutlich Brutaleres
gedreht. Von Tarantino gar nicht zu reden. Lag es also doch am schwulen
Sex?
„Der Prinz“ ist scharfer Tobak. Jaime, ein narzisstisch schöner Mann von 20
Jahren, landet im Chile der frühen 1970er in Santiago im Gefängnis, nach
einem Mord an s[1][einem heimlichen Liebhaber, der ihn und ihre schwule
Liebe] (so zumindest Jaimes Sicht der Dinge) verraten hat. In der
Haftanstalt findet Jaime Anschluss (und später auch Liebe) in der
Zellenclique, die von einem grauhaarigen Mann angeführt wird, den sie El
Potro, den Hengst, nennen.
## Erinnert an Romane von Jean Genet
Der Alltag ist von Grausamkeiten der Gefängnispolizei, aber auch der
Insassen untereinander geprägt – andererseits aber auch durch
poetisch-zärtliche Szenen, die eine große Geborgenheit bebildern, die weit
über quasimafiöse Loyalität hinausgeht. Und wir sehen [2][expliziten
schwulen Sex]. In seiner Verquickung von Gefängnisgewalt mit Homosexualität
erinnert „Der Prinz“ an Romane des französischen Schriftstellers Jean
Genet, der selbst im Knast saß – und von dem faszinierten Jean-Paul Sartre
gefeiert wurde.
In Deutschland erhielt „Der Prinz“ eine FSK-18-Freigabe wie auch schon in
England, zu Recht, denn der Film ist ob seiner brutalen Szenen nichts für
Heranwachsende. Bemerkenswert ist nun aber, dass Amazon in beiden Ländern
diese Freigabe für Erwachsene quasi ignoriert und unter Verweis auf seine
eigenen inhaltlichen Richtlinien den Film selbst für Erwachsene sperrt –
allerdings „nur“ innerhalb seines VoD-Angebots; die DVD kann man bei Amazon
weiterhin ordern.
Auch ist der Film über andere legale Plattformen wie iTunes weiterhin zu
sehen – und auch direkt über den deutschen Verleih des Films, Salzgeber,
dessen Newsletter vom Donnerstag den Vorgang kommentiert: „Zum Glück ist
Amazon Prime (noch) nicht alles und der Anblick eines männlichen
Geschlechtsteils nicht für alle ein Weltuntergang.“ Die Anfrage der taz bei
Amazon blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.
22 Jan 2021
## LINKS
[1] /Das-Queerfilmfestival/!5706475
[2] /Homosexualitaet-in-der-Literatur/!5689212
## AUTOREN
Stefan Hochgesand
## TAGS
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes
Queer
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Schwerpunkt LGBTQIA
Kino
Martin Scorsese
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