| # taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Regierung verteidigt Gespräche mit… | |
| > Innenminister Dobrindt will mehr Abschiebungen durchsetzen. Dafür sollen | |
| > seine Mitarbeiter in Kabul mit Vertretern des afghanischen Regimes | |
| > verhandeln. | |
| Bild: Ansprechpartner für Dobrindts „Abschiebeoffensive“: militant-islamis… | |
| Berlin taz | Die Bundesregierung ist am Montag sehr bemüht zu betonen: Die | |
| Ankündigung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), mit | |
| Afghanistan auch in Kabul über Abschiebungen direkt zu verhandeln, sei kein | |
| Schritt in Richtung Anerkennung der militant-islamistischen | |
| Taliban-Regierung. | |
| Es handele sich um „technische Kontakte“, betonte Vize-Regierungssprecher | |
| Steffen Meyer. Diese seien „in keinster Weise“ damit gleichzusetzen, „die | |
| De-facto-Regierung in Afghanistan als politisch rechtmäßige Regierung | |
| anzuerkennen. Das tun wir nicht“, sagte Meyer. „Technisch“ heißt hier, d… | |
| die Gespräche unterhalb der politischen Ebene geführt werden, also von | |
| Mitarbeitern aus den Ministerien. | |
| Dobrindt hatte am Sonntag angekündigt, dass Vertreter seines Ministeriums | |
| künftig auch direkt mit Vertretern des Taliban-Regimes über | |
| [1][Abschiebungen nach Afghanistan] verhandeln würden und dass diese | |
| Gespräche auch in der afghanischen Hauptstadt Kabul stattfinden sollen. | |
| „Wir wollen reguläre und regelmäßige Rückführungen nach Afghanistan | |
| ermöglichen“, sagte der Innenminister. „Dazu gibt es Gespräche auf | |
| technischer Ebene mit afghanischen Vertretern.“ Man wolle nicht nur mit | |
| Charterflügen abschieben, sondern auch über Linienflüge Abschiebungen | |
| ermöglichen. | |
| Die Bundesregierung unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu den | |
| Taliban, die seit August 2021 in Afghanistan wieder an der Macht sind. | |
| Zuletzt wurden mithilfe von Katar zwei Sammelabschiebungen organisiert, die | |
| erste noch zu Regierungszeit der Ampel, der zweite unter Schwarz-Rot. Im | |
| August 2024 wurden 28 verurteilte Straftäter nach Kabul abgeschoben, [2][im | |
| Juli 2025 waren es 81]. Etwa 11.000 ausreisepflichtige Afghaninnen und | |
| Afghanen gibt es nach Angaben des Innenministeriums in Deutschland. Laut | |
| Koalitionsvertrag soll, „beginnend mit Straftätern und Gefährdern“, nach | |
| Afghanistan abgeschoben werden. | |
| Die Unterstützung Katars sei keine dauerhafte Lösung, sagte Dobrindt. „Wir | |
| wollen selber Abschiebungen ermöglichen, deswegen gibt es technische | |
| Kontakte mit Kollegen aus dem Innenministerium.“ | |
| Etwas anders sieht das Verfahren offenbar Außenminister Johann Wadephul | |
| (CDU). „Wir führen Gespräche in Doha, also in Katar. Und anderswo zum | |
| jetzigen Zeitpunkt nicht, das halte ich auch nicht für erforderlich“, sagte | |
| Wadephul im ZDF. Ein Sprecher seines Ministeriums räumte am Montag aber | |
| ein, dass Mitarbeiter des deutschen Verbindungsbüros in Doha bereits | |
| einzelne Dienstreisen nach Kabul unternommen hätten. | |
| ## Scharfe Kritik von Opposition und Pro Asyl | |
| Kritischer äußerte sich der außenpolitische Sprecher der SPD, Adis | |
| Ahmetović. Dobrindt agiere „auf Messers Schneide“, sagte er auf Anfrage der | |
| taz. Zwar gelte der Koalitionsvertrag, die Taliban in Afghanistan aber | |
| seien eine international eingestufte Terrororganisation. „Direkte | |
| Gespräche mit einer Terrororganisation sind keine Kleinigkeit. Auch wenn es | |
| sich bislang um technische Gespräche handelt, gab und gibt es gute Gründe, | |
| diese über Dritte durchzuführen“, so Ahmetović. Auf keinen Fall dürfe es … | |
| einer außenpolitischen Legitimation der Taliban kommen. | |
| Schärfer war die Kritik von Teilen der Opposition und Pro Asyl. | |
| „Bundesinnenminister Dobrindt untergräbt mit seiner Abschiebungsobsession | |
| die internationale Ächtung der Taliban, die aufgrund ihrer | |
| Menschenrechtsverbrechen und der Entrechtung von Frauen geboten ist“, so | |
| Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl. Die | |
| Bundesregierung werte Schritt für Schritt die Taliban auf, kritisierte auch | |
| Carla Bünger, innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. „Dazu | |
| gehört die Akkreditierung von durch das Taliban-Regime entsandten | |
| Konsularbeamten ebenso wie die angekündigten Verhandlungen mit | |
| Taliban-Vertretern in Kabul.“ | |
| Luise Amtsberg von den Grünen teilte der taz auf Anfrage mit: „Dass der | |
| Bundesinnenminister nun mit dem afghanischen Terrorregime verhandeln will, | |
| um Abschiebungen möglich zu machen, ist innenpolitisch kurzsichtig und | |
| außenpolitisch gefährlich. Diese Art von Diplomatie mit den Taliban | |
| legitimiert Terror und Unterdrückung und verrät jene, die sich mit uns für | |
| ein demokratisches Afghanistan eingesetzt haben.“ | |
| 15 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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