# taz.de -- AfD-nahe Erasmus-Stiftung: AfD-Stiftung von Rechten durchsetzt | |
> Die Bundesregierung schätzt das Umfeld der Erasmus-Stiftung teilweise als | |
> rechtsextrem ein. Brisant: Die Stiftung hat Anspruch auf staatliche | |
> Gelder. | |
Bild: Hofft mit dem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag auf Millionen: Vorsit… | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung sieht zahlreiche Organisationen im Umfeld | |
der AfD-nahen Erasmus-Stiftung als rechtsextrem an. Das geht aus der | |
Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor, | |
die der taz vorliegt. In der Anfrage mit dem Titel „Verbindungen, | |
Aktivitäten und Akteurinnen und Akteure der Desiderius-Erasmus-Stiftung“ | |
hatten die Abgeordneten Konstantin von Notz und Kai Gehring das | |
Innenministerium nach Einschätzungen zu Netzwerken und Publikationen im | |
Dunstkreis der sogenannten Neuen Rechten gefragt, die teilweise | |
Überschneidungen zum Personal der Erasmus-Stiftung aufweisen oder in denen | |
dieses publiziert. | |
Unter den abgefragten Organisationen sind unter anderem das | |
„Ein-Prozent“-Netzwerk, Götz Kubitscheks [1][„Institut für Staatspoliti… | |
aber auch die offiziell aufgelöste völkische AfD-Parteiströmung „Der | |
Flügel“. Abgefragt wurden auch extrem rechte Publikationen wie das „Compact | |
Magazin“ und „Sezession“, welche die Bundesregierung beide der Neuen | |
Rechten zuordnet. Unter dem Sammelbegriff versteht sie laut Antwort | |
Einzelpersonen und Gruppierungen, die ein „antiegalitäres Weltbild“ eint, | |
das an „antidemokratische Strömungen der Weimarer Republik“ anknüpft, der | |
sogenannten „Konservativen Revolution“. | |
In und für einen Teil dieser Organisationen waren und sind ehemalige und | |
aktuelle Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder der Erasmus-Stiftung tätig. | |
So wurde etwa das Kuratoriumsmitglied der Erasmus-Stiftung, Karl Albrecht | |
Schachtschneider, vom Historiker und Experten für die Neue Rechte Volker | |
Weiß zum inneren Kreis der Kampagne „Ein Prozent“ gezählt. Laut Antwort d… | |
Bundesregierung betreibt der vom Verfassungsschutz beobachtete Verein „Ein | |
Prozent“ die „pauschale Herabwürdigung von MigrantInnen“ – etwa in dem… | |
sie für Kriminalität und Krankheiten verantwortlich mache. | |
Wie die Bundesregierung Mitglieder solcher Organisationen einschätze? | |
Antwort: „Funktionäre, Mitglieder und nachdrückliche Unterstützer | |
rechtsextremistischer Kern-, Teil- und Nebenorganisationen werden dem | |
Rechtsextremismus zugeordnet.“ Ähnliche Deutungen finden sich zu weiteren | |
Organisationen, zu denen Mitglieder der Stiftung Bezüge aufweisen. | |
In der Wochenzeitschrift Junge Freiheit, welche Expert*innen als | |
[2][Sprachrohr einer radikal-nationalistischen Opposition] und der Neuen | |
Rechten einschätzen, ist Erasmus-Kuratoriumsmitglied Karlheinz Weißmann | |
Kolumnist und regelmäßiger Autor. Laut Bundesregierung hat die Junge | |
Freiheit „einzelnen rechtsextremistischen Autoren ein Forum gegeben“ und in | |
Beiträgen „fanden sich mitunter rechtsextremistische Argumentationsmuster | |
oder positive Kommentare zu rechtsextremistischen Organisationen, Personen | |
oder Publikationen.“ | |
## Keine staatlich alimentierte rechte Kaderbildung | |
Auch wenn die Befunde nicht wirklich überraschen, stellen sich die Fragen | |
nach neurechten Netzwerken und deren Verbindungen zur Erasmus-Stiftung | |
derzeit umso drängender: Die AfD-Stiftung könnte künftig mehrere Millionen | |
Euro Steuergelder erhalten. Diese Förderung steht ihr als anerkannter | |
parteinaher Stiftung mit dem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag zu. | |
Bislang werden die Fördermittel im Haushaltsausschuss des Bundestages | |
beschlossen, ohne klare gesetzliche Regelung. | |
Die Grünen sehen sich durch die Antworten der Bundesregierung darin | |
bestätigt, die AfD-nahe Erasmus-Stiftung von der Finanzierung für | |
parteinahe Stiftungen auszuschließen. Der Abgeordnete Konstantin von Notz | |
sagte der taz: „Der aktuelle Verfassungsschutzbericht warnt vor einer | |
‚Kulturrevolution von rechts‘, welche die ‚Neue Rechte‘ herbeizuführen | |
versucht.“ Alle Demokrat*innen seien in der Verantwortung, darauf | |
hinzuwirken, dass der Demokratieförderung dienende öffentliche Mittel nicht | |
zur Zersetzung demokratischer Diskurse und Institutionen eingesetzt werden, | |
so von Notz: „Die Antworten der Bundesregierung haben die Problematik der | |
bisherigen Praxis der Mittelvergabe noch einmal aufgezeigt.“ | |
Die Grünen wollen sich weiter für ein Stiftungsgesetz einsetzen, so von | |
