# taz.de -- 2,4 Milliarden Euro Dividenden: VW wegen Ausschüttung in der Kritik | |
> Die Hauptversammlung will milliardenschwere Dividenden genehmigen. Der | |
> Vergleich mit Managern aus Zeiten des Dieselbetrugs könnte dagegen | |
> platzen. | |
Bild: Ein VW ID.3 in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden | |
BERLIN taz | Mit Kurzarbeitergeld über die Coronakrise kommen, sich mit | |
staatlichen Prämien den Verkauf von E-Autos subventionieren lassen – und | |
dann Milliarden Euro in Form von Dividenden an die Anteilseigner:innen | |
ausschütten. Diese Firmenpolitik des Autobauers Volkswagen lehnen der Bund | |
für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Dachverband der Kritischen | |
Aktionär:innen strikt ab. Die Organisationen fordern, dass der | |
Autobauer Gewinne nicht ausschüttet, sondern in den anstehenden | |
gigantischen Umbau hin zur Elektromobilität steckt. „Eine Dividende, | |
gesponsert von Steuerzahler*innen – gesellschaftlich verantwortliches | |
Handeln sieht anders aus“, heißt es in einem Antrag der Kritischen | |
Aktionär:innen für die digitale VW-Hauptversammlung an diesem | |
Donnerstag. | |
Vorstand und Aufsichtsrat von VW schlagen der Hauptversammlung für das | |
[1][Geschäftsjahr 2020 eine Dividende in Höhe von 4,80] Euro je Stammaktie | |
und 4,86 Euro je Vorzugsaktie vor, das ist die gleiche Höhe wie im Vorjahr | |
– eine Gesamtsumme von 2,4 Milliarden Euro. Es ist davon auszugehen, dass | |
dieser Antrag angenommen und über den der Kritischen Aktionär:innen gar | |
nicht abgestimmt wird. | |
VW gehört zu den weltweit führenden E-Autoherstellern. In Deutschland wird | |
der Kauf eines Elektroautos mit bis zu [2][6.000 Euro vom Staat gefördert]. | |
Die in der Coronakrise – und aufgrund des aktuellen Chipmangels in der | |
Autoindustrie – vielfach angeordnete Kurzarbeit wird mittlerweile nicht | |
mehr nur über die Arbeitslosenversicherung, sondern auch über Steuergelder | |
finanziert. | |
Aus diesen Gründen sei die Dividendenausschüttung falsch, sagt Jens | |
Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND und Mitglied im Vorstand des | |
Dachverbands Kritischer Aktionär:innen. „Volkswagen muss dieses Geld in den | |
Konzernumbau und die Qualifizierung der Belegschaft investieren“, fordert | |
er. | |
## Umbau geht nicht weit genug | |
VW weist die Forderung mit dem Hinweis zurück, keinerlei staatliche | |
Unterstützung erhalten zu haben. Das Kurzarbeitergeld sei eine Leistung der | |
Arbeitslosenversicherung, in die VW und die Beschäftigten Milliarden | |
eingezahlt hätten, so ein Sprecher. „Ein großer Teil der Dividende geht an | |
institutionelle Anleger. Darunter sind Pensionsfonds, die der | |
Altersversorgung von Privatpersonen dienen.“ VW will bis 2025 rund 35 | |
Milliarden Euro für die Elektromobilität ausgeben | |
In der vergangenen Woche hatte Konzernchef Herbert Diess neue Pläne für den | |
zügigen Umbau des Konzerns vorgestellt, der künftig viel Geld mit | |
computergestützten Dienstleistungen und dem autonomen Fahren verdienen | |
möchte. Bis 2030 will der Autobauer den CO2-Abdruck seiner Fahrzeuge über | |
den gesamten Lebenszyklus um ein Drittel senken. Dann soll die Hälfte der | |
Flotte aus E-Autos bestehen. | |
„Der Umbau muss weiter gehen, als VW angekündigt hat“, fordert Hilgenberg. | |
Der Konzern dürfe nicht auf immer größere Wagen und SUVs setzen. „Ein | |
großes E-Auto mit 1.000 Kilometer Reichweite ist eine enormer Energie- und | |
Rohstofffresser.“ VW müsse sich auf kleine Autos und Fahrzeuge für den | |
öffentlichen Nahverkehr konzentrieren und mehr Anlagen für erneuerbare | |
Energien aufbauen, damit der Autobau nachhaltig erfolge. | |
## Weitere Aktionäre verstimmt | |
Auch die Fondsgesellschaft Union Investment ist unzufrieden mit der | |
VW-Führung und wird den Aufsichtsrat nicht entlasten. „Leider hat | |
Volkswagen seine Lektion aus dem Dieselskandal nur halb gelernt“, so | |
Union-Investment-Vertreter Janne Werning in einem vorab verbreiteten | |
Statement zur Hauptversammlung. Bei grüner Mobilität nehme VW eine globale | |
Vorreiterstellung ein. Aber die Unternehmensführung sei nach wie vor „die | |
Achillesferse des Konzerns“. | |
Der Betrugsskandal um manipulierte Abgasvorrichtungen von Diesel-Fahrzeugen | |
wird die Hauptversammlung am Donnerstag nochmals beschäftigen. Die | |
Aktionär:innen sollen einem Vergleich zustimmen, den VW mit Ex-Managern | |
wie Martin Winterkorn und ihren Berufshaftpflichtversicherern schließen | |
will. Wird dieser Vergleich rechtsgültig, kann VW an die Manager keine | |
Forderungen mehr stellen. Der Skandal hat VW bislang rund 32 Milliarden | |
Euro für Entschädigungen, Rechtsaufwendungen und Strafen gekostet. Der | |
Vergleich sieht eine Zahlung von 288 Millionen Euro vor. Davon kämen 270 | |
Millionen Euro von den Versicherern, 18 Millionen von den Managern. Für | |
Winterkorn würde das bedeuten, dass er sich mit einer Zahlung von [3][11,2 | |
Millionen Euro aller Forderungen] entledigen könnte – sein letztes | |
Jahreseinkommen bei VW betrug 16 Millionen Euro, seine Altersvorsorge hat | |
einen Wert von nahezu 29 Millionen Euro. | |
Die Vereinbarung platzt, wenn 10 Prozent der Vorzugsaktien-Eigner:innen | |
dagegenstimmen. Nach Informationen des Handelsblatts gibt es einflussreiche | |
Aktionär:innen, die das planen. | |
21 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://geschaeftsbericht2020.volkswagenag.com/konzernlagebericht/aktie-und… | |
[2] /Kaufanreize-fuer-Elektroautos/!5729709 | |
[3] https://www.volkswagenag.com/presence/investorrelation/publications/shareho… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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