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# taz.de -- VW-Dieselgate vor Gericht: Winterkorn ist nicht dabei
> Sechs Jahre nach dem Auffliegen des Abgasskandals geht es vor Gericht um
> die Verantwortung von VW-Managern. Der Ex-Konzernchef fehlt allerdings.
Bild: Zum Abgas-Untersuchungsausschuss 2017 kam er: Ex-VW-Chef Martin Winterkorn
Braunschweig dpa | Wer wusste wann was? Seit sechs Jahren ist diese Frage
im Zentrum der [1][juristischen Aufarbeitung von „Dieselgate“]. Am
(heutigen) Donnerstag beginnt der mit Spannung erwartete Strafprozess zur
Manipulationsaffäre bei Volkswagen. Wegen der Corona-Lage musste das
Betrugsverfahren mehrmals verschoben werden, nun geht es in der
Braunschweiger Stadthalle los. Das Landgericht will die mutmaßliche
[2][persönliche Verantwortung von VW-Führungskräften] für einen der größt…
deutschen Wirtschaftsskandale überhaupt aufklären.
Der Skandal flog im September 2015 auf, als die US-Umweltbehörde EPA über
Manipulationen bei Abgastests von Dieselautos informierte. Kurz zuvor hatte
VW falsche Testergebnisse eingeräumt. Wenige Tage später trat Konzernchef
Martin Winterkorn zurück – eine Krise ungeahnten Ausmaßes für fast die
gesamte Autobranche nahm ihren Lauf.
Seit mehreren Jahren schon sind zahlreiche Gerichte mit der Aufarbeitung
zivilrechtlicher Aspekte wie der Entschädigung von Verbrauchern oder
Investoren beschäftigt. Allein für die juristischen Kosten sind bei VW mehr
als 32 Milliarden Euro angefallen oder zurückgestellt worden. Mittlerweile
ist ein Schadenersatz-Deal mit Winterkorn, weiteren früheren Topmanagern
und Haftpflichtversicherern über eine Gesamtsumme von 280 Millionen Euro
ausgehandelt.
In der Braunschweiger Stadthalle geht es ab Donnerstag um die
strafrechtliche Verantwortung von VW-Führungskräften. Vier Ex-Manager
stehen wegen des Vorwurfs gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs mit
manipulierter Software in Millionen Autos und weiterer Straftaten vor
Gericht. Der mutmaßliche Tatzeitraum reicht zurück bis ins Jahr 2006.
Die Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft dafür verantwortlich gewesen
sein, dass Behörden und Kunden mit der unzulässigen Software getäuscht
wurden. Demnach wussten die vier, dass in Dieselmotoren illegale
Abschalteinrichtungen – „defeat devices“ – zur gezielten Senkung von
Stickoxid-Emissionen nur bei Tests eingesetzt wurden.
## Neun Millionen Autos betroffen
Nach Überzeugung der Strafverfolger haben die Angeklagten dieses Vorgehen
für mehr als neun Millionen Autos der Marken VW, Audi, Seat und Skoda auch
gewollt. Die Führungsriege soll das Programm mitentwickelt beziehungsweise
die Weiterentwicklung nicht verhindert haben.
Von Beginn an richteten sich viele Fragen auch auf das Handeln oder
Unterlassen des heute 74-jährigen [3][Ex-Vorsitzenden Winterkorn]. Er trat
zwar zurück und nahm damit eine Art allgemeine Verantwortung für das
Geschehene wahr – beteuerte aber gleichzeitig, sich „keines Fehlverhaltens
bewusst“ zu sein. Trotzdem ist der einst bestbezahlte Manager aller
Dax-Konzerne jetzt der prominenteste Angeklagte. Bisher war der in München
vor Gericht stehende frühere Audi-Chef und VW-Mitvorstand Rupert Stadler
der höchste Konzernvertreter.
Winterkorn wird zum Prozessauftakt nicht in Braunschweig erscheinen, weil
sein Verfahren aus gesundheitlichen Gründen vor dem Auftakt abgetrennt und
„auf einen späteren Zeitpunkt“ vertagt wurde. Gegen diese Abtrennung hat
die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt.
## 133 Verhandlungstage bis ins Jahr 2023 geplant
Von der Anklage im April 2019 bis zum Prozessstart sind bereits mehr als
zwei Jahre vergangen. Die zuständigen Richter verlangten zunächst ein
Nacharbeiten der Staatsanwaltschaft und verschärften einige der
Anschuldigungen sogar. Später wurde der Auftakt wegen der Corona-Lage
zweimal verschoben. Mit einem schnellen Verfahren in Braunschweig rechnet
niemand. Derzeit sind insgesamt 133 Verhandlungstage bis ins Jahr 2023
hinein geplant.
Welche Folgen die Beschwerde der Ankläger gegen die Abtrennung des
Winterkorn-Verfahrensteils haben könnte, ist bisher unklar. Bis zum 28.
September könnten sich die Beteiligten noch dazu äußern, sagte eine
Sprecherin des Oberlandesgerichts (OLG). Erst danach werde der zuständige
Senat beraten und entscheiden. So beginnt die Verhandlung, an deren Ende
mögliche Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren drohen könnten, zunächst
ohne eine der Hauptfiguren der VW-Dieselaffäre.
16 Sep 2021
## LINKS
[1] /Vorwurf-der-Falschaussage/!5778151
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