Notz: „Wir brauchen klare und nachvollziehbare gesetzliche Regelungen zur | |
Finanzierung der politischen Stiftungen, die hohen rechtsstaatlichen | |
Standards genügen.“ | |
Ähnliches fordert eine [3][breite zivilgesellschaftliche Initiative], | |
initiiert von der Bildungsstätte Anne Frank. Der Deutsche Gewerkschaftsbund | |
über Fridays for Future bis zum Zentralrat der Juden fordern schon seit | |
Monaten ein Stiftungsgesetz. Sie befürchten staatlich alimentierte rechte | |
Kaderbildung und mehr Geld für Hetze gegen Geflüchtete, für Antisemitismus, | |
Sexismus, Homophobie und Geschichtsrevisionismus. Ein Stiftungsgesetz | |
müsse die Mittelvergabe an [4][demokratische Kriterien knüpfen]. Wie und ob | |
das geht, ist allerdings strittig und [5][Gegenstand einer Debatte]. | |
## Erasmus-Stiftung will harmlos wirken | |
Die Erasmus-Stiftung selbst räumt unterdessen in den eigenen Reihen auf, um | |
nach außen harmlos zu wirken. So bestätigte Steinbach der taz am | |
Donnerstag, dass Jan Moldenhauer, regelmäßiger Referent und Autor des | |
Instituts für Staatspolitik, frisch aus dem Vorstand ausgeschieden ist. | |
Vergangenen Samstag wurde ein neuer Vorstand gewählt – ohne Moldenhauer, | |
wie es von Steinbach heißt: „Aufgrund massiver Zerwürfnisse ist Moldenhauer | |
von niemandem mehr vorgeschlagen worden.“ | |
Moldenhauer hatte in der Vergangenheit – analog zum Flügelkampf innerhalb | |
der AfD – auch in der Stiftung deutlich kritisiert, dass diese sich an den | |
[6][Einstufungen des Verfassungsschutzes ausrichte]: Bereits im vergangenen | |
Jahr hat die Stiftung mit Erik Lehnert den Geschäftsführer des Instituts | |
für Staatspolitik aus dem Vorstand geworfen, nachdem der Verfassungsschutz | |
Kubitscheks Institut als rechtsextremen Verdachtsfall einstufte – | |
mittlerweile gilt der als Thinktank der Neuen Rechten um den | |
Rechtsextremisten Björn Höcke (AfD) geltende Verein als gesichert | |
rechtsextreme Bestrebung. Mit einer inhaltlichen Abgrenzung ging das | |
wohlgemerkt nicht einher. | |
Auch wenn Steinbach nun versucht, zu offensichtliche Verbindungen in die | |
extreme Rechte zu kappen, fällt das der Stiftung im eigenen Milieu schwer: | |
Bestes Beispiel dafür ist etwa die Nachfolge Lehnerts. Auf ihn folgte der | |
AfD-Landtagsabgeordnete Thore Stein, der sich seinerseits mit [7][Bezügen | |
ins nationalistische bis extrem rechte Milieu von schlagenden | |
Burschenschaften] hervortut. | |
## Verschwörungsideologe, Faschist, Mann von Schönhuber | |
Die Liste problematischer Funktionsträger*innen in der Stiftung ließe | |
sich beliebig verlängern: Der stellvertretende Vorsitzende Klaus Peter | |
Krause leugnet die menschengemachte Klimakrise und raunt im Zusammenhang | |
mit der Coronapandemie von Mächten, welche die Weltherrschaft an sich | |
reißen wollen. Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete und Polizist | |
Sebastian Wippel, Beisitzer im Vorstand, darf [8][laut Landgericht Görlitz | |
als Faschist] bezeichnet werden und wünschte [9][Angela Merkel den Tod | |
durch Terror]. | |
Der Junge-Freiheit-Kolumnist Karlheinz Weißmann gilt als Vordenker der | |
Neuen Rechten und hat sogar das Institut für Staatspolitik mitgegründet. | |
Vorstandsmitglied Hans Hausberger wollte schon in den 1990ern den | |
rechtsradikalen Republikanern [10][bei der Stiftungsgründung helfen] und | |
stellte sich damals als „Mann von Schönhuber“ dar. Rechtsextremist Franz | |
Schönhuber war Gründer der Republikaner und ehemaliges Waffen-SS-Mitglied. | |
Wer aktuell sonst noch so im Kuratorium der Erasmus-Stiftung sitzt, will | |
Steinbach auf Anfrage der taz nicht verraten – weil diese sonst mit | |
Bedrohungen rechnen müssten, wie sie behaupten. Auch ansonsten gibt sich | |
die angeblich gemeinnützige Stiftung bedeckt: Veranstaltungen findet man | |
derzeit keine auf der Website. | |
8 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kubitscheks-Institut-fuer-Staatspolitik/!5801552 | |
[2] https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/230020/die-junge-f… | |
[3] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973 | |
[4] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5797924 | |
[5] /Geldsegen-fuer-AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5801836 | |
[6] /Streit-in-AfD-naher-Erasmus-Stiftung/!5696793 | |
[7] https://idas.noblogs.org/?p=3320 | |
[8] https://www.saechsische.de/schultze-darf-wippel-faschist-nennen-5171247.html | |
[9] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/afd-eklat-in-dresden-abgeo… | |
[10] /Angst-der-AfD-vor-dem-Verfassungsschutz/!5542441 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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